Drohende Kürzungen Freie Szene und Theater in Sachsen blicken mit Sorge in die Zukunft
Hauptinhalt
27. November 2024, 10:26 Uhr
Unklarheiten in der Kulturförderung stellen die sächsische Kulturlandschaft vor große Herausforderungen: geplante Sparmaßnahmen, die andauernde Regierungsbildung und die offene Haushaltslage sorgen für Unsicherheit – und mitunter Existenzangst. MDR KULTUR hat mit dem Bautzener Theaterintendant Lutz Hillmann, dem Sprecher des Sächsischen Museumsbunds e. V., Gisbert Porstmann, "Lofft"-Theater Leiterin Anne-Cathrin Lessel und Milko Kersten vom Sächsischen Musikrat darüber gesprochen, wie sie die Situation bewerten.
- Drohende Sparmaßnahmen machen den Kultureinrichtungen in Sachsen zu schaffen.
- Gerade Theater, Museen und die Musikszene sorgen sich um ihre Zukunft.
- Doch die Kulturlandschaft ist gut vernetzt und untereinander solidarisch.
Egal ob Theater, Museen oder Musikschulen: Die sächsische Kulturlandschaft durchlebt aktuell unsichere Zeiten. Geplante Sparmaßnahmen, die gescheiterten Koalitionsverhandlungen von SPD, CDU und BSW und die offene Haushaltslage sorgen bei den Kulturakteurinnen und -akteuren in Sachsen für große Unsicherheit.
"Wir stehen gerade in einem sehr unsicheren Fahrwasser. Es sind natürlich viele Sorgen, die uns umtreiben", sagt Anne-Cathrin Lessel. Die Geschäftsfüherin vom "Lofft" in Leipzig, einem freien Produktionshaus für zeitgenössischen Tanz und Performance-Kunst, betont, dass nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf der kommunalen und auf Bundesebene Kürzungen bevorstehen könnten.
Gerade für die freie Kulturszene seien solche Kultur-Kürzungen besonders bedrohlich. "Wir kommen ja nicht gerade aus üppigen Verhältnissen", so Lessel, die auch Vorstandsmitglied im Landesverband der freien Theater in Sachsen ist. Sie fordert ein Bekenntnis von der Politik, sich Kultur auch leisten zu wollen.
Museen und Musikszene unter Druck
"Was die Haushaltslage anbelangt, ist natürlich überall eine große Unsicherheit zu spüren und zu vernehmen, weil, so wie durchgesickert, Kürzungen anstehen", sagt auch der Sprecher des Sächsischen Museumsbunds e. V., Gisbert Porstmann. Bereits in den vergangenen Jahren sei im Museumbereich besonders bei kleinen, aber auch bei großen Häusern auf ein Minimum gekürzt worden.
Auch im Bereich der Musik ist die Situation alles andere als rosig. "Für die Musikszene sieht das im Moment wirklich dramatisch aus", sagt Milko Kersten vom Sächsischen Musikrat. Er warnt davor, dass den Verbänden und Vereinen der Amateurmusik-Szene die Insolvenz droht, sollte ihre Förderung gekürzt werden. Das wiederum würde eine Gefahr für die Demokratie bedeuten, denn gemeinsames Musizieren bringe ganz unterschiedliche Menschen zusammen. Angesichts einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung, eine wichtige Funktion.
Für die Musikszene sieht das im Moment wirklich dramatisch aus.
Die Erzählung, dass weder in der Bundesrepublik noch in Sachsen Geld für Kultur da wäre, wolle niemand glauben. "Wir haben sehr gute Steuereinnahmen. Jetzt geht es darum, dass man fair und transparent über Prioritäten diskutiert", betont er.
Wie das Geld für die Kultur im Freistaat verteilt wird, regelt in Sachsen das Kulturraumgesetz. Hier sieht Lutz Hillmann, Intendant am Deutsch Sorbischen Volkstheater in Bautzen, aber Reformbedarf. Das Kulturraumgesetz müsse aufgestockt werden, fordert er: "Dynamisierung muss da rein in das Kulturraumgesetz. Wir müssen sehen, dass wir auskömmlich finanziert werden und nicht gleich wieder in den nächsten vier Jahren in die größten Nöte kommen."
Theater in Sachsen bangen um Existenz
Hillmann betont, dass in der sächsischen Theaterlandschaft die Sorge "sehr, sehr groß" sei. Die Theater in Plauen-Zwickau, Zwickau, Freiberg, Annaberg-Buchholz, Görlitz/Zittau und sogar in Chemnitz seien in "absoluter Gefahr". In den Häusern sei die Existenzangst greifbar. Gerade im ländlichen Kulturraum gehe "die Sorge, um nicht zu sagen Panik, um, was nächstes Jahr wird", so der Theaterintendant und verweist damit auf die noch nicht abgeschlossene Regierungsbildung in Sachsen.
Nachdem die Sondierungen für eine Brombeer-Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht gescheitert sind, zeichnet sich nun eine Minderheitsregierung von CDU und SPD ab. Doch Hillmann bleibt hoffnungsvoll: "Aus guten Quellen weiß ich, dass die Koalitionsgespräche, die ja mit dem BSW nicht zum Ergebnis gekommen sind, bei Kunst und Kultur auf einem unheimlich guten Weg gewesen sind. Also da wäre ein Koalitionsvertrag zustande gekommen, der vielen Leuten aus Sachsen ganz gut gefallen hatte." Hillmann setzt also darauf, dass bei einer möglichen Minderheitsregierung Kulturgesetze mithilfe des BSW verabschiedet werden können.
Kultur in Sachsen ist gut vernetzt
Trotz aller Unsicherheiten heben die Kulturschaffenden den großen Zusammenhalt innerhalb der sächsischen Kultur hervor. Die Kulturszene sei untereinander gut vernetzt und solidarisch miteinander. Es sei wichtig, "dass man sich eben nicht […] gegeneinander ausspielen lässt." Die Kulturgesellschaft könne es sich nicht leisten in Grabenkämpfe und Verteilungskämpfe zu kommen", sagt Anne-Cathrin Lessel, vom "Lofft"-Theater. Sie hofft, dass die Akteure in der Kultur das Durchhaltevermögen und den Mut haben, weiterzumachen.
Quelle: MDR KULTUR (Thomas Bille, Ole Steffen); redaktionelle Bearbeitung: lig
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Spezial | 26. November 2024 | 18:05 Uhr