Dienstags direkt | 12.09.2023 | 20-23 Uhr Staffelübergabe: Suche nach Nachfolgern und Mitarbeitern im Handwerk
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09. September 2023, 16:18 Uhr
Wie sehen die betroffenen Unternehmen ihre Lage und welche Ideen haben sie für Verbesserungen im Bereich der Nachwuchsgewinnung? Darüber haben wir bei Dienstags direkt gesprochen - live in einem Handwerksbetrieb.
Am 16. September ist der Tag des Handwerks. Er soll die Sichtbarkeit des Handwerks erhöhen. Seit Jahren geht es aber um mehr als um Sichtbarkeit – für viele Firmen geht es um die Existenz. Gestiegene Kosten für Energie und Materialien sind die eine Seite der Problem-Medaille. Auf der anderen Seite ist der Arbeitskräftemangel, der inzwischen nahezu alle Branchen betrifft.
Mitarbeiter gewinnen durch eigene Ausbildung
Mehr Leute könnte auch die Holzbau Lepski GmbH in Dresden gebrauchen. Arbeit gibt es genug. Dennoch kann Geschäftsführer Ralf Lepski nicht über Mangel an Nachwuchs klagen. Pro Jahr nehme die Firma einen Azubi auf. In diesem Jahr konnte Lepski unter 14 Bewerbern wählen. Beständigkeit sei das Erfolgsrezept, meint der Zimmerermeister.
Die Firma sei seit Jahren als verlässlicher Ausbildungsbetrieb bekannt. Außerdem sei man zwar ein Betrieb, der traditionelle Handwerkskunst vermittle. Zugleich wandle sich auch die Holzbaubranche rasant. Lepski ist deshalb froh, dass sein Sohn nicht nur ins Unternehmen eingestiegen ist, sondern eine zweite, eigene Firma gegründet hat, die sich aufs Konstruieren spezialisiert habe. Das komme auch dem Holzbaubetrieb zugute, den der Sohn in naher Zukunft übernehmen soll. Für die Übergabe haben beide einen Zeitraum von zehn Jahren angesetzt.
Mitarbeiter gewinnen durch Suche im Ausland
Die Teigwaren Riesa GmbH, mit ca. 125 Mitarbeitern, ist kein Handwerksbetrieb. Auch wenn handwerkliches Geschick durchaus gewünscht ist, sagt Mike Hennig, einer der beiden Geschäftsführer. Am liebsten hat er Leute im Team, die ein Händchen für die Produktion aber auch Köpfchen haben. Automatisierung habe ihre Grenzen.
Gerade in der Lebensmittelindustrie sei der Mensch oft noch unerlässlich. Teig sei schließlich ein lebendiger Werkstoff. Weil sich in der Region nicht ausreichend Arbeitskräfte finden lassen, ist die Firma selbst aktiv geworden. Gemeinsam mit dem Arbeitsamt werbe man auch im Ausland Interessierte an. Voraussetzung sei, dass nicht nur die fachlichen Voraussetzungen stimmen, sondern auch ein gewisses Maß an Sprachkenntnissen mitgebracht würde.
Deshalb führe man Bewerbungsgespräche zwar per Video-Call, aber auf Deutsch. Sich mit den Riesaern und den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb verständigen zu können, sei enorm hilfreich. Das wirke sich auch auf die Willkommenskultur in der Stadt aus.
Mitarbeiterinnen gewinnen - auch in Führungsrollen
Nancy Nielsen kann zu allen angesprochenen Themen etwas sagen. Sie hat das von ihr geführte Unternehmen "Wandschutz Nielsen" in Bad Lobenstein an der Grenze von Thüringen zu Sachsen von den Eltern übernommen. Der personell recht überschaubare Betrieb ist unter ihrer Leitung auf rund 20 Personen gewachsen. Männer und auch viele Frauen. Vor allem in Führungsrollen gäbe es nicht nur im Handwerk noch immer zu wenige Frauen. Und die Tendenz sei sogar rückläufig. Durch ihre Arbeit in Netzwerken führe sie viele Gespräche und erfahre, dass Frauen im Zweifel der Familie den Vorrang geben. Das Sicherheitsstreben habe sich in der Corona-Pandemie wieder verstärkt und die Politik unternehme zu wenig, um Unternehmerinnen oder Frauen, die als Selbstständige arbeiten wollen, ausreichend abzusichern. Was aus ihrer Sicht in Deutschland zu wenig gefördert werde, sei eine Kultur des Scheiterns. Viele Frauen hätten Sorge, dass sie, wenn ein Plan sich als nicht tragfähig erweise, auch wirtschaftlich vor dem Nichts stünden.
Ausbildung statt Studium
Nicht nur Handwerksbetriebe suchen Nachwuchs. Auch global agierende Firmen brauchen Jahr für Jahr junge Menschen, die sich für eine Lehre in der Produktion interessieren - also mit den Händen arbeiten wollen. Auch auf die Gefahr hin, sie sich mal schmutzig zu machen.
Wir haben mit Katarina Taller, Auszubildende Fachkraft für Lagerlogistik im 3. Lehrjahr bei der STILL GmbH, und mit Justin Zulueta, der in dem Unternehmen gerade eine Ausbildung zum Mechatroniker begonnen hat, gesprochen. Wie es kam, dass sie sich für solch einen Berufsweg entschieden haben?
Gäste der Sendung:
...und Gastgeber der Live-Sendung am 12. September in Königsbrück
- Karsten Lorenz | Steuerberater
Die Klimawende, die Nutzung erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit - all das sind nicht nur Zukunftsthemen, die die Bürger aktuell bewegen, sondern auch Themen, die das Sanitär-Heizung-Klima- Handwerk besetzt. Damit werben wir für unser Gewerk. Denn es bietet jungen Menschen Perspektiven, mit ihrer zukünftigen Berufstätigkeit Lösungen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit zu finden.
Interviewpartner:
Ralf Lepski | Geschäftsführer "Holzbau Lepski GmbH"
Mike Hennig | Geschäftsführer "Teigwaren Riesa GmbH"
Nancy Nielsen | Unternehmerin "Wandschutz Nielsen"
Katarina Taller | Auszubildende bei der STILL-GmbH (Fachkraft für Lagerlogistik, 3. Lehrjahr)
Justin Marten Zulueta | Auszubildender bei der STILL-GmbH (Fachkraft für Mechatronik, 1. Lehrjahr)
Matthias Klug | Senior Director Marketing Communications & HR Marketing
Prof. Antonio Roldán-Ponce | Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationales Management an der FH Dresden
Moderation:
Redaktionelle Betreuung: Stephan Wiegand
Leitung: Ines Meinhardt