Astronomie Verdunkelung des Riesensterns Beteigeuze: Doch kein Sternenstaub, sondern Sonnenflecken?
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16. Juni 2021, 17:00 Uhr
Gerade dachten wir, das Geheimnis um die Verdunklung des Riesensterns Beteigeuze sei gelöst, da erscheint eine neue Studie. Die besagt: Es war nicht der Sternenstaub, sondern ein riesiger Sonnenfleck.
- Beteigeuze (α Orionis) ist der rötliche Stern in der Schulter des Sternbildes Orion.
- 2019 und 2020 sorgte seine sogar mit bloßem Auge wahrnehmbare Verdunkelung für Aufsehen. Die Gefahr einer Supernova-Explosion wurde diskutiert.
- Eine Studie vom Juni 2021 sah eine vom Riesenstern selbst produzierte Staubwolke als Hauptursache.
- Die neue Studie hat Temperaturschwankungen auf der Oberfläche von Beteigeuze nachgewiesen.
Beteigeuze ist der zweithellste Stern im Orion und sogar der hellste Stern am Nachthimmel, wenn man den nahen Infrarot-Wellenlängenbereich nutzt. Dies ist gleichzeitig auch der am besten geeignete Wellenlängenbereich, um rote Überriesen wie Beteigeuze zu untersuchen, schreibt das internationale Forschungsteam in einer Mitteilung zur neuen Studie. Genau dort haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Shandong University und der University of Missouri (USA) nachgeschaut. Sie untersuchten dafür entsprechende Aufnahmen des Weihai Observatory der Shandong University vom 31. Januar, 19. März, 4. und 6. April.
Dabei verwendeten sie spezielle spektroskopische Verfahren. "Unsere Methode basiert auf der Messung von Titanoxid (TiO)- und Cyanid (CN)-Moleküllinien in Sternspektren", so Dr. Sofya Alexeeva, die Erstautorin dieser Studie. Anhand dieser Spektren lässt sich die Oberflächentemperatur bestimmen, so die Expertin für optische Astronomie. "Je kühler ein Stern ist, desto mehr können sich diese Moleküle bilden und in seiner Atmosphäre überleben."

170 Kelvin Temperaturschwankungen
Bei den Aufnahmen zeigte sich zwischen dem 31. Januar und dem 6. April ein Unterschied von 170 Kelvin. Alexeeva: "Wir haben herausgefunden, dass die effektive Temperatur von Beteigeuze am 31. Januar 2020 beim Minimum seiner Leuchtkraft 3.476 Kelvin betrug. Nachdem es jedoch am 6. April 2020 seine Helligkeit wiedergewonnen hatte, betrug die effektive Temperatur 3.646 Kelvin." Und das reiche, um diese mysteriöse Verdunkelung zu erklären.
Aber wie kommt es zu derartigen Temperaturunterschieden? Für das Forschungsteam lautet die mögliche Antwort: Sonnenflecken. Die kennen wir von der Sonne, bei der sie zyklisch alle elf Jahre zu- und abnehmen. Und auch bei Sternen wie dem roten Überriesen Beteigeuze ist das ein bekanntes Phänomen. Diese Flecken sind wahrscheinlich eine Folge von Konvektionsströmungen oder kühlen Konvektionszellen (heiße Teile steigen an die Oberfläche, kühlere sinken nach unten ab), von denen allgemein angenommen wird, dass sie in solchen Sternen vorhanden sind.
Und was ist daran neu?
Neu ist die Bestätigung durch die Temperaturmessung. Denn dass Sonnenflecken Ursache für die Verdunkelung sein könnten, wurde schon länger vermutet, auch im Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Dort hatte ein Team um Thavisha Dharmawardena bereits im Sommer 2020 die These aufgestellt, dass riesige Sonnenflecken, die große Teile des Sterns (50-70 Prozent) verdunkeln, die Ursache des Helligkeitsabfalls waren und nicht wie vorher vermutet Staub, den der Riesenstern ausgestoßen hatte.
Dem widersprachen im Juni 2021 europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Beteigeuze mit Hilfe von Teleskopen der Europäischen Südsternwarte (ESO) untersucht hatten. Sie fanden heraus, dass Gaswolken im Zusammenspiel mit den dunklen Flecken für den Verlust der Leuchtkraft verantwortlich sind.
Die Studien zum Nachlesen
Die aktuelle Studie "Spectroscopic evidence for a large spot on the dimming Betelgeuse" wurde am 5. August 2021 in Nature Communications veröffentlicht.
Die Untersuchung A dusty veil shading Betelgeuse during its Great Dimming ist am 16. Juni 2021 in der Fachzeitschrift Nature erschienen.
Die Max-Planck-Studie vom Juni 2020 Betelgeuse fainter in the sub-millimetre too: an analysis of JCMT and APEX monitoring during the recent optical minimum erschien in The Astrophysical Journal Letters.
gp