Sondersitzung des Kreistags in Mittelsachsen
Die Sondersitzung des Kreistags Mittelsachsen in Freiberg führte erneut zu keinem Ergebnis. Bildrechte: MDR/Stephan Hönigschmid

Streit um Mehrausgaben Sonderkreistag in Freiberg: 3,5 Millionen Euro für Asylbewerber erneut abgelehnt

25. Oktober 2023, 20:48 Uhr

Der Landkreis Mittelsachsen hat sich am Mittwoch in einer Sondersitzung des Kreistages erneut mit geplanten Mehrausgaben für Asylbewerber befasst. Es geht um rund 3,5 Millionen Euro, deren Übernahme in einer ersten Abstimmung im September von den Kreisräten abgelehnt wurde. Die Sitzung am Mittwoch endete mit einem ähnlichen Ergebnis.

Im Streit um Asylkosten in Mittelsachsen gibt es auch nach einer Sondersitzung des Kreistags weiter keine Einigung. Die Kreisräte stimmten am Mittwoch erneut gegen die Freigabe von knapp 3,5 Millionen Euro, um die Mehrkosten durch Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu finanzieren. Die Summe sollte durch zusätzliche Mittelzuweisungen sowie durch liquide Mittel des Landkreises gedeckt werden, heißt es vom Landkreis. Erst im September hatten die Kreisräte gegen die Mehrausgaben gestimmt. Sie hatten damit ihr Missfallen gegen die Asylpolitik der Bundesregierung zum Ausdruck bringen wollen.

Bereits vor Beginn der Kreistagssitzung im Beruflichen Schulzentrum für Technik und Wirtschaft "Julius Weisbach" hatten reichlich 20 Demonstranten an der Zufahrt zum Grundstück gegen die aktuelle Migrationspolitik demonstriert. Auf Plakaten standen Sprüche wie zum Beispiel "Ich will kein Lampedusa in Deutschland" oder "Das Maß ist voll. Es reicht." Ein Teilnehmer hielt eine Fahne der rechtsextremen Kleinpartei "Freie Sachsen" in den Händen.

Syrische Flüchtlingsfamilie im Grenzdurchgangslager Friedland in Niedersachsen
Der Landkreis Mittelsachsen benötigt 3,5 Millionen Euro mehr für Asylbewerberleistungen. Diese Mehrkosten sollen nun bei einer Sondersitzung des Kreisrates freigegeben werden. (Symbolbild) Bildrechte: imago/epd

Pflichtaufgabe nicht erfüllt?

In der Debatte am Mittwoch bekräftigte Landrat Dirk Neubauer (parteilos) erneut, dass die Zahlung von Asylbewerberleistungen eine Pflichtaufgabe für den Landkreis sei. Über die allgemeine Asylpolitik entscheide der Bundestag, hier gehe es aber um einen Haushaltsbeschluss. Die Finanzierung für den Landkreis sei gesichert.

Das untermauerte auch Kämmerer Christoph Trumpp mit den entsprechenden Zahlen. Demnach bekommt der Landkreis Mittelsachsen 10,2 Millionen Euro aus dem kommunalen Rettungspaket der Landesregierung. "Wir haben allerdings noch nicht den Bescheid für die Mehraufwendungen im Sozialbereich. Den erwarten wir Ende des Jahres." Eine andere Frage sei, dass Rettungspakete natürlich keine kontinuierliche Finanzierung darstellten, so Trumpp.

Dirk Neubauer legte nach der Abstimmung ein weiteres Mal Widerspruch gegen den Kreistagsbeschluss ein. Nun muss sich die Landesdirektion mit dem Thema befassen. Zuvor hatte die Fraktion der Linken mit einem Änderungsantrag versucht, eine Einigung zu erzielen. Sie schlug dem Landrat vor, sich an die Landesregierung zu wenden, um eventuellen finanziellen Mehrbedarf zu decken. Torsten Bachmann (Linke) sagte, es sei ein Affront, die Mehrausgaben abzulehnen. "Es geht um ein Grundrecht, Asylbewerber gesichert unterzubringen. Das ist eine Pflichtaufgabe des Landkreises und das Geld ist vorhanden", sagte Bachmann MDR SACHSEN.

Demonstranten auf der Straße
An der Zufahrt zum Sitzungsgebäude gab es Proteste gegen die Asylpolitik und die erneute Abstimmung des Kreistags. Bildrechte: MDR/Stephan Hönigschmid

Zeichen setzen von CDU und AfD

Andreas Graf, Mitglied der Fraktion CDU/RBV, betonte, man habe mit der Abstimmung ein Zeichen setzen wollen. "Wenn der Bund die Asylkosten bestellt, dann muss er sie auch bezahlen", so Graf im Gespräch mit MDR SACHSEN nach der Abstimmung. Die Beschlussvorlage sehe keine ausreichende Deckung vor. Für die anderen Aufgaben des Landkreises, beispielsweise für die Finanzierung von Schulen und Kitas oder den Straßenbau, fehle dann das Geld.

Auch die AfD kritisierte die Asylpolitik. AfD-Fraktionsmitglied Jörg Brettschneider sagte MDR SACHSEN, die Asylpolitik sei so "verzerrt", dass solche Abstimmungen das einzige Mittel seien, das man noch habe. Man sei nicht grundsätzlich gegen Asylbewerber, aber in diesem Rahmen und mit dieser Finanzierung könne man das nicht leisten.

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Kommunen in Mittelsachsen sind überfordert

"Seit der Abstimmung (im September, Anm.d.R.) hat sich nichts geändert an der Meinung, an der Meinungsfindung. Die Rahmenbedingungen sind ja genau gleich, im Gegenteil es ist ja sogar noch brisanter geworden", sagte Kreisrat Sven Liebhauser von der CDU-Fraktion, der auch Oberbürgermeister der Stadt Döbeln ist, im Vorfeld der Sitzung. "Die Städte und Gemeinden, die Kommunen, sind überfordert, was eine ordentliche Integration betrifft, die ist nicht mehr gewährleistet. Es kann sozusagen keine Aufnahme mehr erfolgen, da stoßen die Städte und Gemeinden an ihre Grenzen."

Die Aufnahme der Asylbewerber sei momentan im Landkreis Mittelsachsen auf wenige Schultern verteilt, so Liebhauser. Die größte Last würden Döbeln, Freiberg und Hainichen tragen. "Und ein wenig noch Waldheim, dann kommen noch einige kleine Gemeinden dazu und das ist natürlich auch eine Frage einer fairen Verteilung", sagte der CDU-Kreisrat. "Diese Abstimmung ist ein Hilfeschrei der Kommunen, der dringend notwendig ist, damit auf Bundesebene die Asyl- und Migrationspolitik angepasst und nachjustiert wird."

MDR (ali/ds/cgü/sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 25. Oktober 2023 | 12:30 Uhr

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