Mann zeigt mit dem Finger auf die Kamera
Der Anti-RB-Leipzig-Song von diversen Rappern hat auf Youtube über zwei Millionen Views. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Bundesliga RB Leipzig: Immer noch zwischen Liebe und Hass?

26. August 2023, 05:00 Uhr

RB Leipzig polarisiert seit der Vereinsgründung 2009. Die meiste Kritik der Rivalen der RasenBaller ist friedlich. Doch mitunter kippt die Stimmung in blanken Hass. 2017 der Tiefpunkt: Beim Auswärtsspiel gegen den BVB in Dortmund kommt es zu Gewalt, auch gegen Frauen und Kinder. Wie sieht es heute aus, wenn eine Familie zum Spiel ins Ruhrgebiet fährt?

Seit es RB Leipzig gibt, polarisiert der Fußballverein. Während der RasenBallsport-Verein in Leipzig das Stadion füllt, Familien anlockt und Fans friedlich die Erfolge feiern – wie etwa den zweifachen Gewinn des DFB-Pokals – haben viele Fans anderer Vereine ein Problem mit RB. Denn RB Leipzig ist 2009 durch den Getränkehersteller Red Bull gegründet worden. Seitdem hat der österreichische Konzern einige hundert Millionen Euro in den Club gesteckt und der hat es so aus der fünften Liga bis in die Bundesliga geschafft. Das hat neben den sportlichen Erfolgen auch dazu geführt, dass RB Leipzig bundesweit blanker Hass entgegenschlägt.

Familie mit Fußballfahne von RB Leipzig
Familie Arndt fährt seit vielen Jahren zu fast jedem Auswärtsspiel von RB Leipzig. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Das hat auch Familie Arndt bereits erleben müssen. Die sechs Fans fahren seit dem Bundesliga-Aufstieg im Jahr 2016 zu fast jedem Auswärtsspiel von RB Leipzig. MDR exakt hat Vater Silvan, Mutter Nadine und die Kinder Felix, Mia, Julienne und Finja zum Spiel beim BVB Anfang März begleitet. Die Familie war auch bereits 2017 in Dortmund dabei. Die Polizei sprach bei den Übergriffen auf die RB-Fans von "extremer Aggressivität auch gegen Frauen und Kinder". Es waren die schwersten Ausschreitungen, die es jemals gab gegen Fans von RB Leipzig.

Deswegen ist dieses Gefühl der Angst da, wenn du mit der Familie zum Fußball fährst.

Silvan Arndt RB-Fan

"Bei dem ersten Spieltag, wo wir dort waren gegen Dortmund, sind wir richtig getreten und geschubst worden", berichtet Vater Silvan von den Erlebnissen. "Deswegen ist dieses Gefühl der Angst da, wenn du mit der Familie zum Fußball fährst." Doch die Arndts wollen sich nicht einschüchtern lassen und fahren nun sechs Stunden mit dem Bus.

Rap-Video gegen RB mit Gewalt-Fantasien?

Im Ruhrgebiet ist die Ablehnung gegen die Leipziger Mannschaft besonders groß. Ein Beispiel: Rapper M.I.K.I. – der ist auch großer Fan von Borussia Dortmund. In vielen seiner Lieder geht es um den BVB und Fußball. Doch eine seiner erfolgreichsten Singles ist ein Anti-RB-Leipzig-Song. Der hat über zwei Millionen Views auf Youtube.

"Willkommen in der Hölle. Die Bundesliga hasst dich", lautet eine der Zeilen. Im Video wird ein Fan von RB Leipzig durch maskierte Männer gekidnappt und anschließend mit Waterboarding gefoltert. "Weil du Scheiße bist. Ungeziefer. Plastik." Den Song hat M.I.K.I, der Musik nebenberuflich macht, gemeinsam mit anderen Rappern aus anderen Städten aufgenommen. Sie sagen: RB gibt es nur, um die Getränke zu bewerben.

Über die drastische Gewalt im Video sagt M.I.K.I., dass sie die Übertreibung als Stilmittel genutzt hätten. "Weil, wenn du einfach nur sagst: 'RB ist doof', dann hört es keiner." So seien die Leute geschockt gewesen und es haben viele geschaut. "Das ist unser erfolgreichstes Ding geworden."

Collage exactly: RB Leipzig - 21.08.2024 31 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auch nicht alle RB-Fans sind friedliche Familien

Inzwischen sind die Busse mit den RB-Fans auf einem Parkplatz in der Nähe des Dortmunder Westfalen-Stadions angekommen. "Noch ist es relativ harmlos und friedlich. Wenn es so bleibt: Ich habe nichts dagegen", sagt Silvan Arndt. "Wir wollen hier eigentlich nur Fußball leben und Fußball zelebrieren. Wir feuern unsere Mannschaft an und die ihre. Wir sind nicht hier, um irgendwelchen Hass zu versprühen."

Wir sind nicht hier, um irgendwelchen Hass zu versprühen.

Silvan Arndt RB-Fan

Offenbar gibt es aber auch RB Leipzig-Fans, die das anders sehen. Während Familie Arndt und die anderen Fans von der Polizei ins Stadion eskortiert werden, singen einige mit rot-weißem Schal: "BVB Hurensöh-öh-ne! Halle-halle-halle-halle-oh! BVB Hurensöh-öh-ne!"

Ein Argument der RB-Kritiker

Ein häufiges Argument der Kritikerinnen und Kritiker von RB lautet, dass in Leipzig nur Red Bull bestimmt und die sogenannte 50+1-Regel nicht greifen würde. Das ist eine Regelung der Deutschen Fußball Liga, die sicherstellen soll, dass die Mitglieder eines Vereins alle wichtigen Entscheidungen demokratisch treffen können. So soll sichergestellt werden, dass der Einfluss der Sponsoren nicht überwiegt.

Dieses Entscheidungsrecht des Vereins gibt es auch in Leipzig. Aber bei RB sind nur etwa 20 Mitglieder im Verein stimmberechtigt. Zum Vergleich: Beim BVB gibt es rund 170.000 Vereinsmitglieder. Wer volljährig ist, ist stimmberechtigt.

"Wir haben nicht das Ziel, dass wir jetzt irgendwie 300.000 Mitglieder haben", erklärt Ulrich Wolter. Er sitzt im RB-Vorstand und ist dort unter anderem für die Fanarbeit verantwortlich. Denn diese Mitgliedschaft "berechtigt dann dazu, fünf Prozent auf Merch-Artikel und einmal im Jahr kann man dann das Stadion besuchen, wie das bei manch anderen Vereinen ist." Er bezweifle, dass dies eine besondere Teilhabe oder Mitsprache sei. Wolter betont, dass das Vorgehen von RB in Bezug auf das Sponsoring-Modell und den Zugang der Fans zum Verein rechtlich sauber sei.

Die Sicht eines Fans auf die wenigen Vereins-Mitglieder

In Dortmund hat der BVB das Spiel mit 2:1 gewonnen. Vor dem Stadion erklärt ein Borussia-Fan: "Leipzig ist für mich Red Bull Leipzig. Die gibt es für mich gar nicht." Wenig später rufen einige Fans mit gelb-schwarzen Schals: "Hey, hey, RB Leipzig Hurensöhne. Hey, hey! Hey, hey, RB Leipzig Hurensöhne, hey, hey!" Vater Arndt ärgert das und er sagt: "Ist das euer Anstand? Super, super! Ihr seid die Größten, Dortmund."

Ein paar Monate nach dem Spiel gegen Dortmund hat MDR Investigativ Familie Arndt zu Hause in Querfurt besucht. Das liegt in Sachsen-Anhalt, etwa eine Autostunde westlich von Leipzig. Was sagen sie zum Vorwurf, dass RB-Fans nicht genug Mitspracherecht beim Verein hätten? Arndt sagt: Vertreter von RB laden alle ein- bis drei Monate Delegierte der Fanclubs ein.

"Ich sehe uns quasi als die Arbeitnehmerschaft, die hat einen Betriebsrat, das ist bei uns der Fanverband und das Wirtschafts-Unternehmen wird durch die Geschäftsleitung geführt", so der Familienvater. Diese Führung seien die 20 Mitglieder plus Vorstand und Sponsor. "Und über den Betriebsrat, sprich über den Fanverband, werden wir erhört beim Verein. Uns wird eigentlich, was ich mitgekriegt habe, zu 90 Prozent jeder erfüllt." Für die neue Saison ist der Wunsch ein ganz großer: Das RB als erster Verein zum dritten Mal in Folge den DFB-Pokal gewinnt.

Quelle: mpö

Dieses Thema im Programm: MDR+ | MDR exactly | 21. August 2023 | 17:00 Uhr

16 Kommentare

Frank 1 vor 36 Wochen

@ Guter Schwabe, was wollten Sie mit Ihren schlichten Worten aussagen??? Vielleicht ist es Ihnen möglich das ganze substanziell belastbar zu erklären.

Voice vor 36 Wochen

Ich glaube immer an das Bestmögliche im Menschen und lehne Gewalt vollumfänglich ab. Möglicherweise ist das idealistisch. Sich aber hinzustellen und zu sagen, sind doch selber schuld an der Gewalt, weil sie so agieren, wie sie agieren, finde ich absolut verwerflich und verachtenswert.

GenervterZugezogener vor 36 Wochen

Der Profi-Fußball ist heutzutage überall nichts anderes als ein Geschäft, weshalb ich die Ablehnung RB Leipzig gegenüber schlicht und ergreifend lächerlich und heuchlerisch finde.

Liebe Fans, wenn Euch Traditionen und Werte so wichtig wären, dann hättet Ihr schon vor Jahren vehement, eindeutig und durch klare Aktionen wie lang andauernde Stadionboykotte (und nicht durch so einen Quatsch, wie sich die erste zehn Minuten umzudrehen) gegen die Kommerzialisierung vorgehen müssen. Aber im Zweifelsfall ist halt jeder Erfolg immer noch wichtiger als Integrität.

Entweder akzeptiert man, daß Geld den Fußball und den Erfolg eines Vereins, zumindest auf lange Sicht, bestimmt, dann muß man aber auch so etwas wie RB Leipzig, Hoffenheim oder die BVB-AG akzeptieren, oder man boykottiert den Profifußball so lange, bis er wieder auf ein gesundes Maß geschrumpft ist, meiner Meinung nach.