Selenskyj und Trump
Händeschütteln im September 2019 in New York. Bildrechte: imago images/ZUMA Press

Ukraine-USA Warum die Ukraine eine prominente Rolle bei der US-Wahl spielt

03. November 2020, 12:14 Uhr

Seit der Ukraine-Affäre im letzten Jahr wurde die Ukraine zum Spielball der US-Politik. Vor den Schicksalswahlen in den USA am Dienstag übt sich die Staatsführung in Kiew in Neutralität. Für den Präsidenten Selenskyj ist das nicht einfach – auch weil sein Vorgänger Poroschenko Hillary Clinton unterstützte.

Mann vor Flagge
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Am Rande des langjährigen Konflikts mit Russland ist die Ukraine von der politischen, finanziellen und militärischen Hilfe der USA stark abhängig. Die Ukraine-Affäre um ein Telefonat im Sommer 2019 zwischen den Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump erschwert seitdem die Beziehungen zwischen Kiew und Washington. Vor der Präsidentschaftswahl am Dienstag versucht es die Ukraine nun, möglichst ihre Neutralität zu behalten. Einfach ist das nicht, denn zu sehr ist Kiew inzwischen in die US-Innenpolitik verwickelt.

Selenskyjs Vorgänger unterstützte Clinton

Selenskyjs Vorgänger Petro Poroschenko stellte sich etwa bei der letzten Wahl offen auf die Seite von Hillary Clinton. Medienberichten zufolge half die ukrainische Botschaft in Washington sogar, belastende Informationen gegen Paul Manafort, den Wahlkampfmanager von Trump, zu sammeln. Darüber hinaus machten ranghohe Offizielle vor der Wahl 2016 in sozialen Medien keinen Hehl daraus, dass sie die US-Demokraten unterstützen. Gleichzeitig pflegte Poroschenko selbst eine enge Beziehung zum damaligen Vizepräsidenten und heutigen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden.

Petro Poroschenko und Joe Biden, 2015
Petro Poroschenko pflegte eine enge Beziehung zum damaligen Vizepräsidenten und heutigen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. Bildrechte: imago images / ITAR-TASS

Biden will Ukraine mit Waffen unterstützen

Daher war es wenig überraschend, dass die Ukraine für Trump überwiegend keine Rolle spielte. "Es war damals ein großer Fehler, sich derart für Clinton aus dem Fenster zu lehnen", sagt Wolodymyr Fessenko, Vorstandsvorsitzender des Zentrums für angewandte politische Forschung "Penta", dem MDR. Dass Biden nun verspricht, die Hilfen an Kiew, darunter auch Waffenlieferungen, erhöhen zu wollen, mache ihn nicht gleich zum besseren Kandidaten für Kiew, meint Fessenko.

Dem Politologen zufolge mache es Selenskyj genau richtig, dass er auf der Neutralität besteht. Denn wichtig sei vor allem, die Unterstützung sowohl der Demokraten als auch der Republikaner im US-Kongress zu behalten, die Kiew seit Jahren hat. Diese sei für verschiedenen Hilfen ausschlaggebend. Die pro-westlichen Politiker tendieren in der Ukraine dennoch dazu, Biden zu unterstützen.

Scharfschütze schaut aus einem Fenster. Das Gewehr trägt einen Schalldämpfer.
Wieviel Militärhilfe wird es nach der Wahl aus den USA geben? Auch das hängt vom Kandidaten ab. Bildrechte: imago/EST&OST

Warum wurde Generalstaatsanwalt Schokin entlassen?

Das kommt nicht von ungefähr. Denn als Vizepräsident unter Barack Obama bestimmte der heute 77-jährige Biden überwiegend die Ukraine-Politik und beschäftigte sich auch mit dem schwierigen Reformprozess im Land. Während seiner Amtszeit saß sein Sohn Hunter allerdings zwischen 2014 und 2015 im Aufsichtsrat von Burisma, der auf Zypern registrierten ukrainischen Gasholding, die einem umstrittenen Minister aus der Regierung des ukrainischen Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch gehört. Der damalige Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin ermittelte anschließend wegen möglicher Geldwäsche und Steuerhinterziehung gegen Burisma. 2016 wurde Schokin, der in der Ukraine ohnehin als korrupt galt, entlassen. Zwei Jahre später erzählte Joe Biden von sich aus, wie er die Entlassung von Schokin von der ukrainischen Staatsführung forderte.

"Ukraine-Affäre" hat bis heute Folgen

Dies soll allerdings nicht mit der Burisma-Ermittlung, sondern ausschließlich mit den Machenschaften des Generalstaatsanwalts zu tun haben. Das Thema wurde dann im Juli 2019 von Donald Trump im Telefonat mit dem neuen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgegriffen. Während des Gesprächs bat Trump seinen ukrainischen Amtskollegen, belastendes Material gegen Joe Biden zu liefern. Von der Erfüllung der Bitte Trumps, hing unter anderem die US-Militärhilfe ab. Das ursprüngliche Telefonat wurde zum Schlüsselpunkt der sogenannte Ukraine-Affäre, die zum Amtsenthebungsverfahren gegen Trump führte.

Bidens Sohn wird erneut zum Thema

Bei der diesjährigen US-Wahl wurde Hunter Biden erneut zum Thema. So veröffentlichte die konservative Boulevardzeitung New York Post im Oktober einen Bericht, der den Sohn des US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zusätzlich belasten soll. In einer E-Mail soll sich ein Berater von Burisma bei Hunter Biden für die Organisation eines Treffens mit seinem Vater, damals US-Vizepräsident, bedankt haben.

An der Glaubwürdigkeit der Geschichte gibt es Zweifel. Der Mailverkehr soll von einem Laptop stammen, der im letzten Jahr angeblich zur Reparatur in Bidens Heimatstadt Delaware abgegeben und nie abgeholt wurde. Der Besitzer des Ladens, ein Unterstützer des amtierenden Präsidenten Donald Trump, konnte Biden als Kunden nicht eindeutig identifizieren. Dennoch beziehen sich Trump und sein Team gerne darauf. "Hunter Bidens Laptop ist eine Katastrophe für die gesamte Familie Bidens", schrieb er etwa auf Twitter.

Trumps Freunde in der Ukraine

Obwohl Selenskyj Trump nicht in die Karten spielen will und kaum etwas unternimmt, hat der US-Präsident dennoch seine Verbündeten in der ukrainischen Politik. Dazu zählt unter anderem der mächtige Oligarch Ihor Kolomojskyj, der eine kleine Abgeordnetengruppe innerhalb der Selenskyj-Partei "Diener des Volkes" kontrolliert. Gegen Kolomojskyj wird in den USA wegen Geldwäsche ermittelt, vermeintlich auf Wunsch der Demokraten. Aber auch die prorussischen Kräfte unterstützen den amtierenden Präsidenten. So veröffentlichte der russlandfreundliche Abgeordnete Andrij Derkatsch mehrere Aufnahmen der Gespräche zwischen Biden und Poroschenko. Tief belastet haben sie Biden nicht, dennoch gelangte Derkatsch neulich auf die Sanktionsliste der US-Regierung wegen der angeblichen Wahlkampfbeeinflussung.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. Dezember 2019 | 06:00 Uhr

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