Studienkolleg Feierlaune in Zittau: Sprungbrett ins deutsche Hochschulstudium gemeistert
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08. Juli 2023, 11:26 Uhr
Indonesien, Nepal, Marokko, Jordanien, Polen, Kolumbien - die Welt hat sich im östlichsten Zipfel Sachsens getroffen. Im Rathaussaal in Zittau wurden am Freitag feierlich die Zeugnisse für 46 Absolventinnen und Absolventen des Studienkollegs an der Hochschule Zittau-Görlitz übergeben.
- Junge Menschen aus dem Ausland haben den Zugang zum Hochschulstudium in Deutschland geschafft.
- Das Wichtigste ist das Erlernen der deutschen Sprache.
- Einige Studierende arbeiten nebenher und finanzieren sich ihren Aufenthalt selbst.
Im schönsten Saal von Zittau ist die Stimmung feierlich aufgeregt. Jeder hat sich in Schale geworfen. Eine Kamera sendet einen Livestream ins World-wide-web, damit auch Eltern und Geschwister den Jahrgangsabschluss des Studienkolleg der Hochschule Zittau/Görlitz erleben können. 46 junge Menschen erhalten in diesem Jahr ihr Zeugnis, das sie befähigt, an einer deutschen Hochschule zu studieren.
Junge Leute aus aller Welt
Die Absolventinnen und Absolventen kommen aus aller Herren Länder: Nepal, Marokko, Jordanien, Polen, Kolumbien, Ecuador, Ukraine, Russland, Polen ... Die meisten dieses Jahrgangs stammen aus Indonesien. "Wow, wir haben so viele Nationalitäten", sagt Huy Nguyen. Der 20-Jährige aus Vietnam habe sich über die Gelegenheit gefreut, beim Studienkolleg neue Freunde kennenzulernen, erzählt er.
Wow, wir haben so viele Nationalitäten.
Ans Studienkolleg nach Zittau ist der Vietnamese durch Zufall gekommen, Aufnahmeprüfungen hatte er an mehreren Orten gemacht. "Ich freue mich, ich habe am Ende alles geschafft", sagt Huy Nguyen, der seinen besten Anzug trägt.
Deutsch zu lernen, sei für ihn nicht leicht gewesen. Auf seinem Zeugnis steht die Note 2. Aber das spiele weniger eine Rolle, erklärt der junge Absolvent in schnellem und flüssigem Deutsch. "Es ist nicht die Note 2, sondern etwas Größeres: der Zugang zur Kommunikation mit anderen. Es ist ein Zugang zu der Gesellschaft." Im kommenden Semester will Huy Nguyen an einer Uni Wirtschaftspsychologie studieren.
Wirtschaftsinformatik will Brenda Betancourt studieren. "Es war ein langer Weg bis zum Studienkolleg. Jetzt habe ich es geschafft und kann weiterstudieren. Das ist schön." Die Familie von Brenda lebt weit weg in Übersee, in Mexiko. Ja, sie ist hier ganz allein, bestätigt 22-Jährige. Aber Kinder müssen sich auch mal von ihren Eltern abnabeln, wie sie findet: "Ich glaube, es ist cool, wenn wir die Sachen alleine machen und neue Sachen erleben."
Vorbereitung aufs Hochschulstudium
Drei Kurse hat die Leiterin des Studienkollegs, Ellen Leuschner, verabschiedet. "An einem Studienkolleg werden Ausländer auf ein Studium an einer deutschen Hochschule vorbereitet", erklärt sie. Denn das Heimatzeugnis allein reiche nicht aus. Zunächst müssten die Deutschkenntnisse auf Abiturniveau gebracht werden, teils auch das Wissen in anderen Fächern wie Mathe, Englisch, Informatik oder BWL angeglichen werden.
In diesem Jahrgang gibt es sogar eine Absolventin mit einem Notendurchschnitt von 1,1. "Das ist wirklich sehr selten. Die Studentin, die den Abschluss gemacht hatte, hatte in allen Fächern die Note 1 und in Deutsch die Note 2", freut sich Ellen Leuschner. Die offensichtlich eher strenge Kollegleiterin unterrichtet das Fach Deutsch. Wer da eine 2 bekomme, das sei praktisch wie die Note 1, verrät die 59-Jährige.
Lernen für die Uni, Arbeiten für den Aufenthalt
Die 19-jährige Jekaterina Artemjeva aus Kasachstan ist die Jahrgangsbeste mit dem super Durchschnitt. "Es war viel Stress natürlich, viel Zeit und ich war sehr fleißig", sagt sie rückblickend. Dazu kommt, dass sie in der Semesterpause Vollzeit gearbeitet hat. Gemeinsam mit dem Kasachen Adilet Sabitov ist sie da jeden Tag nach Dresden gefahren und hat bei McDonalds hinter der Bestelltheke gestanden. Sie brauche das Geld, um den Aufenthaltstitel zu bekommen und es ist eine gute Erfahrung, sagt die Kasachin.
Wir möchten während der Ferien arbeiten, um ein bisschen zu verdienen und ein neues Sperrkonto zu machen.
Auch in diesem Sommer werden die beiden sich keine Pause gönnen oder zu ihren Familien fahren. "Wir möchten während der Ferien arbeiten, um ein bisschen zu verdienen und ein neues Sperrkonto zu machen", sagt Adilet Sabitov. 11.000 Euro müssen Ausländer auf einem Sperrkonto nachweisen, um in Deutschland studieren zu können. "Der Staat möchte sicher sein, dass wir Geld haben", erklärt der 20-Jährige. Und ja, das sei viel.
Nun heißt es für die Absolventen und Absolventinnen des Zittauer Studienkollegs Abschied nehmen. Nur einige bleiben weiter an der Hochschule Zittau/Görlitz, bei anderen laufen die Bewerbungen für ein Studium in anderen deutschen Städten.
Huy Nguyen ist sich sicher, dass sich sein Kurs in Zukunft zu einem Absolvententreffen wieder zusammenfinden wird. "In Vietnam sagen wir, wir verabschieden uns, so dass wir neue Geschichten haben. Und in fünf oder zehn Jahren werden wir uns treffen und uns die Geschichten erzählen."
MDR (ama)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 07. Juli 2023 | 15:30 Uhr