Flucht Mehr Asylanträge 2023 in Thüringen - weniger Ukraine-Flüchtlinge
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10. Januar 2024, 09:06 Uhr
In Thüringen haben im vergangenen Jahr so viele Menschen einen Asylantrag gestellt wie seit der Fluchtbewegung 2015/16 nicht mehr. Die häufigsten Herkunftsländer waren nach wie vor Syrien und Afghanistan, doch auch türkische Staatsbürger suchen zunehmend Schutz. Dagegen kamen deutlich weniger ukrainische Flüchtlinge nach Thüringen.
In Thüringen haben 2023 deutlich mehr Menschen einen Antrag auf Asyl gestellt als in den Vorjahren. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf Anfrage mitteilte, belief sich die Gesamtzahl der Anträge auf 8.821. Davon beantragten 8.048 Geflüchtete zum ersten Mal Asyl, bei den restlichen handelt es sich um Folgeanträge. Im Jahr 2022 registrierte die Behörde insgesamt noch 5.837 Asylanträge. Lediglich zur Fluchtbewegung 2015/16 suchten in Thüringen damit mehr Menschen Asyl als im abgelaufenen Jahr.
Mehr Menschen aus der Türkei
Die häufigsten Herkunftsländer sind laut Bamf nach wie vor Syrien und Afghanistan. Zunehmend suchen auch Menschen aus der Türkei Schutz beziehungsweise stellen hier einen Asylantrag. Weitere häufig vertretene Herkunftsländer sind Georgien, Libyen und Irak.
Knapp drei Viertel aller Antragsteller in Thüringen waren männlich und ein Viertel weiblich. Am häufigsten stellten Geflüchtete in der Altersgruppe von 18 bis 29 einen Asylantrag. Rund 28 Prozent waren minderjährig.
Anerkennungsquoten für Deutschland
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschied im Jahr 2023 in Deutschland über 260.000 Anträge. Mehr als die Hälfte der Antragsteller erhielt einen Schutzstatus. Als "geschützt" gilt, wer als Flüchtling nach Genfer Konvention anerkannt ist, als asylberechtigt gilt, subsidiären Schutz erfährt oder für den ein Abschiebungsverbot ausgesprochen wurde. Zahlen für Thüringen werden nicht extra ausgewiesen.
Anträge von Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit wurden zu über 88 Prozent anerkannt. Die meisten davon erhielten subsidiären Schutz. Anträge afghanischer Geflüchtete wurden mit deutlicher Mehrheit ebenfalls anerkannt. Sie erhielten meistens entweder eine Anerkennung als Flüchtling oder es wurde ein Abschiebungsverbot erteilt.
Anträge aus der Türkei, aus dem Irak und Iran sowie aus Russland wurden dagegen mehrheitlich abgelehnt. In vielen Fällen wurde keine Entscheidung getroffen, da etwa nach dem Dublin-Verfahren ein anderer Staat zuständig ist. Die Zahl der Asylanträge mit unbekannter Staatsangehörigkeit fällt mit 1,2 Prozent gering aus.
Diese Schutzformen gibt es (bitte aufklappen)
Anerkannter Flüchtling: Der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist umfangreicher als die Asylberechtigung und greift auch bei der Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure ein. Außerdem sorgt der Status dafür, dass die Einreise durch einen sicheren Drittstaat nicht von vornherein zum Ausschluss des Schutzstatus führt. Die GFK ist Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts und besitzt weltweite Gültigkeit. Es wird eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis ist nach drei Jahren möglich, wenn die deutsche Sprache beherrscht wird und der Lebensunterhalt gesichert ist, ansonsten nach fünf Jahren.
Asylberechtigung: Das Grundrecht auf Asyl steht politisch Verfolgten zu, die durch staatliche oder staatsähnliche Akteure verfolgt werden. Es ist im Artikel 16a des Grundgesetzes geregelt. Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, kann sich seit 1993 nicht mehr auf dieses Recht berufen - eine Einreise ist somit prinzipiell nur über den See- oder Luftweg möglich. Deshalb werden nur sehr wenige Antragsteller als Asylberechtigte anerkannt. Für Asylberechtigte gelten dieselben Aufenthaltserlaubnisse wie für Flüchtlinge.
Subsidiärer Schutz: Dieser eingeschränkte Schutzstatus greift, wenn der Schutzstatus nach Genfer Konvention oder Grundgesetz nicht gewährt wird, aber im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Es wird eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr und bei Verlängerung jeweils für zwei weitere Jahre erteilt. Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis ist nach fünf Jahren möglich, wenn der Lebensunterhalt gesichert werden kann und ausreichend Deutschkenntnisse vorhanden sind.
Abschiebungsverbot: Wenn die anderen drei Schutzformen nicht erteilt werden können, eine Abschiebung aber Menschenrechtsverletzungen zur Folge hätte, kann ein Abschiebungsverbot erteilt werden. Auch wenn im Zielland Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, kann dieser Status erteilt werden. Der Aufenthalt ist für ein Jahr gestattet und kann wiederholt verlängert werden. Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis ist nach fünf Jahren möglich, wenn der Lebensunterhalt gesichert werden kann und ausreichend Deutschkenntnisse vorhanden sind.
Weniger Ukraine-Flüchtlinge in Thüringen
Nicht in der Statistik erfasst sind Ukraine-Flüchtlinge. Sie erhalten bei Registrierung automatisch eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis und überspringen somit quasi das Asylverfahren. Nach Angaben des Thüringer Landesverwaltungsamts suchten 2023 8.399 Ukraine-Flüchtlinge in Thüringen Schutz. Das waren deutlich weniger als im Jahr des Kriegsbeginns 2022, als fast 32.000 Ukrainer in Thüringen neu registriert wurden.
MDR (sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 10. Januar 2024 | 14:00 Uhr