Personalschlüssel Weniger Kinder pro Erzieher: Neues Kindergarten-Gesetz beschlossen
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07. Juni 2024, 11:36 Uhr
Weil in Zukunft weniger Kinder zu betreuen sein werden, hat sich auch in Thüringen die Frage gestellt, was das für die Größe der Gruppen bedeutet und ob folglich Personal entlassen werden muss. Um das zu verhindern, haben Rot-Rot-Grün mit Unterstützung von CDU und AfD nun ein neues Gesetz verabschiedet. Demnach soll ein Erzieher künftig für weniger Kinder als bisher verantwortlich sein.
Der Landtag hat das neue Thüringer Kindergartengesetz mit breiter Mehrheit beschlossen. CDU und AfD stimmten der Initiative der rot-rot-grünen Minderheitskoalition zu. Die FDP enthielt sich bei der Schlussabstimmung.
Mit dem neuen Gesetz werden die sogenannten Betreuungsschlüssel so geändert, dass die Kindergärten ihr Personal trotz sinkender Kinderzahlen halten können. Konkret sollen nur noch bis zu zwölf Kinder über drei Jahren von einer Erzieherin betreut werden - statt bisher 16. Bei Kindern unter drei Jahren soll der Personalschlüssel eins zu sechs betragen. Durch die das neue Gesetz wird sich auch eine gesteigerte Qualität der Erziehung erhofft.
Hintergrund der Landtagsentscheidung ist, dass die Zahl der Kinder in den Kindergärten wegen geburtenschwacher Jahrgänge in den nächsten Jahren abnimmt. Damit droht ein Personalabbau, der mit dem neuen Gesetz verhindert werden soll.
Übergangsphase für Kita-Personalschlüssel
Rot-Rot-Grün und CDU hatten bereits bei einem Treffen Anfang der Woche eine Übergangszeit von drei Jahren festgelegt. Das heißt: Das Gesetz gilt ab Anfang 2025, die Kindergärten haben aber drei Jahre Zeit, die neuen Betreuungsschlüssel einzuführen.
Kosten von mindestens 146 Millionen Euro jährlich
Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich sprach von einem guten Ergebnis. Sie sei froh, dass es gelungen sei, einen Kompromiss zu erzielen. Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Christian Tischner, äußerte sich ähnlich. Die jetzt vorgesehenen Personalschlüssel bedeuteten für die Kinderbetreuung die tiefgreifendste Verbesserung seit mehr als zehn Jahren. Tischner wies aber auch auf die damit verbundenen Kosten hin. Die neuen Personalschlüssel werden das Land nach Expertenschätzungen zwischen 146 und 156 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich kosten.
Der Beschluss stieß auch außerhalb der beteiligten Fraktionen auf positive Reaktionen. Carsten Nöthling vom Kinderschutzbund sagte, mit dem neuen Gesetz werde die frühkindliche Bildung verbessert. Außerdem könnten mit den neuen Personalschlüsseln die Stellen von etwa 1.200 Erzieherinnen und Erziehern erhalten bleiben. Der Kinderschutzbund sei sehr zufrieden, dass der Gesetzgeber diesen Weg gehe.
Matthias Kreft vom Verband der Wirtschaft Thüringens (VWT) sagte, mit dem Gesetz werde dafür gesorgt, dass auch in den kommenden Jahren - anders als etwa bei den Lehrern - genügend Personal für die Betreuung der Kinder bereitstehe. Damit werde auch für Thüringer Betriebe und deren Beschäftigte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesichert. Das sei für die Wirtschaft essenziell.
Zweifel bei FDP und AfD
Auf Zweifel stößt das geplante Gesetz bei der FDP. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Gruppe, Franziska Baum, sagte, mit dem neuen Gesetz entstehe ein Mehrbedarf von mehr als 700 Vollzeitstellen. Es sei unklar, woher dieses Personal überhaupt kommen und wie es finanziert werden solle. Die FDP könne dem Gesetz im Landtag nicht zustimmen.
Auch die AfD äußerte sich zunächst skeptisch, bevor sie dem Gesetz letztlich zustimmte. Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Denny Jankowski, hält die Personalfrage für ungeklärt und verwies zudem auf die zusätzlichen Ausgaben.
Kein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr
Nicht Bestandteil der Novelle sein werden das von Rot-Rot-Grün angestrebte dritte beitragsfreie Kindergartenjahr sowie ein Fortbildungszentrum für das Personal. In diesen Punkten gab es keine Einigung mit der CDU. Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung ist bei der Verabschiedung von Gesetzen auf Stimmen der Opposition angewiesen. Allerdings beschloss der Landtag in zwei sogenannten Entschließungsanträgen, diese Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren.
MDR (cfr/maf/sar/ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 03. Juni 2024 | 17:00 Uhr