Baumscheibe einer Eiche aus Dransfeld/Deutschland mit 148 Jahresringen.
Baumscheibe einer Eiche aus Dransfeld/Deutschland mit 148 Jahresringen. Der tiefe Einschnitt bis in die Mitte zeigt die Position des für die Sauerstoffisotopenanalyse entnommenen Holzsegments. Bildrechte: Gerhard Helle/GFZ

Wissen-News Luft in Europa war in den vergangenen 400 Jahren nie so trocken wie heute

29. Dezember 2023, 11:52 Uhr

In den letzten Jahren war die Luft in Europa rekordverdächtig trocken. Das zeigen Daten aus Baumringen, die schweizer und deutsche Forschende auf neuartige Weise analysiert haben.

Für ihre Studie untersuchten die Experten von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam das Isotopenverhältnis von schwerem und leichtem Sauerstoff (18O/16O) in Baumringen aus einem europäischen Netzwerk von Waldstandorten. Dadurch konnten sie das Dampfdruckdefizit (Vapor Pressure Deficit, VPD) als Maß für die Lufttrockenheit seit dem Jahr 1600 rekonstruieren. Das Dampfdruckdefizit beschreibt den "Durst der Atmosphäre", das heißt die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem maximal möglichen Wassergehalt der Luft. "Durstige" Luft mit hohem VPD entzieht Böden und Pflanzen mehr Wasser, verringert das Wachstum der Vegetation und bedroht die Gesundheit der Wälder.

Langfristige Bedrohung für viele Ökosysteme

Die Analysen zeigen, dass die Luft über weiten Teilen Europas seit Beginn des 21. Jahrhunderts trockener geworden ist als je zuvor – und dieser Trend hält an. "Angesichts der Dürreereignisse in vielen Regionen Europas in den letzten Jahren ist dieser Befund wirklich besorgniserregend", erklärt die Studienautorin Kerstin Treydte vom WSL. Ein weiterer Anstieg des VPD stellt eine langfristige Bedrohung für viele lebenswichtige Ökosystemfunktionen dar. "Das Dampfdruckdefizit ist für die Landwirtschaft besonders wichtig, denn je höher es ist, desto größer ist der Wasserbedarf der Pflanzen. Es muss mehr bewässert werden und die Ernteerträge sinken. In den Wäldern sind der Holzvorrat und die Kohlenstoffspeicherung gefährdet, was zu Unsicherheiten hinsichtlich der Klimaregulierung und der Kohlenstoffspeicherung dieser Ökosysteme in der Zukunft führt", so Treydte.

Um die Unsicherheiten zu verringern, wurden Jahrringdaten von 45 Waldstandorten in ganz Europa zusammengestellt, die bis ins Jahr 1600 zurückreichen. Die Studie basiert auf der Analyse stabiler Sauerstoffisotope, das heißt Varianten des Sauerstoffs mit unterschiedlicher Masse. "Wir haben Baumring-Isotopendaten von Standorten in Deutschland, Spanien, Italien und der Türkei beigesteuert", erläutert Ingo Heinrich, der früher am GFZ forschte. Die Isotopenverhältnisse des Sauerstoffs (18O/16O) im Wasserkreislauf sind Indikatoren für klimarelevante Prozesse. Ihre Variabilität hängt besonders mit Veränderungen der atmosphärischen Feuchtigkeit zusammen, die von der Lufttemperatur und den Niederschlägen abhängen. Sauerstoffisotope werden von Bäumen bei der Wasseraufnahme durch die Wurzeln aufgenommen.

cdi/pm

2 Kommentare

der Demokrat vor 18 Wochen

"Luft in Europa war in den vergangenen 400 Jahren nie so trocken wie heute"
Also alles im Allen sehr bedenkliche Erkenntnisse.
Wird die Erde zu einem toten Planet?

Graf von Henneberg vor 18 Wochen

Ja, und das ohne Zutun der derzeitigen Regierung(en).