René Jankowski Mit Behinderung zum 1.000. Mal auf dem Brocken: "Es geht immer weiter!"

19. Juni 2022, 20:06 Uhr

René Jankowski aus Halberstadt liebt den Brocken. So sehr, dass er ihn oft erwandert. Das Besondere: Der 50-Jährige hatte einen Hirntumor, musste neu laufen lernen und ist teilweise gelähmt. Die Brockenwanderungen haben ihm körperlich und seelisch Kraft gegeben. Am Samstag hat er seinen 1.000. Aufstieg gefeiert. Eine Geschichte über einen persönlichen Triumph über eine Krankheit.

Mann mit grauen haaren und roten Fleece-Pullover macht ein Selfie vor einem Fachwerkhaus mit MDR-Logo
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René Jankowski aus Halberstadt liebt den Brocken. So sehr, dass er ihn oft erwandert. Das Besondere: Der 50-Jährige hatte einen Hirntumor, musste neu laufen lernen und ist teilweise gelähmt. Die Brockenwanderungen haben ihm körperlich und seelisch Kraft gegeben. Jetzt hat er seinen 1.000. Aufstieg gefeiert.

Zur Person: René Jankowski

René Jankowski ist 50 Jahre alt – am Sonntag, 19. Juni, feiert er seinen 50. Geburtstag. Jankowski ist aus Halberstadt. Vor 20 Jahren, im Frühjahr 2002, erhielt er die Diagnose Hirntumor. Die Operation verlief erfolgreich, blieb jedoch nicht folgenlos. Mit dem rechten Auge kann er nicht mehr sehen, linksseitig ist er teilweise gelähmt, was sich als Zittern bemerkbar macht.

Es ist kurz vor 10 Uhr am Samstagmorgen, als immer mehr Autos den Parkplatz von Oderbrück anfahren. Der kleine Ort auf der niedersächsischen Seite des Harzes ist ein idealer Ausgangspunkt für eine Tour zum Brocken, dem höchsten Berg im Harz. Jedenfalls, wenn die Tour nicht zu schwer werden soll. 

Zum 1.000 Mal auf den Brocken

René Jankowski begrüßt jeden der Neuankömmlinge mit einem lockeren Hallo. Doch man sieht es ihm an: Er ist ein bisschen aufgeregt. Denn heute ist ein besonderer Tag für ihn. Die pralle Sonne über Oderbrück lässt schon erahnen, was sie an diesem Tag vorhat – es wird sehr warm werden. Aber egal: Es soll zum Brocken hinaufgehen.

Vor Wochen schon hat René Jankowski Freunde und Bekannte zur Wanderung eingeladen. Er will mit ihnen zusammen seinen 1.000. Brockenaufstieg begehen. Allerdings war er gut in Form und etwas schneller als geplant. So steht an diesem Samstag Aufstieg Nummer 1.016 an. Feiern will der Halberstädter trotzdem. Denn die tausendste Brockenwanderung ist sein ganz persönlicher Triumph über seine Krankheit.

Diagnose Hirntumor mit 29 Jahren

Vor 20 Jahren, im Frühjahr 2002, da war René Jankowski gerade 29 Jahre alt, erhielt er die Diagnose Hirntumor. Sein Leben habe am seidenen Faden gehangen, sagt René Jankowski heute. Vor allem die Lage des Tumors sei problematisch gewesen.

Die Gehirn-Operation war erfolgreich, blieb aber leider nicht folgenlos. Mit dem rechten Auge kann Jankowski seitdem nicht mehr sehen. Linksseitig ist er teilweise gelähmt, was sich auch als Zittern äußert. Nach der Operation lernte er mühsam wieder gehen. Und dann begann er, regelmäßig auf den Brockengipfel zu wandern.

Er habe ursprünglich eigentlich nur so fit sein wollen, dass er ab und an mal auf den Berg laufen könne, sagt Jankowski. Nach der Operation habe er unbedingt wieder auf die Beine kommen wollen.

Entweder gehe ich an der Krankheit zugrunde oder ich komme wieder auf die Beine. Dazwischen gab es nichts für mich.

Brockenwanderer René Jankowski

Bis zu viermal pro Woche auf den Brocken

Dann habe er entschieden, regelmäßig zum Brocken zu wandern. Drei- bis viermal pro Woche macht er das heute. Dabei liebt er die langen Strecken. Keine Tour sei derzeit unter 30 Kilometer, sagt er.

Dadurch ist seine Partnerin Manuela öfter allein. Doch ihm seien die Wanderungen wichtig, sagt sie. René erkläre immer, die Tour zum Brocken sei für ihn wie zur Arbeit zu gehen, erklärt sie mit einem Lachen.

Mit Freunden und Bekannten tausendsten Aufstieg gefeiert

Die regemäßigen Wanderungen zum Brockengipfel haben René Jankowski aufgerichtet und fit werden lassen. Und das soll nun gefeiert werden. Etwa 40 Freunde und Bekannte begeben sich darum trotz der Hitze mit auf den Weg zum Gipfel.

Auch Renés bester Wanderfreund Christian Fischer ist dabei. Der ist des Lobes voll. Er habe großen Respekt vor seinem Freund, sagt er. René sei ein Stehaufmännchen. Der ziehe immer durch.

Jankowskis Nachbarn sind ebenfalls mitgewandert. "Wenn ich höre, wie er nebenan die Hanteln schwingt, weiß ich, dass er nicht auf dem Brocken war", sagt Stephan Freund lachend. Ernst fügt er dann hinzu, dass man von René in punkto Lebenseinstellung viel lernen könne.  

"Es geht immer weiter!"

Nach zwei Stunden Schwitzen ist der Gipfel erreicht. Die Freunde holen ein vorbereitetes Schild mit der Aufschrift "RENE 1.000" hervor. Es wird gejubelt. Alle treffen sich zum Gruppenfoto vor dem Gipfelstein. René Jankowski steht jubelnd obendrauf. Dann wird im Brockenhaus der Stempel für den Brockenpass geholt – der Nachweis, dass man wirklich oben war.

René Jankowski strahlt in diesem Moment übers ganze Gesicht. Er bringt kaum Worte heraus. Er sei überwältigt, sagt er. Und: "Wahnsinn." Stolz sei er, dass er das geschafft habe.

Derweil hat er schon ein nächstes Ziel: Den 1.142. Aufstieg – die alte Gipfelhöhe des Brockens in Metern. Nach einer Neuvermessung ist vor Jahren zwar festgestellt worden, dass es nur 1.141 Meter sind, doch die fehlenden Zentimeter wurden mit dem aufgestellten Felsblock auf dem Gipfel wieder ausgeglichen. Bis dahin werde wohl eine Weile dauern, vielleicht bis April 2023, schätzt René Jankowski. Aber: "Es geht immer weiter!"

MDR (Carsten Reuß, Maria Hendrischke)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 19. Juni 2022 | 19:00 Uhr

1 Kommentar

Anni22 am 19.06.2022

Super Leistung! Glückwunsch!

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