Ein totes Wildschwein liegt während einer Übung in einem Waldstück in Possenhain.
Der Tod durch die Schweinepest kann für die Tiere sehr schmerzhaft sein. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Afrikanische Schweinepest Sachsen drängt auf Änderungen im Schutzkonzept

28. Dezember 2022, 05:00 Uhr

Trotz starker Bemühungen bekommt Deutschland die Afrikanische Schweinepest nicht unter Kontrolle. Vor allem die Bundesländer an der Grenze zu Polen sind betroffen, damit auch Sachsen. Wo infizierte Schweine gefunden werden, muss eine zehn Kilometer Restriktionszone errichtet werden. Das Land Sachsen fordert, dass diese Schutzmaßnahmen neu bewertet werden.

Noch grassiert die Afrikanische Schweinepest in Sachsen nur unter den Wildschweinen. Doch schon bei denen ist das Problem riesig: Dieses Jahr wurde bei jedem achten toten Wildschwein in den betroffenen Landkreisen das Virus nachgewiesen.

Auch Sachsens Jäger bemerken, wie die Krankheit die Wildschweine dezimiert, berichtet Wilhelm Bernstein, Vizepräsident des Landesjagdverbands. So wurden in der Jagdsaison 20/21 noch über 40.000 Tiere geschossen. In der Saison 21/22 waren es nur noch 30.000. "Das, was ich aus den Jägerschaften höre, ist ja fast alarmierend. Wir haben kaum noch Schweine auf der Strecke. Die Drückjagdsaison ist im vollen Gang und wir haben relativ wenig Schweine, sodass wir wahrscheinlich noch unter die 30.000 vom letzten Jahr kommen werden."

Dabei motiviert der Freistaat die Jägerschaft mit finanzieller Unterstützung, finanziert Drohnen, Desinfektionsmittel, Jagdfallen. In den Landkreisen Görlitz, Bautzen und Meißen mit bestätigten Schweinepestfällen gibt es zusätzlich noch eine Abschussprämie von 150 Euro. Das Ziel ist ganz klar: Es sollen alle Wildschweine in den Gebieten erlegt werden. Denn infizierte Tieren können nicht von gesunden unterschieden werden. So würden am Ende früher oder später alle Tiere erkranken.

Schweinepest bedeutet elenden Tot für die Tiere

Jäger Bernstein schildert, dass es humaner sei, die Tiere jetzt zu erschießen, als sie die Krankheit durchleben zu lassen: "Es ist ein viraler Infekt, die Schweine infizieren sich und die Körpertemperatur steigt an. Die infizierten Schweine suchen das Kalte, sie wälzen sich in der Erde, sie wälzen sich im Schlamm und im Wasser, um ihre Körpertemperatur runter zu kühlen, was ihnen aber nicht hilft. Sie verhitzen von innen heraus und krepieren elendlich. Es ist wahrhaft kein schöner Tod, wenn man das einmal gesehen hat."

Während die Seuche nicht auf den Menschen übertragbar ist, macht sie keinen Unterschied zwischen Wild- und Hausschwein. So unterscheidet auch die Europäischen Union bei ihren Schutzvorgaben nicht, ob die Seuche bei einem Hausschwein in einem Betrieb oder bei einem Wildschwein in freier Natur auftritt. Das bereitet den Schweinemastbetrieben in Ostsachsen große Sorgen. Denn um einen Seuchenfall herum wird eine zehn Kilometer Restriktionszone gezogen, welche zusätzliche Schutzregeln und Vermarktungsbeschränkungen für die Betriebe mitbringt. Das heißt massive Eingriffe in die Abläufe, zusätzlichen Kosten, da alle Tiere auf die Seuche getestet werden müssen und ein Image-Schaden. Es finden sich weniger Abnehmer für das sächsische Schweinefleisch, das kaum noch von Schlachthöfen angenommen wird.

Kontakt von Wild zu Hausschweinen unmöglich

Dabei schildert Gunther Zschommler, Vizepräsident des sächsischen Bauernverbandes, dass die sächsischen Schweinehöfe sicher seien. Ein Kontakt von Wild und Hausschwein sei in Sachsen unmöglich. Das müsse sich auch in den Verordnungen niederschlagen, sagt Zschommler: "Wenn es uns gelingt, politisch zu akzeptieren, dass die Afrikanische Schweinepest derzeit bei den Wildschweinen kursiert und die Hausschweine sogar freigetestet sind, müsste ja jeder normal denkende Mensch davon ausgehen, dass es nichts Sichereres als die Hausschweine gibt zurzeit."

Auch das sächsische Sozialministerium sieht, dass die Regelungen am Ziel vorbeiführen. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping und Staatssekretär Sebastian Vogel waren daher im Herbst in Brüssel, um auf eine Neubewertung der Maßnahmen hinzuwirken. Es solle den örtlichen Behörden überlassen werden, die Maßnahmen der Situation entsprechend anzupassen. Staatssekretär Vogel spricht von einem langwierigen Austausch mit der EU: "Das heißt, die EU will Anfang des Jahres sich auch noch einmal die Bekämpfungsmaßnahmen in Ostdeutschland, auch in Sachsen anschauen. Mit dem Blick darauf, dass wir über vier bis fünf Jahre eine Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest hier in Sachsen sehen, sind wir froh, wenn wir in den nächsten Jahren genau diese Entkopplung, diese Differenzierung auch hinbekommen."

20 Millionen Euro für Seuchenbekämpfung

Gleichzeitig wird der Freistaat auch im nächsten Jahr knapp 20 Millionen Euro für die Seuchenbekämpfung bereitstellen. Dabei hofft Vogel auf eine finanzielle Unterstützung vom Bund und den anderen Bundesländern. Doch die Bundesregierung lehnt ab, sieht sich dafür nicht zuständig. Die anderen Länder zeigen sich gesprächsbereiter. 2020 zahlten sie den betroffenen Ländern bereits 4 Millionen Euro. Vogel hofft, dass auch für 21 und 22 eine ähnliche Unterstützung nachträglich hinzukommt. Den Großteil der Kosten wird aber auch die nächsten Jahre Sachsen alleine tragen müssen.

Der Staatssekretär betont auch, dass jeder mithelfen kann, dass sich die Seuche nicht weiter ausbreitet. Tote Wildschweine sollen den Behörden gemeldet werden und es ist wichtig, weiterhin keine Lebensmittel in der Natur wegzuwerfen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

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