20. Jahrestag 100.000 Leipziger gedenken der Friedlichen Revolution

09. Oktober 2009, 23:54 Uhr

In Leipzig ist am 9. Oktober 2009 der 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution gefeiert worden. Nach einem Festakt und dem traditionellen Friedensgebet beteiligten sich rund 100.000 Bürger am Lichtfest.

Mehr als 100.000 Menschen haben nach Angaben der Polizei am Abend des 9. Oktober 2009 in Leipzig an die Friedliche Revolution vor 20 Jahren erinnert. Dazu liefen sie die historische Route der Demonstration von 1989 ab. Entlang der Strecke waren bis in die Nacht hinein im Rahmen des Lichtfestes insgesamt 20 spektakuläre Installationen mit Licht, Videos und Sounds vorbereitet.

Am Nachmittag hatten rund 2.000 Menschen an einem Friedensgebet in die Nikolaikirche teilgekommen. Mit stehendem Applaus wurde der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher empfangen. Genscher hatte vor 20 Jahren die Ausreise der DDR-Flüchtlinge in der bundesdeutschen Botschaft in Prag erreicht und gilt als einer der Architekten der Wiedervereinigung. Ehrengast des Friedensgebets war Bundespräsident Horst Köhler.

Festakt im Gewandhaus

Begonnen hatten die Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution mit einem Festakt im Leipziger Gewandhaus. Bundespräsident Horst Köhler würdigte dabei den 9. Oktober 1989 als "großen und glücklichen Tag in der deutschen Geschichte".

Die 70.000 Menschen seien genau am richtigen Ort gewesen und könnten für immer und ewig stolz darauf sein. An dem Festakt nahmen unter anderen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich teil. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung sagte, der 9. Oktober 1989 habe die Verhältnisse im Osten Deutschlands unwiderruflich in Bewegung gesetzt. "Diese Revolution war das Werk der vielen Unbekannten und Namenlosen, der einfachen Leute", sagte Jung.

Bürgerrechtler Schulz kritisiert Ministerpräsident Tillich

Mit viel Beifall bedachten die Gäste die Rede des Bürgerrechtlers und Grünen-Politikers Werner Schulz. Er sprach sich gegen die geplanten Einheitsdenkmale in Leipzig und Berlin aus. "Wir brauchen kein in Stein gemeißeltes Einheitsdenkmal", sagte Schulz. Wichtiger sei es, die noch vorhandenen und authentischen Erinnerungsorte zu pflegen.

Anschließend kritisierte Schulz Sachsens Ministerpräsident Tillich für die Verleihung des sächsischen Dankesordens an den ehemaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin. Gerade Sachsen sollte in "einer anderen Tradition" stehen, als einen "ehemaligen, für Menschenrechtsverbrechen verantwortlichen KGB-Offizier" auszuzeichnen, sagte Schulz.

Stanislaw Tillich nahm die durch Schulz geäußerte Kritik regungslos zur Kenntnis. Zuvor hatte er erklärt, die Menschen in Leipzig hätten damals auch für jene demonstriert, die "noch nicht so weitsichtig und reif waren", die Unfreiheit der DDR zu erkennen.

Panne bei Weihe der Demokratieglocke

Bereits am Morgen des 9. Oktober 2009 war eine sogenannte Demokratieglocke eingeweiht worden. Dabei gab es allerdings eine Panne. Die Glocke sollte eigentlich die Feierlichkeiten mit 20 Schlägen einläuten, blieb aber stumm. Vermutet wurde ein Fehler in der Computersteuerung. Die Glocke steht an jener Stelle, an der sich die Demonstranten vor 20 Jahren erstmals aus dem Schutz der Nikolaikirche herauswagten und die Proteste damit zu einer unaufhaltsamen Massenbewegung in der DDR machten.

Der 9. Oktober 1989 ging als "Wunder von Leipzig" in die Geschichtsschreibung ein. 70.000 Menschen zogen aus Protest gegen die SED-Diktatur über den Innenstadtring. Obwohl die Staatsmacht alles für eine gewaltsame Auflösung des Zuges vorbereitet hatte, kam es nicht zum Blutbad.

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