Finanzamt 50.000 Einsprüche gegen Grundsteuer-Bescheide in Thüringen

18. April 2023, 10:33 Uhr

Bodenrichtwerte, Wohnfläche und Angaben zu Renovierungen: All das und noch viel mehr wollte das Finanzamt von Grundstücks- und Immobilienbesitzern für die neue Grundsteuer wissen. Doch viele Thüringer haben inzwischen Einspruch eingelegt. Ihre Zahl erhöhte sich innerhalb eines Monats um 20.000.

Bei den Thüringer Finanzämtern sind bereits fast 50.000 Einsprüche gegen die neuen Grundsteuerbescheide eingegangen. Damit erhöhte sich die Zahl der Einsprüche binnen eines Monats um rund 20.000.

Häufig Zweifel an Bodenrichtwerten

Dabei handele es sich zunächst um sogenannte Grundsteuerwert- bzw. Grundsteuermessbetragsbescheide, teilte das Thüringer Finanzministerium mit. Endgültig wird die Grundsteuer von den Kommunen erhoben. Meist haben die Eigentümer verfassungsrechtliche Bedenken.

So würden zum Beispiel häufig Zweifel an den Bodenrichtwerten geäußert. Solche Einsprüche werden - wenn bestimmte Vorgaben erfüllt sind - von der Bearbeitung zurückgestellt, bis ein Verfahren am Finanzgericht oder einer höheren Instanz entschieden ist.

Ministerin Taubert: Längere Bearbeitungszeiten

Einsprüche, in denen die Eigentümer aber fehlerhafte Angaben zum Beispiel zur Wohnfläche oder zur Kernsanierung geltend machen, werden nach Angaben des Ministeriums abgearbeitet.

Eingangsbestätigungen würden nicht verteilt, wegen der hohen Zahl an Einsprüchen könne es aber zu längeren Bearbeitungszeiten kommen, erklärte Ministerin Heike Taubert (SPD).

Die Finanzverwaltung rät Betroffenen, Einsprüche elektronisch über das Elster-Programm einzulegen. "Vorteil ist, dass man nach dem Absenden des Formulars die Mitteilung erhält, dass der Einspruch beim Finanzamt eingegangen ist", sagte Taubert.

Am Montag wurde in Berlin eine Studie im Auftrag des Steuerzahlerbunds und des Eigentümerverbands Haus und Grund vorgestellt. Diese bewertet das angewandte Gesetz des Bundes zur neuen Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig.

Auch Thüringen wende dieses Bundesmodell an, hieß es in der Mitteilung des Finanzministeriums. Bei den Finanzgerichten Berlin-Brandenburg oder Sachsen seien entsprechende Verfahren bereits anhängig.

FDP verweist auf verfassungsrechtliche Bedenken

Die FDP im Landtag sprach von einem "Tsunami" an Einsprüchen und fordert unterdessen erneut, sämtliche Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu erlassen. Sie verwies dabei auch auf das vorgestellte Gutachten, worin "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen das von Thüringen praktizierte Grundsteuermodell" anmeldet worden seien.

Ein solcher Vorbehalt würde für mehr Rechtssicherheit sorgen und das Prozedere vereinfachen, sagte der Sprecher der FDP-Gruppe, Thomas Kemmerich. Sollten Bundesfinanzhof oder Bundesverfassungsgericht eine Verfassungswidrigkeit feststellen, müssten die Finanzämter die Bescheide von Amts wegen ändern, begründete er.

Insgesamt müssen in Thüringen rund 1,2 Millionen Grundsteuererklärungen an die Finanzämter geschickt werden, die weitaus meisten sind den Angaben nach bereits eingegangen.

MDR (kku/dpa/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 18. April 2023 | 14:00 Uhr

13 Kommentare

Alexa007 am 19.04.2023

Man kann den Rechtsbehelf ja notfalls zurücknehmen. Die Verwaltung könnte das Problem durch einen einfachen Vorläufigkeitsvermerk für alle, auch wenig versierte Bürger, beseitigen. Angesichts der doch recht seltsamen gesetzlichen Regelun wäre dies naheliegend. Hier ist Bürgerschelte fehl am Platz.

Alexa007 am 19.04.2023

Das no-go ist doch, dass insoweit keine Widerspruchsmöglichkeit bestehen und dem Bürger damit der Rechtsweg nicht eröffnet sein soll. Seltsames Verständnis von Gewaltenteilung.

MikeS am 19.04.2023

Seien Sie doch froh, dass Sie noch keinen Bescheid haben. Sie haben noch keinen, wissen aber schon, dass Sie Einspruch (NICHT WIDERSPRUCH) einlegen wollen. Sehr seltsame Auffassung. Aber aus Prinzip weil´s alle machen?

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