Gebietsreform Eichsfeld
Die neuen Ortsschilder stehen bereit und werden im neuen Jahr angebracht. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Zusammenschlüsse 140.000 Thüringer betroffen: 29 Gemeinden gehen neue Wege

31. Dezember 2023, 15:48 Uhr

Aus 29 sind 16 geworden. Mit Jahresbeginn haben sich 29 Gemeinden und Städte zu neuen Kommunen zusammengeschlossen. Von den Fusionen sind mehr als 140.000 Menschen in sieben Thüringer Landkreisen betroffen.

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Mit Jahresbeginn haben sich in Thüringen 29 Gemeinden und Städte zu neuen Kommunen zusammengeschlossen. Von den Fusionen sind mehr als 140.000 Menschen in sieben Thüringer Landkreisen betroffen.

21 Millionen Euro zahlt das Land an Prämien und Strukturhilfen. Das Gemeindeneugliederungsgesetz verschiebt die Kreisgrenzen zwischen dem Eichsfeld, dem Unstrut-Hainich- und dem Wartburgkreis.

Im Eichsfeld gibt es die meisten Veränderungen

Im Norden Thüringens gibt es die meisten Veränderungen, vor allem im Eichsfeld. Aus elf Mitgliedsgemeinden der bisherigen Verwaltungsgesmeinschaft (VG) "Uder" entsteht die neue Landgemeinde Uder. Ihr offizieller Name: "Gemeinde Uder".

Gebietsreform Eichsfelds
Der Sitz der bisherigen Verwaltungsgemeinschaft wird zum Sitz der neuen Landgemeinde Uder. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Erste Überlegungen gab es schon 2017, seit 2022 ist der Zusammenschluss erneut beraten worden. Größte Herausforderung für die Kämmerei: Die elf Gemeindehaushalte zu einem zusammen zu stricken.

Mit Vatterode-Dietzenrode und Asbach-Sickenberg bleiben zwei ehemalige VG-Gemeinden selbstständig; sie werden aber weiter vom Rathaus in Uder verwaltet.

Gebietsreform Eichsfeld
Raimund Müller ist nicht nur ehrenamtlicher Bürgermeister von Lutter. Als stellvertretender VG-Chef begleitet er bis Jahresbeginn 2024 die Auflösung der VG. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Mit der Fusion werde die Finanzausstattung besser, sagt Raimund Müller, bisher stellvertretender VG-Vorsitzender. Der 69-Jährige ist seit vielen Jahren auch ehrenamtlicher Bürgermeister von Lutter.

Heilbad Heiligenstadt mit zehn Ortsteilen

Die Kreisstadt Heiligenstadt verdoppelt die Zahl ihrer Ortsteile auf zehn und hat nun 18.400 Einwohner. Siemerode, Mengelrode, Bischhagen, Streitholz und Glasehausen kommen neu dazu. Die neuen Schilder stehen bereit. Sie werden in der ersten Januarwoche aufgestellt.

Auch die Stadt Dingelstädt wächst auf nunmehr zehn Ortschaften mit 12.800 Einwohnern. Jüngster Zuwachs: Der Rodeberger Ortsteil Struth gehört ab 2024 zu Dingelstädt und zum Eichsfeldkreis. Damit besitzt die Stadt auch drei Klöster. Das Franziskanerkloster Kerbscher Berg, das Kloster Anrode und das Kloster Zella. Gefeiert wird am 10. Januar mit einem Festgottesdienst und einem Festakt in Struth.

Außenansicht Kloster Anrode
Das Kloster Anrode ist eine ehemalige Zisterzienserinnen-Abtei. Bildrechte: MDR

Mühlhausen rückt näher ans Eichsfeld

Der andere Rodeberger Ortsteil Eigenrieden wechselt nach Mühlhausen. Die Kreisstadt hat damit zehn Ortsteile und rückt durch den Wechsel von Struth näher ans Eichsfeld heran.

Zum Aufklappen: Was ist eine Landgemeinde?

Eine Landgemeinde ist ein Zusammenschluss mehrerer Dörfer zu einer Kommune. Sie besteht aus mehreren Ortsteilen (ehemalige Ortschaften oder Dörfer). In § 6 der Thüringer Kommunalordnung ist festgelegt, dass benachbarte Gemeinden zu einer Landgemeinde fusionieren können, wenn sie gemeinsam mindestens 3.000 Einwohner haben.

Voraussetzung für eine Fusion ist, dass die Gemeinden ihren Willen zum Zusammenschluss durch entsprechende Beschlüsse der Gemeinderäte aller beteiligten Gemeinden und entsprechende vertragliche Regelungen bekunden und einen Antrag stellen. In Thüringen gibt es zurzeit 30 Landgemeinden. Sie wurden 2008 eingeführt und sollen perspektivisch Verwaltungsgemeinschaften ablösen.

Gemeinde Unstrut-Hainich vergrößert sich

Die Gemeinde Unstrut-Hainich im Unstrut-Hainich-Kreis erhält mit Alterstedt und Schönstedt zwei neue Mitgliedsgemeinden. Die bisherige Gemeinde Schönstedt wurde zum Jahresende 2023 aufgelöst. Die beiden Ortsteile Alterstedt und Schönstedt mit 1.300 Einwohnern wechseln zur Landgemeinde mit Sitz in Großengottern. Sie hat nach der Fusion rund 6.500 Einwohner in acht Ortschaften.

Wartburgkreis verliert 188 Einwohner

Mit dem Wechsel von Hallungen in den Unstrut- Hainich-Kreis verliert der Wartburgkreis 188 Einwohner. Die Fusion mit der Landgemeinde Südeichsfeld hat der Thüringer Landtag im Dezember beschlossen. Der Kreistag des Wartburgkreises hatte sich gegen einen Wechsel in den Nachbarkreis ausgesprochen.

Gebietsreform Eichsfeld
Am Ende muss alles vertraglich geregelt und unterschrieben werden. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Die Gemeinde Hallungen selbst hatte sich zuvor für den Wechsel ausgesprochen. Fast 70 Prozent der Bewohner hatten in einer Umfrage für eine Fusion mit der Landgemeinde Südeichsfeld im Unstrut-Hainich-Kreis gestimmt. Im Wartburgkreis vergrößert sich die Stadt Amt Creuzburg um Frankenroda.

Weitere Veränderungen in Thüringen

Über Zuwachs freut sich Georgenthal im Kreis Gotha. Hier kommt Herrenhof dazu und erhöht die Einwohnerzahl auf rund 8.000.

Im Kreis Greiz schließen sich zudem die Gemeinden Berga und Wünschendorf zusammen. Da die Einwohnerzahl von Berga unter 3.000 sinkt, verliert der Ort bei einer weiteren Selbstständigkeit seinen hauptamtlichen Bürgermeister. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen wird Sülzfeld in die Stadt Meiningen eingegliedert. Schließlich wechselt im Saale-Holzland-Kreis die Gemeinde Unterbodnitz aus der Verwaltungsgemeinschaft "Hügelland/Täler" in die Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Saaletal".

Ortsschilder sehr begehrt

Die neuen Ortsschilder liegen ebenfalls überall bereit. Sie werden ab Dienstag von Bauhöfen und Straßenämtern je nach Zuständigkeit für Orts-, Kreis-  und Landestraßen aufgestellt.

In den letzten Wochen sind viele der gelben Schilder gestohlen worden. Deshalb mussten an Ortsrändern provisorische Verkehrsschilder aufgestellt werden. Passiert ist das zum Beispiel in Wünschendorf und in Struth, aber auch rund um Uder.

Für den Diebstahl gibt es unterschiedliche Theorien: Entweder haben Souvenirjäger die Schilder demontiert. Möglich sei auch, dass zum Beispiel in Wünschendorf im Kreis Greiz Fusionsgegner die Schilder eingesammelt hätten.

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MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 31. Dezember 2023 | 14:00 Uhr

21 Kommentare

Wessi vor 17 Wochen

Na @ camper21, dann rechnen Sie mal NRW daneben.Über die Jahre ist das nämlich ungefähr das Gleiche. (Wiki)Geberländer waren (in HH gibst 2 Ausreisser) eigentlich durchgängig nur HE und BW.

camper21 vor 17 Wochen

Wessi, wie sagte man zu den Gebieten im jetzigen Baden-Württemberg, die sich 1952 zusammen geschlossen haben? Bayern war auch mal Nehmerland,wenn man das Geld rausrechnet haben sie schon 100 Milliarden in den Länderfinanzausgleich gezahlt. Und unsere Regierung scheitert an 17 Milliarden, die für 2024 fehlen.

Thorsten Pfeiffer vor 17 Wochen

Zitat für Wahlen in 2024; „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt's nicht.“ (Konrad Adenauer)

Immerhin, es ist nicht der große Wurf, den die CDU nie angestrebt oder geschafft hat.. Aber es ist ein Ergebnis für den amtierenden MP. Zumal auch die unselige kreisfreie Städte Diskussion sich z.b für Eisenach zum Guten gewendet wurde. Damit dürfte es in Westthüringen weiter aufwärts gehen. Wenn der Osten, der Norden, die Mitte und der Süden genauso weiter an einer Reform arbeiten würde, kann Th. in 10 Jahren vielleicht nicht nur ein Nehmerland im Finanzausgleich sein.

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