Bund-Länder-Gipfel Kommunen beklagen fehlende Beschlüsse zu Flüchtlingspolitik

16. Juni 2023, 10:08 Uhr

Beim Bund-Länder-Gipfel sind keine neuen Entlastungen für die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung beschlossen worden. Die Kommunen fordern Planungssicherheit und ein flexibles System der Kostenübernahme.

Nach der Bund-Länder-Konferenz haben die Kommunen fehlende Beschlüsse zur Entlastung bei der Flüchtlingsunterbringung beklagt. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der "Rheinischen Post", die Gemeinden bräuchten Planungssicherheit.

Dass der europäische Asylkompromiss unterstützt werde, sei richtig, bringe den Kommunen aber keine Entlastung. Dagegen sei zu befürchten, dass die Ampel selbst die geplanten Maßnahmen aufweiche und im Übrigen auch das Europäische Parlament möglicherweise das Vorhaben verändere oder ganz zu Fall bringe, sagte Landsberg weiter.

Keine Verteilung ohne Bleibeperspektive

Ein Signal hätte seiner Ansicht darin bestehen können, dass Deutschland schon einmal das umsetze, was auf europäischer Ebene beschlossen worden sei. "Es wäre eine große Entlastung, wenn Flüchtlinge ohne erkennbare Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen verteilt würden, sondern in Erstaufnahmeeinrichtungen von Bund und Ländern bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag verbleiben müssten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes.

Gerd Landsberg
Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg. Bildrechte: IMAGO / photothek

Es wäre eine große Entlastung, wenn Flüchtlinge ohne erkennbare Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen verteilt würden, sondern in Erstaufnahmeeinrichtungen von Bund und Ländern bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag verbleiben müssten.

Gerd Landsberg Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes

Im Mai hatte der Bund nach langem Streit den Ländern für die Versorgung von Flüchtlingen zusätzlich eine Milliarde Euro für dieses Jahr versprochen. Die Regierungschefs und -chefinnen der Länder dringen aber weiterhin auf ein neues System der Kostenteilung, das sich an der Zahl der Flüchtlinge orientiert. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt.

Die Länder fordern mehr Geld vom Bund und zudem ein "atmendes System", das die Kostenübernahme durch den Bund automatisch an die Zahl der Neuankömmlinge anpasst. Die Bundesregierung argumentiert, die Unterstützung für Länder und Kommunen sei bereits deutlich aufgestockt worden. Beschlüsse sollen erst im November fallen.

Kritik an "Grenzverfahren"

Die Innenministerinnen und Innenminister der EU hatten sich vor einer Woche auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verständigt, über das seit Jahren verhandelt wird. Geplant sind künftig ein verbindlicher Mechanismus, der zu einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge führen soll, und sogenannte Grenzverfahren, die dafür sorgen sollen, dass alle Flüchtlinge registriert werden und Nicht-Schutzberechtigte aus den Grenzstaaten nicht in andere Länder weiterziehen.

Sozialverbände und Flüchtlingsverbände kritisieren die Pläne, sie fürchten dabei eine Aushebelung menschenrechtlicher Standards.

MDR AKTUELL (epd/yvo)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 15. Juni 2023 | 20:00 Uhr

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