Astrophysik Supermassereiche Schwarze Löcher: Ähnliche Magnetfelder trotz unterschiedlicher Größe
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28. März 2024, 19:00 Uhr
Masse, Größe und Umgebung eines supermassiven schwarzen Lochs beeinflussen nicht seine physikalischen Prozesse. Zumindest geht eine internationale Forschungsgruppe davon aus, nachdem sie die beiden schwarzen Löcher Sagittarius A* und M87* und ihr umliegendes Magnetfeld im polarisierenden Licht untersucht haben.
Im Zentrum unserer Milchstraße ruht ein riesiges Schwarzes Loch: Sagittarius A*, in dem sich die Masse von etwa 4 Millionen Sonnen ballt. Dieses Objekt hat nun ein Team aus Astronomen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn, der Goethe-Universität Frankfurt am Main, dem Zentrum für Astrophysik in Harvard und anderen internationalen Instituten untersucht, und zwar in polarisiertem Radiolicht untersucht.
Mit dieser Methode konnten die Wissenschaftler jetzt ein starkes und organisiertes Magnetfeld nachweisen, das sich spiralförmig vom Rand von Sagittarius A* (Sgr A*) ausbreitet.
Zwei unterschiedliche Schwarze Löcher mit bemerkenswerter Ähnlichkeit
Im Jahr 2022 wurde das erste Foto von Sagittarius A* von Wissenschaftlern des globalen Radioteleskopen-Netzwerks EHT (Event Horizon Telescope) veröffentlicht. Die Veröffentlichung des ersten Fotos eines schwarzen Lochs – nämlich das von M87* im Zentrum der Galaxie Messier 87 – wurde im Jahr 2019 unter der Leitung des Astrophysikers Heino Falcke der Öffentlichkeit präsentiert.
M87* ist über 53 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und ist deutlich massereicher und tausendmal größer als Sgr A*. Dennoch sehen beide schwarzen Löcher bemerkenswert ähnlich aus, merkt die aktuelle Forschungsgruppe an.
Sgr A* und M87*: Beide haben starke Magnetfelder
Vereinen die beiden supermassereichen schwarzen Löcher über ihr Aussehen hinaus also andere gemeinsame Merkmale?
Frühere Studien zeigten bereits, dass es dem gewaltigen schwarzen Loch M87* möglich ist, starke Materialstrahlen (Jets) in die Umgebung zu schleudern – dank seines Magnetfelds. Sagittarius A* befindet sich etwa 27.000 Lichtjahre von uns entfernt und ist weitaus kleiner und masseärmer als M87*. Die neuen Aufnahmen deuten ebenfalls auf ein starkes Magnetfeld hin.
"Was wir jetzt sehen, ist, dass es starke, verdrehte und organisierte Magnetfelder in der Nähe des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraßengalaxie gibt", erklärt die Co-Leiterin des Projekts, Sara Issaoun (Harvard). Mit dem Vergleich zu M87* hat das Team "gelernt, dass starke und geordnete Magnetfelder entscheidend dafür sind, wie Schwarze Löcher mit dem Gas und der Materie um sie herum wechselwirken."
Licht: Die elektromagnetische Welle
Licht breiter sich als schwingende oder bewegende elektromagnetische Welle aus. Wir können Objekte erst wahrnehmen, wenn das Licht bei uns ankommt. Manchmal schwingt das Licht auch in einer bevorzugten und damit polarisierten Ausrichtung – die das menschliche Auge nicht von normalem Licht unterscheiden kann. Diese Teilchen wirbeln um die Magnetfeldlinien, die sich im Plasma um die schwarzen Löcher befindeen. Dadurch erzeugen sie ein Polarisationsmuster, das senkrecht zum Feld steht.
Die Polarisationsinformation des Lichts verrät der astronomischen Fachwelt viel über die physikalischen Eigenschaften des Gases und die Mechanismen, die bei der Fütterung eines Schwarzen Lochs ablaufen – und nicht nur, wie stark die Gesamtintensität ist. Dadurch können die Vorgänge in den Regionen der Schwarzen Löcher immer genauer beobachtet werden. Zudem können die Magnetfeldlinien kartiert werden.
Die Herausforderung polarisierendes Licht abzulichten
"Schwarze Löcher in polarisiertem Licht zu visualisieren ist nicht so einfach, wie eine polarisierte Sonnenbrille aufzusetzen", erklärt Maciek Wielgus vom MPIfR. Das Gas und Plasma in der Umgebung des schwarzen Lochs umkreisen Sgr A* innerhalb von wenigen Minuten. Da die Teilchen des Plasmas um die Magnetfeldlinien herumwirbeln, ändern sich die Magnetfeldstrukturen während der Aufzeichnung der Radiowellen durch das EHT schnell. Die Bildgebung wird durch diese raschen Veränderungen erschwert.
"Unser polarisiertes Bild von Sgr A* war das Ergebnis eines sorgfältigen Vergleichs zwischen den tatsächlichen Messungen und den Hunderttausenden möglicher Bildvarianten, die wir mithilfe fortgeschrittener Supercomputer-Simulationen erstellen können", sagt der theoretische Astrophysiker Luciano Rezzolla von der Goethe-Universität Frankfurt.
Trotz unterschiedlicher Masse: Fütterung und Jets ähnlich
Auch das ursprüngliche Bild von Sgr A* war ein Zusammenfügen mehrerer Schnappschüsse, erklären Rezzolla und Wielgus. Damit repräsentieren die neuen polarisierten Bilder ebenfalls eine Art Durchschnitt aller Messungen.
Die stellvertretenden EHT-Projektwissenschaftlerin Mariafelicia De Laurentis (Universität Neapel Federico II, Italien) schlussfolgert, dass die Unterschiede in Masse, Größe und Umgebung bei supermassereichen schwarzen Löchern universell sein können. Dennoch scheinen die physikalischen Prozesse, die die Fütterung und den Jetauswurf eines Schwarzen Lochs steuern, identisch zu sein.
Links/Studien
Die Studie erschien in mehreren Teilen am 27. März 2024 in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters unter dem Obertitel: EHT collaboration: First Sagittarius A* Event Horizon Telescope Results (Erste Sagittarius A* Event Horizon Telescope Ergebnisse).
(1) VII. Polarization of the Ring (VII. Polarisation des Rings).
(2) VIII. Physical Interpretation of the Polarized Ring (VIII. Physikalische Interpretation des polarisierten Rings).
Die Pressemitteilung des MPIfR erschien am 27. März 2024: Sagitarius A* – Astronomen enthüllen starke magnetische Felder am Rande des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße.
Die Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main erschien am 27. März 2024: Neues Bild vom Zentrum unserer Milchstraße: Spiralförmige Magnetfelder umgeben Schwarzes Loch Sagittarius A*.
Dieses Thema im Programm: WDR (Video) | Planet Wissen | 17. April 2024 | 10:55 Uhr