Ein Beamter steht vor einem Monitor, der eine Live-Übertragung aus dem Verhandlungssaal zeigt, in dem Alexej Nawalny (3.v.l), Oppositionspolitiker aus Russland, während einer vorläufigen Anhörung in der Strafkolonie Melechowo spricht.
Der russische Oppoistionelle muss sich in einem neuen Prozess im Hochsicherheits-Straflager IK-6 in Melechowo verantworten. Bildrechte: picture alliance/dpa/AP | Alexander Zemlianichenko

Russischer Oppositioneller Vorwurf "Extremismus": Neuer Prozess gegen Nawalny hat begonnen

19. Juni 2023, 20:22 Uhr

In Russland hat ein neuer Prozess gegen Kremlkritiker Alexej Nawalny begonnen. Dem 47-Jährigen wird dabei "Extremismus" vorgeworfen. Im Verhandlungssaal zweifelte er unter anderem die Zuständigkeit des Richters an.

Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny steht erneut vor Gericht. Der Prozess gegen den Kremlkritiker begann im Hochsicherheits-Straflager IK-6 in Melechowo, wo Nawalny inhaftiert ist. Der Ort befindet sich etwa 235 Kilometer östlich von Moskau. Nawalny werden diesmal unter anderem die Anstiftung und Finanzierung von Extremismus sowie die Gründung einer extremistischen Organisation vorgeworfen. Dafür droht ihm eine 30-jährige Haftstrafe.

Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – Journalisten sind im Verhandlungssaal nicht zugelassen. Sie konnten das Verfahren zwar per Videoübertragung aus einem nahegelegenen Raum verfolgen, allerdings war der Ton nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters kaum verständlich. Auch Nawalnys Eltern waren nach Melechowo gereist, sie durften aber ebenfalls nicht in den Verhandlungssaal.

Mehr als 3.000 Seiten Anklage - kaum Zeit für Anwälte

Nawalny äußerte sich demnach etwa drei Minuten lang. Er zweifelte die Zuständigkeit des Richters an, der einem Moskauer Gericht angehöre, ihm aber in einer Strafkolonie weit von der Hauptstadt entfernt den Prozess mache. Kurt vor Prozessbeginn hatte Nawalny erklärt: "Auch wenn der Umfang der Akten klar macht, dass ich ein raffinierter und hartnäckiger Krimineller bin, ist es unmöglich, herauszufinden, was genau mir vorgeworfen wird." Seine Anwälte hatten lediglich zehn Tage Zeit erhalten, um die 196 Ordner mit insgesamt 3828 Seiten umfassende Anklage zu sichten. Der Kreml lehnte eine Stellungnahme ab. "Wir verfolgen diesen Prozess nicht", erklärte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.

Nawalny kündigt neue Antikriegskampagne an

Angesichts des Prozess-Beginns ließ Nawalny durch sein Team über den Beginn einer neuen Anti-Kriegs-Kampagne informieren. Mit der Hilfe vieler Freiwilliger wolle er etwa in sozialen Netzwerken Millionen Russen erreichen und sie nach und nach von der Sinnlosigkeit der Kämpfe gegen die Ukraine überzeugen, schrieb er in einem auf seiner Homepage veröffentlichten Beitrag.

Nawalny seit über zwei Jahren inhaftiert

Nawalny war 2020 nach einer Vergiftung in der Berliner Charité behandelt worden. Nach seiner Genesung kehrte er im Januar 2021 nach Russland zurück, wurde sofort verhaftet und später zu neun Jahren Gefängnis wegen "Betrugs" verurteilt. Der 47-Jährige macht für die Vergiftung den Kreml verantwortlich und spricht von politisch motivierten Prozessen.

AFP, Reuters, MDR (fef)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 19. Juni 2023 | 13:00 Uhr

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