
Arbeitszeit Vier-Tage-Woche: Zwei Unternehmer aus Sachsen-Anhalt berichten von ihren Erfahrungen
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18. Oktober 2024, 14:57 Uhr
Immer mehr Unternehmen testen die Vier-Tage-Woche, so auch die Elektrofirma Elgos aus Oschersleben und das Hoch- und Dachbauunternehmen Gorgas-Leinetaler aus Sangerhausen. Hier erzählen die beiden Geschäftsführer von ihren Erfahrungen mit dem Modell.
- Bei der Firma Elgos Elektroanlagenbau in Oschersleben arbeiten die meisten Beschäftigten seit Anfang des Jahres nur noch vier Tage in der Woche.
- Die Erfahrungen mit dem neuen Arbeitszeitmodell sind dort sehr positiv.
- Auch bei der Unternehmensgruppe Gorgas und Leinetaler in Sangerhausen ist man von den Vorteilen der Vier-Tage-Woche überzeugt.
Mehr Zeit mit der Familie und für Hobbys, weniger gesundheitliche Belastung durch die Arbeit: Aus Gründen wie diesen würden sich laut einer Befragung des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts rund 80 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland eine Vier-Tage-Woche wünschen. Immer mehr Unternehmen erkennen diesen Trend und experimentieren mit verkürzten Arbeitszeiten, auch in Sachsen-Anhalt.
Wer etwa bei der Firma Elgos Elektroanlagenbau in Oschersleben anrufen möchte, erfährt auf deren Website gleich neben der Telefonnummer, dass ein Versuch am Freitag sinnlos ist: "Wir haben die Vier-Tage-Arbeitswoche!" steht dort geschrieben. Tatsächlich arbeiten fast alle der 60 Beschäftigten bei Elgos seit Anfang 2024 nur noch von Montag bis Donnerstag, jeweils neun Stunden am Tag. Der Freitag ist dafür frei. Das Gehalt ist dabei genauso hoch wie zuvor bei einer 40-Stunden-Woche.
Work-Life-Balance immer wichtiger
"Wir wollten die Zufriedenheit bei unseren Mitarbeitern erhöhen und neue Mitarbeiter durch das Modell aquirieren", sagt Hans-Joachim Schrader, Geschäftsführer bei Elgos: "Work-Life-Balance ist eine wichtige Sache heute, gerade für die Generation Z ist Freizeit sehr viel wert." Während die meisten seiner Kunden offen für das neue Arbeitszeitmodell gewesen wären, seien manche Mitarbeiter anfangs skeptisch gewesen, berichtet der Geschäftsführer. Doch das habe sich längst gewandelt: "Inzwischen will keiner mehr freitags arbeiten."
Auch Schrader haben die Vorteile der Vier-Tage-Woche für sein Unternehmen überzeugt: So sei die Effektivität seit Einführung der verkürzten Woche gestiegen und die Zahl der Krankentage im Unternehmen gleichzeitig um rund zehn Prozent gesunken. Und weil freitags die Büros geschlossen und die Firmenautos in der Garage bleiben, spare man neben Heiz- und Betriebskosten auch CO2 ein. "Es rechnet sich wirklich für uns", sagt Schrader.
Auf dem Arbeitsmarkt hat sich die Vier-Tage-Woche für Elgos ebenfalls bezahlt gemacht. "Wir hatten in diesem Jahr sehr gute Bewerber, konnten uns unsere Auszubildenden aussuchen und fünf weitere Mitarbeiter neu einstellen", sagt Schrader. Ein Mitarbeiter sei sogar ausdrücklich wegen der Vier-Tage-Woche in das Unternehmen gewechselt. "Alles in allem sind wir mit dem Modell sehr zufrieden", so Schrader.
Freitag fürs Privatleben
Bereits seit Anfang 2023 haben auch die meisten der rund 70 Beschäftigen der Unternehmensgruppe Gorgas und Leinetaler in Sangerhausen am Freitag frei. Bei der Hoch- und Dachbaufirma ähnelt das Arbeitszeitmodell dem, das bei Elgos in Oschersleben angewendet wird: Von Montag bis Donnerstag wird jeden Tag neun Stunden gearbeitet, dafür gehört der Freitag bei vollem Gehaltsausgleich dem Privatleben – zumindest für die Mitarbeitenden auf den Baustellen. Die Verwaltung und Planung ist bei Gorgas und Leinetaler weiterhin an fünf Tagen in der Woche besetzt.
"Die Idee", erzählt Geschäftsführer Dustin Lichtenecker, "kam uns durch eine Reportage im Fernsehen, bei der die Vier-Tage-Woche vorgestellt wurde." Zunächst startete das Unternehmen mit einer einjährigen Testphase, inzwischen ist die Vier-Tage-Woche fest etabliert. "Man muss auch im Handwerk zeigen, dass man modern ist und an die Mitarbeiter denkt", sagt Lichtenecker.
Man muss auch im Handwerk zeigen, dass man modern ist und an die Mitarbeiter denkt.
Seine Mitarbeiter seien mit dem Modell sehr zufrieden, berichtet er: "Es möchte keiner mehr zurück, die Vorteile sind groß." Gerade für die älteren Beschäftigten sei es gut, dass sie nun längere Erholungszeiten von der körperlich anstrengenden Arbeit hätten.
Modell der Zukunft?
Und auch das Unternehmen profitiert von der verkürzten Arbeitszeit seiner Mitarbeitenden, gerade auf dem Arbeitsmarkt: "Man merkt, dass viele Bewerber zu uns kommen, weil sie davon gehört haben, dass wir hier die Vier-Tage-Woche haben. Mitarbeiter, die uns vorher gar nicht kannten, sind dadurch zu uns gestoßen" berichtet der Geschäftsführer.
Wenn es nach Lichtenecker geht, könnte die Vier-Tage-Woche künftig Schule machen – zumindest in einigen Branchen. "Ein Krankenhaus mit Vier-Tage-Woche wird wahrscheinlich nicht funktionieren. Aber ich denke, dass das eigentlich für jede Handwerksfirma möglich ist. Viele beobachten das Modell oder fragen bei uns nach, wie es läuft", sagt er. "Ich würde begrüßen, wenn sich auch andere dafür entscheiden."
Bei Elgos in Oschersleben ist diese Entscheidung bereits gefallen: Die Vier-Tage-Woche, die dort ursprünglich nur ein Jahr lang getestet werden sollte, wird in der Elektrofirma dauerhaft beibehalten.
MDR (Lucas Riemer)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. Oktober 2024 | 12:00 Uhr
Tom0815 vor 16 Wochen
@Shantuma
Der Punkt ist, dass Sie sich weiterentwickelt und verändert haben. Und zwar mit dem Ziel (so gehe ich zumindest mal von aus) Ihre berufliche Situation zu verbessern. Also anderer/besserer Job bei besserer Bezahlung.
Und diese Möglichkeit steht den meisten offen. Wenn man offen und engagiert ist, dann ist schon die Hälfte gewonnen.
Wenn man aber "aufgegeben" und sich nur noch in seinem Leid suhlt, dann sieht es bestimmt schlechter aus. Wer will schon jemanden, der in erster Linie schlechte Stimmung ins Team bringt und alles schlecht redet.
Micha R vor 16 Wochen
@ Shantuma
"Tja, das ist der Mindestlohn. ...
Die gleiche Summe bekommt man dann auch für doof rumstehen in der Bahn, oder in einem Supermarkt, als Wachschutz...."
Was für Tätigkeiten soll denn "für doof rumstehen in der Bahn" sein?
Außerdem, in den allermeisten Bundesländern sind seit Jahren die Löhne im Wachgewerbe allgemeinverbindlich und die sind aktuell ab 13,90€/h aufwärts), wie ein Blick auf die Tarif-Seiten des BDSW verrät!
Shantuma vor 16 Wochen
@DanielSBK:
Tja, das ist der Mindestlohn. Da braucht man auch keine Ausbildung mehr machen.
Die gleiche Summe bekommt man dann auch für doof rumstehen in der Bahn, oder in einem Supermarkt, als Wachschutz.
Ich war ja auch CNC-Fachkraft. Mit Maschine selber einrichten, programmieren und einfahren. Hatte einen 1er Abschluss, es hat auch Spaß gemacht, aber man muss auch an die Zukunft denken.
Also habe ich mich weitergebildet, doch dann setzte man 5 Jahre Berufserfahrung voraus für Stellen die nach der Weiterbildung interessant waren.
Also bin ich raus aus der Bearbeitung und nun bin ich in der Planung im Telekommunikationsbereich und habe für Sachsen-Anhalt ein medianes Einkommen, was bedeutet man ist bei 80% vom bundesweiten medianen Einkommen.