Bewohnerin der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge
Die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Suhl ist derzeit nahezu ausgelastet. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance / dpa | Sebastian Kahnert

Migration Halle belegt, Bettenhaus-Umbau geprüft: So ist die Situation bei Flüchtlingsunterkünften in Thüringen

26. Oktober 2022, 13:02 Uhr

Dieses Jahr kommen mehr Flüchtlinge nach Thüringen als 2015. Bei Unterkünften sehen sich die Kreise derzeit am Limit. Eine Turnhalle ist vollständig belegt, und es wird geprüft, ob ein altes Bettenhaus umgebaut werden kann.

Die Thüringer Landkreise können nach eigenen Angaben derzeit kaum noch weitere Flüchtlinge unterbringen. Wie aus einer Umfrage von MDR THÜRINGEN bei Landkreisen und kreisfreien Städten Mitte Oktober hervorgeht, sind die meisten bei der Unterbringung an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen. Auch in den kreisfreien Städten Erfurt, Jena, Suhl und Gera stehen derzeit nur noch wenige Plätze zur Unterbringung zur Verfügung.

Keine freien Plätze haben unter anderem die Landkreise Sömmerda, Gotha, der Saale-Holzland-Kreis und der Kreis Eichsfeld. Aus anderen Landkreisen hieß es, man sei "nahezu voll belegt".

Turnhalle im Kreis Gotha vollständig belegt

Die Mehrheit der in diesem Jahr in Thüringen neu angekommenen Flüchtlinge stammt aus der Ukraine. So hat der Landkreis Sömmerda 1.700 Flüchtlinge untergebracht, 1.250 davon stehen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Der Kreis Altenburger Land beherbergt 1.416 Flüchtlinge aus der Ukraine. Dafür wurden bereits 313 Wohnungen angemietet. Neben den vom Land zugewiesenen Geflüchteten meldeten sich pro Woche auch noch 25 bis 80 individuell ankommende Flüchtlinge, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes.

Im Landkreis Gotha wurden bis zum 17. Oktober 1.670 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen. Dem Landkreis stehen 50 Plätze in einer Turnhalle zur Verfügung, welche ausgeschöpft sind. Weiter stehen 189 Wohnungen zur Unterbringung zur Verfügung, davon sind 185 belegt und die restlichen vier befinden sich in der Möblierung. In vier Gemeinschaftsunterkünften hat der Landkreis insgesamt 425 Plätze, von denen laut Kreisverwaltung derzeit nur noch 30 frei sind.

Saale-Holzland will altes Bettenhaus für Flüchtlinge bereitstellen

Auch im Saale-Holzland-Kreis sind nach der Aufnahme von 1.200 Geflüchteten keine Kapazitäten mehr frei. Der Landkreis hat bereits alle zur Verfügung stehenden Wohnungen angemietet und versucht nun ein altes Bettenhaus des Klinikums umzufunktionieren. Dies bedürfe aber einiger Baumaßnahmen, hieß es.

Der Landkreis Weimarer Land hat zurzeit 1.800 Flüchtlinge aufgenommen, davon 1.146 aus der Ukraine. Der Landkreis Hildburghausen teilte mit, er habe bis zum 14. Oktober 726 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, "unabhängig davon, ob sie sich aktuell noch im Landkreis aufhalten". Zudem seien im Kreis derzeit 1.089 Geflüchtete und Asylbewerber aus anderen Ländern untergebracht.  Von den 473 vorhandenen Plätzen des Landkreises für ukrainische Flüchtlinge seien 468 belegt, von den 584 Plätzen für Asylbewerber aus anderen Ländern seien 506 belegt, hieß es.

Keine preiswerten Wohnungen mehr verfügbar

In den kreisfreien Städten Erfurt, Jena, Gera und Suhl sieht die Situation ähnlich aus. So hat Erfurt aktuell 3.131 Geflüchtete aufgenommen und unterbracht, vorwiegend Geflüchtete aus der Ukraine. Aber auch hier kommen täglich weitere Geflüchtete aus anderen Ländern an, etwa aus Syrien und Afghanistan. Die Stadtverwaltung verwies darauf, dass es immer schwieriger werde, preiswerten Wohnraum zu finden. Auch der Kreis Gotha gab an, dass der Wohnungsmarkt im unteren und mittleren Preissegment ausgeschöpft sei. "Wir haben keine Aussicht auf weiteren Wohnraum, den wir für Geflüchtete anmieten können."

In Jena weniger als die Hälfte der Flüchtlinge aus der Ukraine

In Jena stehen aktuell 17 Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung. Diese sind mit 984 Geflüchteten belegt, von denen 432 aus der Ukraine gekommen sind. Lediglich in einer umfunktionierten Turnhalle stehen noch einzelne Plätze zur Verfügung. Auch in Suhl ist die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes derzeit mit zirka 900 Geflüchteten nahezu ausgelastet.

Thüringen nimmt mehr Flüchtlinge auf als 2015

Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes Thüringen werden in diesem Jahr bis zu 40.000 Geflüchtete in Thüringen erwartet. Bislang wurden bereits zirka 30.000 aufgenommen. Was im Vergleich zum Jahr 2015, das Jahr mit dem bisher stärksten Flüchtlingsaufkommen, einen Anstieg der Flüchtlingszahlen zeigt. Im Jahr 2015 wurden in Thüringen insgesamt 29.622 Geflüchtete aufgenommen. Teilweise musste Thüringen in diesem Jahr schon einzelne Busse mit Geflüchteten abweisen und in andere Bundesländer umleiten lassen. Das Land will nun kurzfristig hunderte neue Unterkunftsmöglichkeiten bereitstellen.

Kritik an der Verteilungspolitik des Landes Thüringen kam insbesondere aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen: Trotz angespannter Lage weise das Land den Kreisen Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten ohne Bleibeperspektive zu.

Hunderte Flüchtlinge erwartet: Schmalkalden-Meiningen hat keine Unterkünfte mehr

Aktuell sind im Landkreis 1.146 Geflüchtete aus der Ukraine und 662 aus anderen Herkunftsländern untergebracht. Vom Land seien für die nächsten Wochen bereits weitere sieben Busse mit jeweils bis zu 50 Geflüchteten angekündigt. Diese könnten aber aufgrund der angespannten Unterkunftssituation nicht mehr "adäquat untergebracht" werden. Auch der Bezug von weiteren Objekten sei im Landkreis Schmalkalden-Meiningen nicht möglich, da keine zur Verfügung stünden.

Mehrere Landkreise wie zum Beispiel der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt und Greiz verweisen auch auf die erhebliche und andauernde Mehrbelastung von Mitarbeitern. So ist nicht nur der begrenzt zur Verfügung stehende Wohnraum ein limitierender Faktor, sondern auch die Leistungsgrenze des Personals.

Herkunftsländer der Flüchtlinge in Thüringen sind neben der Ukraine vor allem Afghanistan, Syrien und der Irak, außerdem die Türkei, Georgien, Russland, Weißrussland, Moldau, Serbien, Albanien, Nordmazedonien, Kosovo, Libyen, Nigeria, Eritrea, Somalia, Elfenbeinküste, Uganda, Marokko, Ägypten, Iran, Armenien, Kasachstan, Aserbaidschan, Vietnam, Indien und die Palästinensischen Gebiete.

MDR (rom)

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