Kultur

Ein Abrisshaus im Leipziger Seeburgviertel 1994 mit ausgeschlachteten Autowracks im Vordergrund. 4 min
Ein Abrisshaus im Leipziger Seeburgviertel 1994 mit ausgeschlachteten Autowracks im Vordergrund. Bildrechte: Christoph Sandig

"Zwischen Aufbruch und Abwicklung" Stadtgeschichtliches Museum Leipzig zeigt Schau zu den 90er-Jahren

25. September 2024, 15:34 Uhr

Die 1990er waren nicht nur in Leipzig, sondern deutschlandweit eine Zeit der Veränderungen. Eine neue Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum nimmt das Jahrzehnt nun in den Blick. Zu sehen sind Exponate wie die Theke eines mittlerweile geschlossenen Techno-Clubs oder Boxhandschuhe von Henry Maske. Mit der Schau will das Museum auch zu einem Dialog über die 1990er einladen.

Einen Begegnungsraum für neue Perspektiven auf die 1990er-Jahre in Leipzig zu schaffen. Das ist das Ziel der neuen Sonderausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum von Leipzig, die bis September 2025 zu erleben ist. Der Titel: "Zwischen Aufbruch und Abwicklung". Rund 400 Exponate sind in der multimedialen Schau ausgestellt. Dabei geht es um historische Zeugnisse, Film- und Hörbeiträge, Fotografien, Schriften und Plakate. Aber auch die Theke des 2023 geschlossenen Clubs "Distillery" ist ausgestellt. Er war seit den 1990ern bis zur Schließung einer der prägenden Techno-Klubs der Stadt.

Die Theke des legendären Techno-Clubs "Distillery" im Stadtgeschichtlichen Museum von Leipzig
Die Theke des legendären Techno-Clubs "Distillery" im Stadtgeschichtlichen Museum von Leipzig Bildrechte: MDR/Ole Steffen

Baugerüst als Symbol für Abwicklung und Aufbruch in den 1990er Jahren

Das Zentrum der Ausstellung bildet ein großes Baugerüst. Kurator Aiko Wulff sagte MDR KULTUR, das Baugerüst diene als Symbol für die Wende- und Umbruchsjahre. Wurde es in den 1980ern noch genutzt, um marode Fassaden vor dem Einsturz zu bewahren, wird es in den 1990ern zur Arbeitsfläche für Bauarbeiter, um eben jene Fassaden zu sanieren, so Wulff. Das Baugerüst unterteilt den weitläufigen Ausstellungsraum in unterschiedliche Bereiche.

Im Stadtgeschichtlichen Museum von Leipzig dient ein Baugerüst als Ausstellungsfläche
Im Stadtgeschichtlichen Museum von Leipzig dient ein Baugerüst als Ausstellungsfläche Bildrechte: MDR/Ole Steffen

So gibt es zum Beispiel eine Ecke, die sich der Sportstadt Leipzig widmet. Unter anderem ausgestellt ist dort die Boxausstattung von Henry Maskes WM-Boxkampf gegen John Scully aus dem Jahr 1996. In anderen Bereichen geht es um Umweltengagement, die queere Szene, Popkultur und um politische Umbrüche oder Konsum.

Museum will zum Dialog über die 1990er-Jahre in Leipzig einladen

Das Stadtgeschichtliche Museum von Leipzig will mit den vielen Exponaten Erinnerungen an ein Jahrzehnt wachrufen, dessen Nachwirkungen noch heute zu spüren sind. Dabei gehe es nicht nur um Nostalgie, sondern auch um die ernsthafte Auseinandersetzung mit einer Umbruchsphase, die noch heute bei nicht wenigen für Wut sorgt, wie Kuratorin Johanna Sänger erläutert. "Es gibt ja im Moment eine große gesellschaftliche Debatte. Oschmann, Kowalczuk, Mau. Alle schreiben Bücher", so die Kuratorin. Die Ausstellung wolle die Fragestellungen hinter diesen Büchern in den Blick nehmen und so die Reflexion über die 1990er-Jahre weitererzählen. "Tatsächlich sind uns diese Abwicklungen auch hier sehr wichtig", sagt Johanna Sänger.

Johanna Sänger ist eine der Kuratorinnen der Ausstellung "Zwischen Aufbruch und Abwicklung – die 90er in Leipzig"
Johanna Sänger ist eine der Kuratorinnen der Ausstellung "Zwischen Aufbruch und Abwicklung – die 90er in Leipzig" Bildrechte: MDR/Ole Steffen

Begegnungsraum für alle Interessierten schaffen

Ergänzt wird die Sonderausstellung durch Dialog- und Gesprächsformate, u.a. dem sogenannten 90er-Talk, der alle paar Wochen stattfinden soll. Dabei wird es inhaltlich um migrantische Perspektiven, Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, die freie Kulturszene, die Baseballschlägerjahre und den stadtpolitischen Umbruch gehen. Auf dem Podium mit dabei sind dann auch prominente Namen, wie Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel, Bürgerrechtlerin Gesine OItmanns oder die Kabarettistin Katrin Hart. Aber auch das reguläre Ausstellungspublikum ist eingeladen, sich einzubringen.

Deswegen haben wir einen Teil der Ausstellung explizit Freiraum genannt. Der ist offen für Begegnung und Meinung.

Johanna Sänger, Kuratorin

Die Wechselvitrine der Leipziger 90er-Jahre-Ausstellung. Hier sollen alle sechs Wochen neue Exponate zu sehen sein.
Die Wechselvitrine der Leipziger 90er-Jahre-Ausstellung. Hier sollen alle sechs Wochen neue Exponate zu sehen sein. Bildrechte: MDR/Ole Steffen

Neben den ernsten Themen der Ausstellung gibt es aber auch immer wieder Momente zum Schmunzeln und Erinnern. Vor allem die Wechselvitrine im Ausstellungseingang soll mit einem Augenzwinkern dabei helfen, in die Zeit vor ungefähr dreißig Jahren zurück zu zoomen. Im besten Fall hilft die Ausstellung so dabei, Erinnerungen wachzurütteln und Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Ob an der Theke der Distillery-Bar oder vor Henry Maskes Boxmantel.

Informationen zur Ausstellung ZWISCHEN AUFBRUCH UND ABWICKLUNG
DIE 90ER IN LEIPZIG
25.9.2024 – 7.9.2025

Sonderausstellung
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

Haus Böttchergäßchen 3, 04109 Leipzig

www.stadtmuseum-leipzig.de

Öffnungszeiten
Dienstag–Sonntag, Feiertage 10–18 Uhr

Eintritt
Erwachsene 7 €, ermäßigt 3,50 €
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre frei
An jedem 1. Mittwoch im Monat 3 €

Zudem gibt es Infotafeln in einfacher Sprache.

Quellen: MDR Kultur (OIe Steffen), Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Redaktionelle Bearbeitung: os, td

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur am Morgen | 25. September 2024 | 07:10 Uhr

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