Neuer Podcast "Die Medizin von morgen" Das Mikrobiom: Unser magischer Fingerabdruck im Darm

05. April 2024, 14:55 Uhr

Im Podcast "Die Medizin von morgen" widmen sich Eckart von Hirschhausen und Katharina Adick der Frage, wie die Medizin der Zukunft aussieht. In der aktuellen Folge geht es um die Entschlüsselung des Mikrobioms.

Ab dem 9. April 2024 geht die ARD-Erfolgsserie "Charité" in die vierte Staffel. Die Geschichte über das renommierte Berliner Krankenhaus wird weitererzählt – nun über die Medizin der Zukunft im Jahr 2049. Wie der Titel schon verrät, beschäftigt sich auch der neue Podcast mit der "Medizin von morgen", in dem der Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen und die Journalistin Katharina Adick gemeinsam in die Zukunft blicken.

Frau Adick, was ist eigentlich das Mikrobiom?

Katharina Adick: Das Mikrobiom ist eine unfassbar große Vielzahl an Mikroorganismen, die in uns lebt. Deutlich mehr, als wir Körperzellen haben. Und es sind eben nicht nicht nur Lebewesen in unserem Darm, wie viele schon wissen, sondern auch Bakterien, Viren und Pilze überall auf und in unserem Körper. Das Mikrobiom besteht unterschiedlichen Arten von Mitbewohnern. Ich finde es auch spannend, weil man ja weiß, dass das Mikrobiom von Person zu Person verschieden ist. Es ist fast wie ein Fingerabdruck. Und der ist von vielen Dingen abhängig: Der ist genetisch geprägt, die Ernährung spielt eine Rolle, wo man lebt, Stadt oder Land, welches Geschlecht man hat. Es ist wie eine Art Wald.

Wie eine Artengemeinschaft, die ein eigenes Ökosystem bildet?

Eckart von Hirschhausen: Ja. Und das, was in uns passiert, ist so komplex und magisch. Und das mit dem Mikrobiom ist so wie überall. Je diverser, je mehr Organismen im Gleichgewicht leben, desto besser funktioniert es, desto gesünder sind wir. Jedes dieser Lebewesen hat eine bestimmte Funktion in und auf uns. Übernimmt Aufgaben beispielsweise bei der Verdauung, die unser Körper selbst nicht leisten kann.

Wie macht sich das Mikrobiom im Alltag bemerkbar?

Eckart von Hirschhausen: Ich finde es immer wieder irre, wie schlecht es einem sofort geht, wenn das Mikrobiom und die Darmflora nicht mehr funktioniert. Wenn du mal Durchfall hast, dann fühlt es sich an, als wäre der Stecker gezogen, die Energie ist dann sowas von weg. Ich finde es immer irre, wie so ein paar kleine Viren ein so ein komplexes Gebilde wie uns Menschen lahmlegen können. 

Katharina Adick: Ich merke, dass es aber auch meine Gemütslage beeinflusst, was ich esse. Also mir geht es zum Beispiel nach einem Stück Kuchen immer schlechter als davor. Und ich könnte mir vorstellen, dass es was mit dem Darmbiom zu tun hat.

Eckart von Hirschhausen: Die neue Forschung zeigt ja, dass es diese Hirn-Darm-Achse wirklich gibt.

Gibt es eine Geschichte, die bei der Recherche besonders beeindruckend war?

Ein Podcast mit Hirschhausen und Adick
Katharina Adick und Eckart von Hirschhausen. Bildrechte: Karsten Möbius

Katharina Adick: Ja, die Geschichte einer Frau mit einer schweren Darminfektion, die zu ganz besonderen Maßnahmen gegriffen hat. Die US-Amerikanerin Catherine Duff ist von einem Essen nach Hause gefahren und hatte furchtbare Bauchschmerzen und Krämpfe. Und es ging ihr sehr schlecht. Es lag aber nicht am Essen, sondern sondern hatte eine sehr schwere Darmerkrankung und ist dann auch ins Krankenhaus gekommen. Ein Teil des Darms wurde entnommen, und sie hat natürlich ganz viele Antibiotika bekommen. Neben den schädlichen Erregern wurden dadurch auch ganz viele gute Erreger plattgemacht. Das ist dann leider eine hervorragende Situation für das Darmbakterium Clostridioides difficile. Dieses Bakterium hat es wirklich in sich. Es verursacht ganz heftige Darmentzündungen. Das war auch bei Catherine der Fall und die Ärzte wussten nicht mehr, was sie tun sollen. In dem Moment war es aber so, dass sie und ihr Mann von einer Möglichkeit erfahren haben, die vielleicht ihr Leben retten könnte, die allerdings bis heute noch eine sehr ungewöhnliche Maßnahme ist. Und zwar eine Stuhltransplantation. Also man muss sich das so vorstellen, dass man von einem Spender, der einen gesunden Darm hat, Stuhl einführt, per Einlauf. Das haben sie und ihr Mann in ihrer Verzweiflung ganz alleine zuhause gemacht. Und nach wenigen Stunden schon ging es ihr deutlich besser - nach wenigen Stunden. Also. Es ist ihr selbst vorgekommen wie eine Wunderheilung. Und sie lebt heute noch. Und wenn man jetzt an die Medizin von Morgen denkt, dann ist das etwas, was im Bezug auf chronische Darmerkrankungen ziemlich wahrscheinlich auf solche Therapien hinauslaufen wird.

Gibt es Lebensmittel, die sich positiv auf die Darmgesundheit auswirken?

Beim Blick ins Joghurtregal fällt ja schon auf, dass einige Joghurts "besser" sein sollen als andere. Es gibt aber keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür. Dafür gibt es aber auch sehr viele Gründe, die die Wirkung anzweifeln. Und insgesamt ist auch sehr oft Geldschneiderei damit verbunden. Also wenn man sich die Studien, die im Falle der Joghurts eine probiotische Wirkung illustrieren sollen, ansieht, sind sie auch oft zum Beispiel von Danone gesponsert, die auch die Produkte auf dem Markt haben, die eben probiotische Wirkung haben sollen. Probiotisch wäre auch ein ganz normaler Joghurt - und mit dem Wort probiotisch darf man heute auch gar nicht mehr werben.

Eine Alternative wären fermentierte Lebensmittel wie eingelegtes Sauerkraut oder Kimchi. Da hätte man nicht einzelne Bakterienstämme drin wie bei Probiotika sondern Bakteriengemeinschaften. Aber auch hier weiß man nicht genau – wie bei den Probiotika – ob die überhaupt die Passage durch den sauren Magen überstehen und im Darm ankommen.

Eckhart von Hirschhausen... ...wurde 1967 in Frankfurt (Main) geboren. Der promovierte Arzt und Journalist bringt seit Jahren gesundheitliche Themen einem breiten Publikum auf allgemein verständlich und auch amüsante Art bei.

Katharina Adick arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin für verschiedene Formate wie "Quarks" im WDR oder "TerraX" im ZDF.

nvm

0 Kommentare