Naturschutzgebiet "Hohe Schrecke" Hohe Strafzahlung für Holzeinschlag: Firma soll 130.000 Euro bezahlen

15. Februar 2023, 17:35 Uhr

Im Naturschutzgebiet "Hohe Schrecke" waren im Winter 2021/2022 sehr viele alte Buchen gefällt worden. Zu viele - hatte eine Prüfung des Thüringer Landesumweltamtes später ergeben. Das Lindhorst-Unternehmen, dem der Wald gehört, darf ihn zwar forstwirtschaftlich nutzen. Für das "Zuviel" fordert das Land Thüringen jetzt aber ein hohes Bußgeld.

Für einen Holzeinschlag im Naturschutzgebiet "Hohe Schrecke" im Winter 2021/2022 hat das Land Thüringen eine hohe Strafzahlung gefordert. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN hat die "Naturerbe Hohe Schrecke GmbH" als Flächeneigentümerin - ein Unternehmen der Lindhorst-Gruppe - bereits Ende 2022 einen Bußgeldbescheid über 130.000 Euro erhalten.

Das Landesumweltamt will sich zu dem Fall nicht äußern. Ein Sprecher sagte zur Begründung, das Verfahren sei nach wie vor nicht abgeschlossen. Auch das Unternehmen wollte die geforderte Summe auf Anfrage von MDR THÜRINGEN nicht bestätigen.

Beim Baumfällen erlaubtes Maß überschritten

Das Ordnungswidrigkeits-Verfahren gegen das Lindhorst-Unternehmen läuft jetzt seit mehr als acht Monaten. Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz hatte es nach mehrmonatiger Prüfung im Sommer 2022 eröffnet. Insbesondere nach einem Drohnen-Flug über die Flächen waren die Fachleute der Behörde zum dem Schluss gekommen: Die Forstarbeiter haben den Baumbestand im Auftrag des Waldeigentümers stärker "aufgelichtet", als es im Naturschutzgebiet "Hohe Schrecke" erlaubt ist.

Das Amt gibt die Größe der betroffenen Fläche mit etwa 60 Hektar an. Die Lindhorst-Gruppe besitzt in der "Hohen Schrecke" über 1.000 Hektar Wald. Rund ein Fünftel davon wird wegen seines Wertes für den Naturschutz gar nicht forstwirtschaftlich genutzt.

Land Thüringen fordert besonders hohes Bußgeld

Mit dem festgesetzten Bußgeld in Höhe von 130.000 Euro fordert das Land mehr als das Anderthalbfache der Summe, die die Naturschutzgebietsverordnung vorsieht. Dort ist geregelt, dass eine Ordnungswidrigkeit im geschützten Wald mit einer Geldbuße bis 50.000 Euro geahndet werden kann. Allerdings bestimmt das Ordnungswidrigkeitengesetz in Paragrapf 17, Absatz 4: "Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden." Offenbar schätzt das Landesumweltamt den Erlös aus dem Verkauf der alten Buchenstämme deutlich höher als 50.000 Euro ein.

Lindhorst-Firma sieht sich zu Unrecht beschuldigt

Der Waldeigentümer bestätigte, einen Bußgeldbescheid erhalten und Widerspruch eingelegt zu haben. Ein Sprecher der Lindhorst-Gruppe betonte, die verantwortlichen Fachleute im Unternehmen seien nach wie vor überzeugt, dass alle Beanstandungen unberechtigt sind. Das Naturschutzgebiet "Hohe Schrecke" gilt als einer der wertvollsten und ursprünglichsten Wälder Deutschlands und ist FFH-Gebiet.

Zum Aufklappen: Was ist ein FFH-Gebiet?

Die Abkürzung FFH steht für Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Die Gebiete sind Teil eines Projekts der Europäischen Union, dessen Ziel es ist, ein Schutzgebietsnetz aufzubauen, das wildlebende Pflanzen- und Tierarten und deren Lebensräume erhält. Dieses Netz wird als Natura 2000 bezeichnet.

Welche Gebiete für dieses Netz geeignet sind, bestimmen die Richtlinien Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und die Vogelschutzrichtlinie. Die Bundesländer stellen Listen dieser Schutzgebiete zusammen. In Thüringen gibt es 212 FFH-Gebiete auf einer Fläche von rund 270.000 Hektar, das entspricht etwa 17 Prozent Landesfläche.

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 15. Februar 2023 | 15:00 Uhr

33 Kommentare

goffman am 16.02.2023

Prinzipiell sehe ich kein Problem damit, auch aus einem Naturschutzgebiet Holz zu ernten und auch geschützten Wald wirtschaftlich zu nutzen, z.B. auch mit wenigen Wanderwegen für Touristen oder einzelnen Windkraftanlagen.

Denkmalschutz bei einem Haus schließt auch nicht aus, dass man darin wohnt und es wirtschaftlich nutzt.

Auf das Maß und den Erhaltungswillen kommt es an.
Den sehe ich in diesem Fall nicht.
Von daher halte ich den Bußgeldbescheid für richtig, die Höhe vielleicht sogar für zu niedrig. Schön wäre es, wenn das Bußgeld auch für den Natur- und Artenschutz Verwendung fände.

camper21 am 16.02.2023

Sabine, diese Erntemaschinen haben schon vielen Menschen das Leben gerettet. Bäume fällen ist sehr gefährlich, es gab früher weitaus mehr tödliche Arbeitsunfälle, als heutzutage

Harka2 am 16.02.2023

@GuterMensch
Wenn ich in meinem Vorgarten eine Tanne umnieten will, weil sie in die Stromleitung wächst, brauche ich eine Genehmigung vom Amt. Nur weil es mein Baum auf meinem Grundstück ist, kann ich da nicht machen was ich will. Eigentum verpflichtet! Die Stadt hat mir übrigens erlaubt, den Baum zu fällen.

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