ein Reisebus
Sogar der Fußboden des Reisebusses war bereits geschmolzen, als die Schüler im vergangenen Juni auf der A9 bei Triptis selbst den Notruf wählten. (Archivfoto) Bildrechte: Autobahnpolizei Thüringen

Technik Marode Busse im Verkehr: Verband sieht Kunden in der Pflicht

17. Juli 2023, 13:10 Uhr

Dreimal hat die Thüringer Autobahnpolizei in diesem Jahr marode Reisebusse aus dem Verkehr gezogen. Der Busunternehmerverband meint, der Kunde könne solche Zwischenfälle vermeiden, wenn er nicht auf jeden Cent schaue.

Kaputte Reifen, defekte Federung und durch die Tüv-Prüfung einen Tag zuvor gerasselt: Am 2. Juli rief ein Lehrer, der mit seiner Schülergruppe von Berlin nach Frankfurt per Bus über die Autobahn in Thüringen rollte, bei Weimar die Polizei. Die untersagte die Weiterfahrt.

Zwei Wochen zuvor hatten Schüler, die für ihre Klassenfahrt eigentlich noch viel weiter nach Süden wollten, selbst den Notruf gewählt und ihren Reisebus bei Triptis stoppen lassen. Rauch war nach Angaben der Polizei in den Innenraum gedrungen. Die Sorgen der Schüler hatte der belarussische Busfahrer eines polnischen Busunternehmens zuvor offenbar nicht verstanden.

Die Polizei hat an einer Autobahn-Raststätte im Weimarer Land erneut einem vollbesetzten Reisebus die Weiterfahrt verboten. Grund waren laut Polizei erhebliche technische Mängel.
An einer A4-Raststätte im Weimarer Land hatte Anfang Juli ein Lehrer die Polizei alarmiert, weil der Bus mehrere größere Defekte hatte. (Archivfoto) Bildrechte: Autobahnpolizei

Busverband: Nicht das billigste Angebot nehmen

Tilman Wagenknecht, Geschäftsführer des Verbands der Mitteldeutschen Omnibusunternehmen (MDO), sieht für solche Vorfälle einen Teil der Verantwortung bei den Kunden. "Wer auf Teufel komm raus das allerbilligste Angebot nimmt, kann damit natürlich reinfallen", sagt er. Dann könne der Kunde an unseriöse Anbieter geraten, die gar nicht selber fahren, sondern den Aufrag womöglich an Subunternehmer weiterreichen. "Schon den zweitbilligsten Anbieter zu nehmen, kann hilfreich sein."

Busbetrieb mit schlechten Erfahrungen bei unseriösen Anbietern

Dass mancher Anbieter unseriös arbeitet, bestätigt das Busunternehmen Köber aus Thalbürgel im Saale-Holzland-Kreis. Einer von zwei Reisebussen des Familienbetriebs wurde zum Hermsdorfer Kreuz gerufen und brachte die Schüler aus dem in Triptis gestoppten Bus von der Polizei spät abends nach Jena in eine Unterkunft. "Wir haben schon unsere Erfahrung gemacht mit solchen Reiseanbietern", sagt Roswita Köber.

Dem Honorar für eine Busfahrt habe man wochenlang hinterherrennen müssen. "Wir wissen inzwischen, wie bei manchen die Zahlungsmoral ist, und lassen die Finger davon, wenn Anfragen an uns kommen."

Wir wissen inzwischen, wie bei manchen die Zahlungsmoral ist, und lassen die Finger davon.

Roswita Köber Busunternehmen Köber aus Thalbürgel

Im vorliegenden Fall habe man auf Vorkasse bestanden - und das hat dann auf elektronischem Weg auch gut funktioniert. Verbandschef Wagenknecht bestätigt, dass Hilfsgesuche unter Bus- und Reiseunternehmen üblich sind. "Es gibt ja auch ganz unspektakulär mal eine Panne - und dann muss es irgendwie weitergehen. Es wird mal ein Fahrer krank oder es werden Busse und Fahrer für einen Schienenersatzverkehr gebraucht." Zudem sei im Sommer die Nachfrage besonders hoch, da werde es schon mal eng.

Große Mängel an Bussen: Polizei spricht von Einzelfällen

Grundsätzlich betont er: Der Bus ist das sicherste Verkehrsmittel auf der Straße, deutlich sicherer als das Auto. "Bei der Bahn ist es völlig normal, dass Züge mit technischen Mängeln liegen bleiben." So wie am 8. Juli, als ein ICE auf einer Brücke im Thüringer Wald stehen blieb und die Passagiere umsteigen mussten. Verspätung inklusive.

Die genannten Vorfälle mit Reisebussen seien laut Wagenknecht Einzelfälle. Das bestätigt auch die Thüringer Autobahnpolizei. Bei 18 Kontrollen bisher in diesem Jahr - im Gesamtjahr 2022 waren es 22 - habe man insgesamt nur drei Busse stoppen müssen. Probleme mit dem Verkehrsmittel seien nicht die Regel. Und wenn erhebliche technische Mängel entdeckt werden, ist stets ein Bußgeld fällig.

MDR (rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 17. Juli 2023 | 09:00 Uhr

26 Kommentare

Reuter4774 vor 42 Wochen

Gerade fordern hier in Deutschland einzelne Gruppen statt Deutschlandticket für 49€ ( viel zu niedrig kalkuliert) noch niedrigere Dumpingpreise für sich ( Studenten und Senioren für 29€/ Monat). Ja wovon soll denn in Fahrzeuge, Infrastruktur, Personal ... investiert werden? Von dem Geld das nicht da ist weil nicht mal die Ticketpreise noch kostendeckend sein dürfen? Nein wir müssen Leistung wieder honorieren.

Sia vor 42 Wochen

Der Preis gibt keine Auskunft über die Qualität. Wenn jetzt alle "billiganbieter" ihre Preise um 50% anheben, wird keiner davon in die Busse investieren.
Ausserdem, wie soll ein normaler Mensch berechnen, was eine Fahrt kosten sollte? Dazu müSte man erstmal wissen aus welchem Land der Fahrer kommt, was er für einen Stundblohn hat, dann noch wie die Abschreibungen für den Fuhrpark ist, ob die Preise zum auffüllen leerer Plätze sind oder nicht, was das Unternehmen dem Hotel zahlt...... also das ist schon recht viel was sie da mit nachrechnen verlangen. Deshalb gibt es ja fast überall Siegel.

Thommi Tulpe vor 42 Wochen

"Der Busunternehmerverband meint, der Kunde könne solche Zwischenfälle vermeiden, wenn er nicht auf jeden Cent schaue."
Man kann derartige Zwischenfälle auch damit vermeiden, erst gar nicht Kunde von Unternehmen zu werden, die (marode) Busse auf die Straßen schicken.

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