Smartphone mit der The-Buzzard-Startseite
Ob die App nach der Testphase weiter finanziert wird, ist unsicher. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen

Medien Weimarer Schule testet App gegen Verschwörungstheorien

08. Juli 2021, 05:00 Uhr

Mit einer News-App will das Berliner Medien-Start-up "The Buzzard" Menschen dabei helfen, Fake News und Verschwörungstheorien zu erkennen. Erprobt wird die App seit gut einem Jahr an Schulen in ganz Deutschland, etwa am Goethe-Gymnasium in Weimar.

Moritz Peters sitzt im Sozialkundekurs einem Mitschüler gegenüber. Die beiden 18-Jährigen sollen eine Verschwörungstheorie diskutieren. Chemtrails seien ein schönes Beispiel, meint Moritz.

Es geht also um die weißen Streifen, die am Himmel hinter den Flugzeugen zu sehen sind. Dazu hat der Elftklässler eine klare Meinung. Für die Übung schlüpft er aber in die Rolle eines Verschwörungstheoretikers: "Wer glaubt schon, dass das Kondenswasser ist, das da hinten rauskommt? Ist viel einfacher zu glauben, dass das Rauch ist, der auf uns herabregnet und dann unsere Gehirne umstrukturiert." Trotzig schiebt er hinterher: "Vollkommener Bullshit natürlich."

Fake News per App besser erkennen

Seit gut einem Jahr beschäftigen er und 14 weitere Schüler am Weimarer Goethe-Gymnasium sich mit derartigen Theorien. Im Unterricht führen sie auch tagesaktuelle Debatten, etwa über die Corona-Impfung oder die US-Wahlen. Dabei nutzen die Schülerinnen und Schüler seit einem Jahr die App des Medien-Start-ups "The Buzzard".

Die App wird in der Schule erprobt. Sie listet täglich drei unterschiedliche Themen auf und zeigt den Schülern, welche Artikel es dazu im Netz gibt. Sie sollen dadurch Fake News und Verschwörungstheorien besser erkennen.

Perspektiven unterstützen Meinungsbildung

Wie das geht, erklärt Maika Schmitt den Schülern in Workshops. Schmitt ist Medienpädagogin bei "The Buzzard": "Ganz wichtig ist bei Fake News und Verschwörungstheorien zu wissen, wo diese herkommen und die Fakten zu kennen." Dazu sei es wichtig, viele Perspektiven zu kennen. Das helfe, sich eine Meinung zu bilden und herauszufinden, was stimmt und was nicht, betont Schmitt.

Doch nicht jeder vertraut den etablierten Medien und damit vielleicht auch nicht den Artikeln, die in der App angeboten werden. Kann man diese Menschen mit der App überhaupt erreichen?

Maika Schmitt: "Also man kann die Menschen natürlich zu nichts zwingen. Aber ich glaube, unser Angebot ist sehr gut dadurch, dass es sehr breit ist. Wir bringen nicht nur etablierte Medien wie die Öffentlich-Rechtlichen, sondern auch Blogs, ausländische oder kleinere Medien."

Finanzierung steht auf der Kippe

Das findet auch Moritz Peters gut: "Um Argumentationsstrukturen aufzubauen oder um eine Debatte vorzubereiten, ist es ein Werkzeug, das einen wirklich gut unterstützt."

Wie die Sozialkundelehrerin Juliane Thaler feststellt, macht die App die Schüler kritischer. Doch Thaler befüchtet, dass das Projekt um die Buzzard App nur von kurzer Dauer sein könnte. Denn das durch Sponsoren geförderte Projekt ist erst mal nur auf ein Jahr ausgelegt, die Fortführung nicht sicher. Nach Meinung von Juliane Thaler sollte es aber weitergehen. Deshalb wünscht sie sich, dass "das Land diese App mit unterstützt im Sinne der Demokratieförderung."

Die App-Macher hoffen, noch mehr Schulen ins Boot holen zu können. In Thüringen wird die App neben Weimar bereits an 25 weiteren Schulen eingesetzt. In Sachsen sind es 71 Lehranstalten. Lediglich in Sachsen-Anhalts Schulen steht die Buzzard App bislang noch nicht auf dem Lehrplan.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 08. Juli 2021 | 06:00 Uhr

22 Kommentare

Eulenspiegel am 09.07.2021

 Also ich denke wenn einem mehrere Quellen unterschiedlicher Herkunft empfohlen werden so trägt das auf jedem Fall zur Versachlichung bei und die Gefahr das gerade Jugendliche in einer Blase geraten in der nur noch alternative Fakten vorkommen wird dadurch deutlich reduziert.

Karl Schmidt am 08.07.2021

@knarf2:
Natürlich doch.
Ich spielte lediglich auf den Mitforisten an, der -siehe dessen Zitat- von dieser Begrifflichkeit schrieb.
mfg
Karl Schmidt

MDR-Team am 08.07.2021

Lieber Wachtmeister Dimpfelmoser,

Das Prinzip, mehrere Quellen unterschiedlicher Herkunft zu empfehlen, widerspricht aus sich heraus schon Ihrer Vermutung und erlaubt eben die Abwägung - und Widerlegung klassischer Verschwörungstheorien. Für sie typisch ist meist, dass sie sich bei genauerem Hinsehen auf den immer gleichen engen Bereich an Quellen beziehen. Wer mehrere Quellen nutzt, kann meistens auch klarer feststellen, ob das raunende "nicht gänzlich auszuschließen" oder "man kann doch mal in Frage stellen" die Faktenhärte der wissenschaftlichen Mehrheitsmeinung erreicht.

Beste Grüße
die MDR Thüringen Online-Redaktion

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