Haushaltskrise Sachsens Kabinett vertagt Entscheidung zu Übergangshaushalt
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28. November 2024, 05:00 Uhr
Noch gibt es keine neue Regierung in Sachsen. Dafür aber ein riesiges Finanzloch. Der Übergangshaushalt sorgt dabei weiter für heftige Diskussionen. Ein Sparentwurf des CDU-Finanzministers Hartmut Vorjohann stößt ebenfalls innerhalb des Kabinetts auf Kritik. Auch viele Fördermittelempfänger hängen weiterhin in der Luft.
Die Landesfinanzen sind weiterhin eine Problembaustelle in Sachsen. Bis zu vier Milliarden Euro fehlen in den kommenden zwei Jahren. Aktuell wird zunächst um einen vorläufigen Haushalt gerungen. Er soll ab Januar 2025 gelten.
Entwurf über vorläufigen Haushalt zurückgezogen
Ein bisheriger Entwurf des CDU-Finanzministers Hartmut Vorjohann sieht an einigen Positionen drastische Kürzungen um 50 bis sogar 80 Prozent des bisherigen Etats vor. Dabei geht es unter anderem um Personalkosten des Landes, aber auch um Förderprogramme.
Was die Handlungsfähigkeit der Ressorts betrifft, ist es für viele ein starker Einschnitt, der natürlich auch einen entsprechenden Diskussionsbedarf nach sich zieht.
Das erklärte Regierungssprecher Ralph Schreiber am Dienstag und so stand der Entwurf bei der Kabinettssitzung nicht auf der Tagesordnung. Mit dem Doppelhaushalt ist voraussichtlich nicht vor Mitte nächsten Jahres zu rechenen. Bis dahin hat theoretisch der Finanzminister das letzte Wort darüber, wer wie viel Geld bekommt.
Scharfe Kritik gab es ebenfalls von Linken und Grünen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Franziska Schubert hält den Vorschlag für verfassungsrechtlich bedenklich. Zwar seien Einsparungen auch in einem Übergangshaushalt möglich, aber man müsse sich an die vorhandene Haushaltsstruktur halten.
Unserer Auffassung nach versucht man durch diese Hintertür der vorläufigen Haushaltsführung eine Gesamtkonsolidierung des Haushaltes hinzubekommen. Und ob das rechtens ist, da habe ich doch sehr starke Zweifel.
Generationenfonds als Lückenfüller?
Der SPD-Vorschlag, Gelder aus dem Pensionsfonds für sächsische Beamte umzuschichten, um die Haushaltslücken zu schließen, findet zwar Anklang bei der Linksfraktion, stieß jedoch unlängst auf Kritik unter anderem des Sächsischen Beamtenbundes. Auch die Grünen sehen darin keine Lösung, sondern nur eine Verlagerung des Problems.
Krisenbegleitung: "Mitarbeiter gehen in die Arbeitslosigkeit"
Währenddessen führt die Hängepartie um den Haushalt zu ganz praktischen Problemen, zum Beispiel beim Leipziger Verein "Offener Dialog e.V." Hannah Schwochow und ihr Team aus fünf Psychologen und Ergotherapeuten begleiten Menschen in seelischen Krisen, wie etwa depressiven oder psychotischen Phasen. Sie bieten schnelle, oft auch erste Hilfe unabhängig von Therapieplatz und Diagnose, indem sie mit den Betroffenen und ihren Angehörigen sprechen. Rund 350 Menschen konnte der Verein so in diesem Jahr bereits helfen. Möglich ist das nur durch Spenden und Fördermittel, unter anderem des Freistaates Sachsen. Diese laufen aber mit dem derzeitigen Haushalt zum Jahresende aus.
Für uns bedeutet das, dass momentan die Hälfte der Stellen mindestens wegbricht ab Januar. Das heißt zwei Mitarbeitende gehen in die Arbeitslosigkeit.
Die anderen Mitarbeitenden könnten sie dank einer anderen Förderung vorerst in geringerem Umfang halten, aber nur bis Mitte 2025. "Wir haben jetzt schon angefangen keine neuen Krisenbegleitungen mehr anzunehmen, weil wir nicht garantieren können, diese Menschen bis ins nächste Jahr zu begleiten." Stück für Stück würden auch laufende Krisenbegleitungen zurückgefahren. Menschen die derzeit Hilfe bei psychosozialen Beratungen wie dem "Offenen Dialog e.V." suchten, könnten dann vermehrt auf das ohnehin überlastete Kliniksystem treffen.
Regionalentwicklungsminister plädiert für Fünfjahreshaushalt
Hängepartien um die Haushaltsplanung gibt es immer wieder. Als dienstältestes Kabinettsmitglied hat Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt deshalb überraschend den Vorschlag gemacht, künftig anstelle von Doppelhaushalten Fünfjahreshaushalte zu beschließen. "Damit haben die Kommunen, haben viele Unternehmen, haben viele vor allem auch Ehrenamtliche Planungssicherheit", so Schmidt. Er verwies dabei auf die Erfahrungen in der EU, die ihre Haushalte sogar für sieben Jahre im Voraus plane. Durch Nachtragshaushalte alle zwei Jahre ließe sich dennoch eine Flexibilität erhalten, um zum Beispiel auf veränderte Steuereinnahmen oder andere Aufgaben zu reagieren.
Einige Finanzpolitiker sehen darin zumindest einen interessanten Diskussionsvorschlag. Auf Nachfrage von MDR SACHSEN war dieser bisher aber kein Thema im sächsischen Kabinett. Für den kommenden Haushalt braucht es allerdings schnelle Entscheidungen, damit Angebote wie die Krisenbegleitung in Leipzig und damit vor allem Menschen nicht länger in der Luft hängen.
MDR (js)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 26. November 2024 | 19:00 Uhr