Bananen, Kurkuma und Soja Lebensmittel aus Asien bereits vor 3.000 Jahren im Mittelmeerraum

17. April 2024, 13:26 Uhr

In der östlichen Mittelmeerregion hat man bereits vor mehr als 3.000 Jahren exotische Früchte wie Bananen verspeist. Und auch Gewürze aus Fernost und Südasien standen damals schon auf dem Speiseplan. Bereits in der Bronzezeit bestanden Handelskontakte zu Menschen in weit entfernten Gebieten. Die Welt war wohl schon sehr früh viel vernetzter, als wir denken.

Illustration eines Marktes in der Bronzezeit 3 min
Bildrechte: Nikola Nevenov

Wir schreiben das Jahr 1.700 vor Christus. In der Stadt Megiddo im heutigen Israel herrscht reges Treiben: Es ist Markt! Dass wir uns den heute vorstellen können, haben wir Archäologen wie Prof. Dr. Philipp Stockhammer zu verdanken. Er forscht an der Ludwig-Maximilians-Universität München und am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena:

Ein Ausgrabungsgebiet von oben
Blick auf ein Ausgrabungsgelände im bronzezeitlichen Megiddo. Bildrechte: Megiddo Excavation

Ja auf so einem Markt hatten sie dann eben Gewürze aus Südasien, wahrscheinlich Pfeffer. Sie konnten aber vermutlich auch Bananen kaufen. Sie hatten vielleicht wertvolle Steine aus Zentralasien. Sie hatten aber natürlich auch die ganzen lokalen Produkte. […] Ich stell mir das immer so ein bisschen vor wie so einen heutigen arabischen Basar – sozusagen diese Vielfalt, diese Gerüche, diese Farben.

Prof. Dr. Philipp Stockhammer, MPI Jena / LMU München

Zähne auf Nahrung untersucht

Der Archäologie-Professor kann das Leben in der Spätbronzezeit so genau beschreiben, weil er mit seinem Team Nahrungsmittel-Rückstände an Zähnen aus der Zeit untersucht hat. Insgesamt analysierte das Team Proben von 16 Skeletten von zwei Fundorten auf dem Gebiet des heutigen Israel. Wenn er von den Funden berichtet, ist er immer noch ganz begeistert:

Erani Friedhof
Der alte Friedhof von Erani: Hier wurden die Zähne von 16 Skeletten untersucht. Bildrechte: Megiddo Excavation

Was wir gefunden haben sind Reste von Nahrungsmitteln im Zahnstein von Menschen, die vor über 3.000 Jahren verstorben sind. Und diese Reste, die wir gefunden haben, sind Eiweiße von Essen, die sich quasi in diesen Zahnstein eingebettet haben […] auch solche Sachen wie Kurkuma, Banane oder Soja, wo man sich denken würde: Um Himmels willen, kann das so früh in den Ost-Mittelmeerraum gekommen sein?

Prof. Dr. Philipp Stockhammer, MPI Jena / LMU München

Intensiver Austausch bereits vor den Griechen

Denn bisher dachten wir, die Römer oder auch die Griechen hätten Gewürze und Essen aus Süd- und Ostasien in die Region gebracht. Doch der intensive Austausch über große Distanzen begann offenbar viel früher. Stockhammer spricht auch von ersten Schritten der Globalisierung. Gab es damals also nicht nur in Israel, sondern auch schon bei uns in Mitteleuropa Bananen?

Also es gab intensiven Austausch auch von dem Ost-Mittelmeerraum nach Europa und wieder zurück. Aber ob die auch Nahrungsmittel ausgetauscht haben, das können natürlich erst zukünftige Forschungen zeigen. Wir hoffen, dass diese mit unserer Studie jetzt ausgelöst werden.

Prof. Dr. Philipp Stockhammer, MPI Jena / LMU München

Neue Methode analysiert Zahnstein

Denn das Forschungsteam hat für die Analyse eine ganz neue Methode angewendet. Nahrung war nämlich bisher für Archäologen kaum nachweisbar. Immerhin hinterlässt sie eigentlich keine Spuren, außer an einer Stelle: Auf unseren Zähnen, wenn Bakterien versteinern und sich Zahnstein bildet.

Grab in Megiddo
Ein bronzezeitliches Grab in Megiddo. Bildrechte: Megiddo Excavation

Bei dem Versteinern der Bakterien in meinem Mund und dieser Zahnsteinbildung werden quasi Essensreste mit eingebettet: DNA, Eiweiße, aber auch ganz viele andere Reste von diesem Essen also auf molekularer Ebene werden in diese versteinerten Zahnsteinschichten mit eingebettet. Und was wir machen: Wir nehmen quasi den Zahnstein ab von den Zähnen, […] und dann nehmen wir fünf Milligramm von diesem Zahnstein und extrahieren quasi die Nahrungsreste, die sich zwischen diesen Bakterien verborgen haben.

Prof. Dr. Philipp Stockhammer, MPI Jena / LMU München

Mit ihrer Studie hatten die Forschenden auch Grundlagenarbeit geleistet, damit auch andere Forschungsteams die Methode künftig anwenden können – und vielleicht bald Stockhammers Begeisterung für historischen Zahnstein teilen. Für ihn sei der nämlich wie ein bisher verborgenes kleines Schatzkästchen, erklärt der Archäologe.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL Radio | 21. Dezember 2020 | 21:00 Uhr

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