Kommunalpolitik Erzgebirgskreis: Sieben Kandidierende stellen sich zur Landratswahl

21. Mai 2022, 07:00 Uhr

In den Städten und Dörfern des Erzgebirgskreises leben rund 330.000 Menschen. Damit ist er laut eigenen Angaben der bevölkerungsreichste Landkreis Ostdeutschlands. Fachkräftemangel, Kitas und Schulen nah am Wohn- und Arbeitsort, ordentliche Straßen und Tourismus sind Themen, die die Menschen hier bewegen. Im Juni wird ein neues Oberhaupt für den Kreis gesucht.

Sieben Personen stellen sich zur Wahl

Am 12. Juni haben die Bürgerinnen und Bürger im Erzgebirgskreis die Chance, eine neue Person ins Landratsamt zu wählen. Der amtierende Landrat Frank Vogel (CDU) tritt nach 14 Jahren nicht mehr an. Diese sieben Erzgebirger bewerben sich um den Chefsessel im Landratsamt - eine Frau und sechs Männer:

  • der CDU-Landtagsabgeordnete Rico Anton
  • der AfD-Landtagsabgeordnete Torsten Gahler
  • der Freie Sachsen-Bewerber Stefan Hartung
  • der Freie Wähler Erzgebirge-Bewerber Volker Weber
  • der FDP-Bewerber Tino Günther
  • der Linken-Bewerber Holger Zimmer
  • die SPD-Landtagsabgeordnete Simone Lang

Der CDU-Kandidat

Für die CDU tritt der Landtagsabgeordnete Rico Anton an. Er will Kreisstraßen sanieren und die Lücke beim Breitbandausbau schließen. Außerdem will Anton im Landratsamt konsequent Anträge digitalisieren.

Zusammenrücken nach der Corona-Pandemie

Die medizinische Versorgung ist ebenfalls eines von Antons Themen. Für ihn sei wichtig, dass das Erzgebirgsklinikum mit all seinen Standorten in kommunaler Hand bleibt, sagte er MDR SACHSEN.

Rico Anton
Rico Anton (CDU) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

"Was mich aber auch umtreibt ist die Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts", sagt er. "Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir nach dieser Corona-Pandemie wieder enger zusammenrücken, dass wir als Gesellschaft wieder aufeinander zugehen."

Ich stehe für eine bürgernahe Politik, ich bin ansprechbar für jeden, ich will mit allen auf Augenhöhe kommunizieren, mir geht's darum, dass in der Region etwas vorangeht und jeder, der etwas voranbringen will, der wird meine Unterstützung haben.

Rico Anton Landratskandidat für den Erzgebirgskreis (CDU)

Der AfD-Kandidat

Die AfD schickt den Landtagsabgeordneten Torsten Gahler ins Rennen im Erzgebirgskreis. Er holt sich im Wahlkampf mit Beatrix von Storch Unterstützung vom AfD-Bundesvorstand. Der Betriebsprüfer setzt im Erzgebirgskreis auf Aufregerthemen, bei denen ein Landrat keinen Einfluss hat, zum Beispiel "hohe Spritpreise".

Straßensanierungen vorantreiben

Aber nicht nur. Wichtig für ihn: Behördengänge im Landratsamt vereinfachen. Es müsse darüber nachgedacht werden, die Digitalisierung in Behördenverfahren einzuführen. "Das fängt beim einfachsten an, bei der KfZ-Zulassung und kann dann natürlich auch zu anderen Genehmigungsverfahren übergehen", sagt Gahler.

Eine seiner ersten Amtshandlung wäre, Druck auf das Landesamt für Straßenbau und Verkehr zu machen. "Das Problem ist, in der Vergangenheit wurden viele Schwarzdeckenprogramme gemacht, das heißt, nur die obersten Schichten wurden erneuert", sagt er.

Manche Straßen müssen grundhaft erneuert werden. Speziell hier in Olbernhau haben wir das Problem, dass beispielsweise die S223 seit Jahren vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr nicht saniert wird."

Torsten Gahler Landratskandidat für den Erzgebirgskreis (AfD)

Der Kandidat der Freien Sachsen

Stefan Hartung ist der Landratskandidat der Freien Sachsen im Erzgebirgskreis. Hartung, auch NPD-Funktionär, mobilisierte zu den sogenannten Corona-Spaziergängen. Der Landesverfassungschutz hat ihn im Visier. Er spricht im demokratischen Wahlkampf von einem angeblichen Abdriften hin zur Diktatur.

Sachsen raus aus der Bundesrepublik

Mit königlich-sächsischem Wappen fordert Hartung den "Säxit" - Sachsen soll raus aus der Bundesrepublik. Soweit reichen die Kompetenzen eines Landrats nicht, aber ihre Radikalität verbergen Hartung und die Freien Sachsen nicht. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Polizei. Aus Sicht Hartungs eine Söldnertruppe.

Ein Sachthema bei ihm ist der Bürokratieabbau. "Da wäre es meine Aufgabe als Landrat dafür zu sorgen, dass die Fördermittelprogramme, die über den Erzgebirgskreis beschieden werden, unternehmens- und bürgernah gestaltet werden", sagt Hartung. Der Prozess müsse ohne größere Hemmschwellen organisiert werden und die Bescheidung möglichst schnell erfolgen.

Es ist mir ganz wichtig, dass wir die letzten zwei Jahre dieser sogenannten Corona-Maßnahmen, die wir hier miterleben mussten, juristisch und politisch aufarbeiten. Dass wir feststellen, was hinter den Kulissen alles so gelaufen ist.

Stefan Hartung Landratskandidat für den Erzgebirgskreis (Freie Sachsen)

Der Kandidat der Freien Wähler Erzgebirge

Er kandidiert für keine Partei, sondern einen Verein: Volker Weber will für die Freien Wähler Erzgebirge Landrat werden. Der Professor für Betriebswirtschaft sieht das Thema Energie als eine der größten Baustellen im Erzgebirgskreis.

Drebach als Vorbild für den Erzgebirgskreis

"Wir brauchen eine Energiestrategie für den Erzgebirgskreis", sagt er. "Da haben wir noch nichts und wir sehen, dass das ein drängendes Problem ist." Seine Heimatgemeinde Drebach ist ein Vorbild für seine Vorhaben im Erzgebirgskreis. Man habe Prioritäten im Haushalt gesetzt, sei nun schuldenfrei. Dazu bringe eine lokale Genossenschaft - der Weber auch angehört - Ökostrom in die Gemeinde, wie auf das Planetarium.

Das beweise, dass man im ländlichen Raum eine Bildungseinrichtung auch gleichzeitig energetisch voranbringen könne. "Und das tut auch etwas Gutes für das Gemeinwohl, dass der Strompreis konstant, günstig ist für die Kommune", sagt Weber. "CO2-Emissionen werden vermieden und letztendlich fließt über das lokale Engagement auch eine kleine Gewerbesteuer ins Gemeindesäckel."

Wir brauchen auch eine gewisse Hochschulbildungsoffensive. Campusse dürfen nicht nur den Großstädten vorbehalten sein, sondern auch im ländlichen Raum. Dass hat auch etwas mit Gleichheit der Lebensbedingungen zu tun.

Volker Weber Landratskandidat für den Erzgebirgskreis (Freie Wähler)

Der FDP-Kandidat

Tourismus im Erzgebirge ist für ihn berufsbedingt das Thema: FDP-Landratskandidat Tino Günther, Meister für Holzspielzeug aus Seiffen. Sein Motto lautet "Die Stärken stärken". Der Unternehmer amtierte bereits zwei Wahlperioden als Abgeordneter im Sächsischen Landtag. Der verpasste Wiedereinzug der FDP 2014 war für Günther eine einschneidende Erfahrung. Die Lehre, die er daraus zieht ist es, näher dran zu sein an den Bürgerinnen und Bürgern.

Bau einer Erzgebirgsmagistrale

"Ich weiß aus eigener Erfahrung, wo der Schuh drückt", sagt Günther. Das sei zum Beispiel überbordende Bürokratie vom Landratsamt. Aber auch Ausbildungsplätze würden in der Region fehlen. "Ich möchte zum Beispiel auch wieder die Bürstenbinder-Ausbildung ins Erzgebirge holen für unsere westerzgebirgischen Bürstenmacher", so Günther.

Tino Günther
Tino Günther (FDP) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Außerdem erschwerten die fehlenden Verkehrsverbindungen den Tourismus und die Wirtschaft im Landkreis. Sein Vorhaben: Eine Erzgebirgsmagistrale, eine Querstraße vom West- ins Osterzgebirge.

Unser Problem im Erzgebirge ist die geringe Wertschöpfung, unsere Betriebe verdienen noch zu wenig. Daraus entstehen niedrige Löhne. Erst wenn die Wertschöpfung erhöht wird, können wir mehr zahlen. Dann kommen unsere Leute wieder zurück und unsere Kinder bleiben hier.

Tino Günther Landratskandidat für den Erzgebirgskreis (FDP)

Der Linken-Kandidat

Der Diplom-Informatiker Holger Zimmer koordinierte für IBM internationale Großrechner-Projekte und arbeitet derzeit weiter in der IT-Branche. Sein Anliegen als Kandidat der Linken im Erzgebirgskreis: Ein kostenloser Schülerverkehr, engere Taktung im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), wo nötig sollen Rufbusse die Gemeinden verbinden.

Mehr Vernetzung im Tourismus

Mehr Verflechtung wünscht sich Zimmer auch im Tourismus. "Ich hab so den Eindruck, wir haben hier viel Leuchtturm-Wirtschaft, jede kleine Gemeinde, Stadt macht Tourismus für sich", sagt er. "Es fehlt noch an der Vernetzung. Die muss verstärkt werden und das ist Aufgabe des Landrats."

Eine Ost-West-Erzgebirgsmagistrale ist für ihn die falsche, zu kostspielige Priorität. "Ich weiß, dass es auch bei den Landratskandidaten teilweise den Wunsch gibt, eine Ost-West-Magistrale durch das Erzgebirge zu machen", sagt Zimmer.

Ganz ehrlich, so eine Autobahn durch das Erzgebirge will ich nicht. Wobei man natürlich aber schon schauen muss, wo Umgehungsstraßen sinnvoll sind.

Holger Zimmer Landratskandidat für den Erzgebirgskreis (Die Linke)

Die Kandidatin der SPD

Einzige Frau unter den sieben Landratskandidierenden im Erzgebirgskreis ist Simone Lang. Die SPD-Landtagsabgeordnete sieht die Digitalisierung des Landkreises als wichtigste Aufgabe und will kleinen und mittelständischen Unternehmen unter die Arme greifen.

Mehr Geld für Kinder- und Jugendarbeit

"Es gibt viele Unternehmen, die sich erneuern müssen", sagt Lang. "Die Generation, die jetzt aufhört braucht Nachfolge und wir brauchen natürlich auch das Know-How." Da müsse der Landrat auch der Unterstützer, der Dienstleister und der Partner von kleinen und mittelständischen Unternehmen sein.

Die ausgebildete Krankenschwester arbeitete lange Zeit als Hospizkoordinatorin und leitet den Landesverband für Hospizarbeit. Als Landrätin will sich Simone Lang für mehr Geld für die Kinder- und Jugendarbeit einsetzen, auch für eine fairere Bezahlung des Pflegepersonals im Erzgebirgsklinikum. Im Tourismus brauche es engere Kooperation mit den tschechischen Nachbarn.

Wir werden eine Destination werden müssen, die sich auf Ganzjahrestourismus verständigen kann. Ich war letztens erst beim Tourismusgipfel in Oberwiesenthal, wo es auch grenzüberschreitende Zusammenarbeit gibt. Das halte ich für ganz wichtig, weil wir eine Grenzregion sind.

Simone Lang Landratskandidatin für den Erzgebirgskreis (SPD)

Landratswahl am 12. Juni

Die Menschen zwischen im Erzgebirgskreis können im Juni entscheiden, wer von den sieben Kandidierenden in den kommenden sieben Jahren die Geschicke des Landkreises bestimmen soll.

MDR (al, Daniel Schrödel)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 12. Mai 2022 | 19:00 Uhr

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