Eine Wüstenlandschaft: Ein Graben der Cerberus Fossae auf dem Mars.
Ein Graben der Cerberus Fossae auf dem Mars. Bildrechte: SA/DLR/FU Berlin, CC BY-SA 3.0 IGO

Astrobiologie Kann auf dem Mars Leben entstehen?

16. Dezember 2022, 11:54 Uhr

Die Suche nach Wasser und möglichen vergangenen Lebensformen auf dem Mars geht voran. Unter welchen Bedingungen Mikroorganismen auf dem Mars entstehen können haben Berliner Forschende untersucht. Eines ist klar: Für die Mikroorganismen ist es eine stressige Angelegenheit.

Wüsten, so weit das Auge reicht. Würmer, die wertvolles Spice verschlingen. Dune, der Wüstenplanet, erinnert ein wenig an unseren planetaren Nachbarn: den Mars. Rote sandige Wüsten gibt es auch dort. Nur Leben wurde noch nicht gefunden. Wie wahrscheinlich ist es überhaupt, dass Leben auf dem Mars entstehen kann?

Leben auf dem Mars ist möglich

Gar nicht so unwahrscheinlich, haben Berliner Forschende des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Technischen Universität Berlin herausgefunden. Die Entstehung von Leben benötigt Energie und wichtige Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel – die unter dem Akronym CHNOPS zusammengefasst werden. Und all das bietet der Mars.

Die Energie wird durch das Sonnenlicht sowie chemische Prozesse bereitgestellt. Die dünne kohlendioxidreiche Atmosphäre liefert den benötigten Kohlenstoff und die anderen Elemente sind reichlich im Marssand, dem Regolith, vorhanden.

Für die Entstehung von Leben sind zudem weitere Spurenelemente und flüssiges Wasser unabdinglich. Und hier wird es problematisch: Oberflächenwasser wurde auf dem Mars noch nicht gefunden. Jedoch sollen sich Wasserreservate und uralte Bakterien unter dessen Oberfläche befinden. Die Grundvoraussetzungen für Leben auf dem Mars scheinen somit vorhanden zu sein.

Fotografie des Perseverance Rovers der Masgegend "Enchanted Lake" mit roten Felsen und Staub am Boden.
Fotografie des Perseverance Rovers der Marsgegend "Enchanted Lake" mit roten Felsen und Staub am Boden. Bildrechte: NASA/JPL-Caltech

Die Forschenden der TU Berlin und des IGB haben zelluläre Prozesse untersucht, die zur Anpassung von Mikroorganismen an Perchlorate (ClO4-) nötig sind. Perchlorate sind die Salze der Perchlorsäure, die sich durch Oxidation in der Atmosphäre im Staub ablagern. Der rote Marssand spricht schon einmal für Oxidation. Denn er besteht aus Eisenoxyd-Staub, was nichts weiter als Rost-Staub ist.

Mars-Modell auf der Erde: sehr trockene Wüsten

Die durchschnittlichen Temperaturen auf dem Mars liegen unterhalb des Gefrierpunktes. Sein Atmosphärendruck liegt im Gegensatz zum Luftdruck auf der Erde (ein bar) bei sechs Millibar. Keine guten Voraussetzungen für flüssiges Wasser.

Jedoch kann die Bildung von vorübergehend stabilen Salzlösungen nahe der Marsoberfläche durch Deliqueszenz gelingen. Dabei nimmt eine wasserlösliche Substanz wie Salz die Luftfeuchtigkeit aus der Atmosphäre auf und bildet eine flüssige Lösung. Perchlorate setzen zudem den Gefrierpunkt von Wasser deutlich herunter – in sehr trockenen Wüsten auf der Erde kommt dies gelegentlich ebenfalls vor.

Mikroorganismen werden Stress ausgesetzt

Das würde bereits ausreichen, um den Stoffwechsel von einigen Mikroorganismen anzutreiben. Jedoch werden die Zellen der Mikroorganismen durch Perchlorate unter Stress gesetzt. Jacob Heinz von der TU Berlin erklärt in einer Pressemitteilung vom 14. Dezember 2022, dass es wichtig sei herauszufinden, "wie Mikroorganismen mit solchen Stressfaktoren umgehen." Er ist der Erstautor der Studie.

Am Robert Koch-Institut (RKI) haben er und sein Team mit Hefe (Debaryomyces hansenii) experimentiert, um die Stressreaktion auf Perchlorat zu erforschen. Natriumchlorid und Natriumperchlorat weisen ähnliche Reaktionen auf. Jedoch waren die "Glykosylierung von Proteinen und die Umgestaltung der Zellwand vermutlich zur Stabilisierung von Proteinstrukturen und der Zellhülle" neue Stressfaktoren, die sich nur beim Zusammenbringen von Mikroorganismen und Perchlorat zeigten.

Mars-Basis am Mauna Loa Hawaii 3 min
Bildrechte: University of Hawaii, Ross Lockwood

Co-Autor Hans-Peter Grossart vom IGB warnt: "Diese Stressreaktionen wären auch für mutmaßliches Leben auf dem Mars von großer Bedeutung." Jedoch können sich Mars-Mikroben bereits an die Umweltbedingungen auf dem roten Planeten angepasst haben. Ihnen fehlt nur das nötige Wasser. Die Ergebnisse des Forschungsteams können Anhaltspunkte liefern, "wie Leben auf dem Mars mit den schwierigen Umweltbedingungen fertig werden könnte", sagt Co-Autor Dirk Schulze-Makuch.

Studien

Zur Studie "Perchlorate-specific proteomic stress responses of Debaryomyces hansenii could enable microbial survival in Martian brines" (engl. "Perchlorat-spezifische proteomische Stressreaktionen von Debaryomyces hansenii könnten mikrobielles Überleben in Marssole ermöglichen").

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