Kortison gegen Corona Weniger Menschen auf Intensivstationen
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12. März 2021, 16:11 Uhr
Fast ein Drittel der Corona-Infizierten musste im Frühjahr 2020 auf die Intensivstation. Im Herbst waren es nur noch 14 Prozent. Warum die Sterblichkeit in den Zeiträumen aber gleich geblieben ist, zeigt eine Datenanalyse.
In der guten Nachricht steckt auch eine schlechte. Denn wenn nur noch halb so viele Menschen mit Covid-19 auf Intensivstationen landen, warum stirbt weiterhin immer noch rund die Hälfte? Das entspricht genau dem Anteil zu Beginn der Pandemie. Für Oberarzt und Intensivmediziner Christian Karagiannidis ist zumindest die geringere Auslastung auf der Intensivstation eine Erleichterung:
Wenn man das mal anders herum sehen würde, hätte das bedeutet, wenn das genauso geblieben wäre, dass wir über 10.000 Patienten auf der Intensivstation gesehen hätten.
Laut Karagiannidis hätte das für die Kliniken extreme Herausforderungen gebracht, sogar ein Zusammenbruch im Dezember oder Anfang Januar wäre seiner Ansicht nach möglich gewesen. Allerdings sei die Therapie besser geworden: "Wir hatten einen Game Changer, das ist das Kortison."
Kortison ist wesentlicher Faktor
Anders gesagt: Kortison hat die Situation komplett verändert. Das Medikament kann Entzündungen hemmen und das Immunsystem regulieren. Genau deshalb ist es bei Covid-19 auch so erfolgsversprechend, denn bei einer Infektion schädigen Entzündungsprozesse die Lunge. So erklärt Karagiannidis, dass Deutschland sehr früh Kortison zur Behandlung von Corona-Patientinnen und Patienten eingeführt hatte. Durch den frühzeitigen Einsatz von Kortison mussten also weniger Menschen intensivmedizinisch behandelt werden.
Auf den Intensivstationen selbst gab es diesen Therapieerfolg aber nicht, da sind weiterhin Patientinnen und Patienten an Corona gestorben. Das erklärt sich laut Karagiannidis durch den Verlauf der Krankheit. In der Anfangsphase der Erkrankung stünden das Virus und die Reaktion auf die Entzündung im Vordergrund. In einer späteren Phase der Erkrankung habe man aber weniger mit dem Virus an sich, sondern mit den Folgeschäden zu kämpfen.
Setzen die Ärztinnen und Ärzte zu Beginn der Erkrankung also Kortison ein, kann das Medikament viele Entzündungsreaktionen hemmen. In späteren Phasen der Erkrankung spielt das Virus aber nur noch eine untergeordnete Rolle. Stattdessen stünden die Reparaturvorgänge im Vordergrund, erklärt der Intensivmediziner:
Wenn das Kind einmal so richtig in den Brunnen gefallen ist, dass die Patienten wirklich beatmungspflichtig sind und richtig schwer krank sind, dann hat man nicht mehr so ein Potpourri an Medikamenten, das dann auch wirklich noch einen guten Effekt hat.
Deshalb müsse das Kortison sofort eingesetzt werden, sobald es eine Entzündungsreaktion in der Lunge gibt, sagt Christian Karagiannidis. Mittlerweile habe sich das bei der Behandlung in den Krankenhäusern durchgesetzt.