Zahnärztin behandelt einen Patienten
In Sachsen droht mittelfristig eine Unterversorgung bei Zahnarztpraxen. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Political-Moments

Medizinische Versorgung Immer weniger Zahnarztpraxen in Sachsen

31. Dezember 2023, 08:00 Uhr

In Sachsen gibt es immer weniger Zahnarztpraxen. Viele ältere Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner gehen in den Ruhestand, ohne das junge Zahnmediziner übernehmen. Dem Gesundheitsministerium ist die Lage bekannt. Ministerin Köpping setzt auf mehr Ausbildung und eine Landzahnarztquote. Bisher gibt es aber nur Pläne dafür. In Radebeul startet ein junger Zahnarzt im Januar mit eigener Praxis - ganze sechs Neugründungen gab es 2023.

In Sachsen gibt es immer weniger Zahnarztpraxen. Das geht aus einer Antwort der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen (KZVS) auf Anfrage von MDR SACHSEN hervor. Zum 30. November waren demnach im Freistaat 2.139 Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Praxen niedergelassen. Im Jahr 2023 gab es sechs Neugründungen sowie 38 Praxisübernahmen. Dem stehen aber 75 Praxen gegenüber, die geschlossen wurden.

KZVS: Oft fehlen junge Zahnmediziner für eine Übernahme

Zu den Gründen der Praxisschließungen lägen keine detaillierten oder statistischen Aussagen vor, hieß es. Meist erfolge dies alters- beziehungsweise krankheitsbedingt oder weil es schlicht keinen jungen Zahnarzt gebe, der die Praxis übernehmen möchte. Zahnärzte würden auch über "sich verschlechternden Rahmenbedingungen" wie etwa "steigende sowie unverhältnismäßige Bürokratie", Leistungskürzungen durch gesetzliche Krankenkassen, steigende Kosten sowie fehlendes Personal klagen, hieß es von der KZVS.

Noch kein Zahnarztmangel - aber angespannte Situation

Auf die Frage nach drohendem Zahnarztmangel teilte die KZVS mit: "Rein rechnerisch ist aktuell (Stand 30.06.2023) noch nicht von einer drohenden oder bestehenden Unterversorgung auszugehen." Dies begründe sich auf den ermittelten Versorgungsgraden je Planungsbereich, denen unter anderem die gesetzlich festgelegten Daten zugrunde liegen. Je Stadtkreis muss ein Zahnarzt pro 1.280 Einwohner arbeiten, in Landkreisen soll ein Zahnarzt statistisch 1.680 Einwohner versorgen.

Ein Kind bei einer Zahnbehandlung.
Regelmäßige Zahnarztbesuche müssen sein. Allerdings sind nicht überall leicht Termine zu bekommen. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Pond5

Die KZV warnt aber: Der hohe Altersdurchschnitt der sächsischen Zahnärzteschaft sowie der Mangel an jungen Nachwuchskräften in den vergangenen Jahren führe dazu, dass nur etwa jede dritte Praxis in Sachsen übernommen wurde. "Setzt sich dieser Trend fort, wird sich die bereits jetzt zum Teil sehr angespannte Versorgungssituation für die Patientinnen und Patienten weiter verschärfen." Dies gelte für alle Regionen - auch für Großstädte.

Ministerin Köpping will mehr Studienplätze für Zahnmedizin

Im sächsischen Gesundheitsministerium ist man sich der angespannten Lage bewusst: Ministerin Petra Köpping (SPD) sagte MDR SACHSEN: "Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen (KZVS) hat mir mitgeteilt, dass anhand der vorliegenden Daten der KZVS zur Altersstruktur der Zahnärzteschaft bis zum Jahr 2030 mehr als 60 Prozent der niedergelassenen Zahnärzte das Rentenalter erreichen werden." Damit fehlten dringend benötigte Nachwuchskräfte, sodass eine Erweiterung der Studienplatzkapazität für Zahnmedizin in Sachsen aus Sicht des Ministeriums notwendig sei.

Petra Köpping
Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping will sich für mehr Studienplätze der Zahnmedizin einsetzen, um die Überalterung der Zahnärzte mittelfristig abfangen zu können. Bildrechte: picture alliance/dpa

Das Sozialministerium habe sich im Rahmen der Fortentwicklung des "Hochschulentwicklungsplans 2025 plus" für zusätzliche Studienplätze in der Zahnmedizin ausgesprochen. Ob und - wenn ja - wie der Hochschulentwicklungsplan angepasst wird, sei "innerhalb der Staatsregierung noch abzustimmen und wird zudem im Wesentlichen Gegenstand der Haushaltsverhandlungen 2025/2026 sein".

Ministerin Köpping sieht drohende Probleme im ländlichen Raum

Köpping sagt: "Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es zunehmend schwieriger, die zahnärztliche Versorgung im ländlichen Raum dauerhaft zu gewährleisten." Daher hätten sich die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen und Landeszahnärztekammer Sachsen für die Einführung einer Landzahnarztquote im Freistaat Sachsen ausgesprochen. "Ich stehe dieser Forderung offen gegenüber und wir werden daher diese Maßnahme in unser 20-Punkte-Programm zur Sicherung der (zahn-) medizinischen Versorgung 2030 aufnehmen", kündigte die Gesundheitsministerin an.

Neue Praxis in Radebeul setzt breites Versorgungsangebot

Einen Beitrag zur Entspannung der Lage leistet Dr. Christian Lachmann. Der junge Zahnarzt hat sich in Radebeul niedergelassen und eröffnet Mitte Januar seine eigene Praxis. Rund ein Jahr Vorbereitungszeit liege hinter dem Zahnmediziner, berichtet er. In seinem Zahnatelier wolle er den Patientinnen und Patienten ein breites Angebot bieten - von Prophylaxe über klassische Karies- und Pardontosebehandlungen bis hin zu Implantaten, sagt er. Auch zahnkosmetische Behandlungen für Selbstzahlende soll es geben. Um all das zu schaffen, hat er noch eine Zahnärztin angestellt, die ihn unterstützt.

Eine junge Frau und ein junger Mann stehen neben einem Behandlungsstuhl in einer Zahnarztpraxis.
Zahnarzt Dr. Christian Lachmann und seine Partnerin Madeleine Fink als Praxismanagerin eröffnen im Januar in Radebeul gemeinsam eine neue Zahnarztpraxis. Bildrechte: MDR/L. Müller

Junger Zahnarzt entscheidet sich gegen Praxisübernahme

Die neue Praxis soll eine Anlaufstelle für alle sein - vom Kleinkind mit dem ersten Zähnchen bis zum Senior, dessen letzter eigener Zahn schon lange gezogen ist. Bei der Diagnostik komme in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité künstliche Intelligenz zum Einsatz, sodass sich der Patient innerhalb kurzer Zeit quasi eine Zweitmeinung einholen könne, so der Mediziner.

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Dafür setzt der Zahnmediziner nach eigenen Angaben auf eine komplett neue Ausstattung und hat sich bewusst gegen eine Übernahme entschieden. Bei einer Übernahme würden nach den eigentlichen Übernahmekosten die Investitionen in dann modernste Behandlungstechnik in wenigen Jahren anstehen, argumentiert Lachmann. Er hat in Jena studiert und zuvor als Angestellter in Zahnarztpraxen in Dresden und Meißen gearbeitet. Mit einem Alter von 33 Jahren sei für ihn der richtige Zeitpunkt für die eigene Praxis gekommen, sagt er. Was ihn der Traum von der Selbstständigkeit kostet, dazu will der Zahnarzt auf Nachfrage aber keine Angaben machen.

Sowohl bei der Personalsuche als auch beim Aufbau eines Patientenstammes hat der junge Zahnarzt überwiegend auf Präsenz in sozialen Medien vertraut.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 31. Dezember 2023 | 08:00 Uhr

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