Bienen auf dem Dach der Universität Konstanz.
Stechen oder nicht stechen? Für die Stechbereitschaft von Bienen spielt ein Alarmpheromon eine entscheidende Rolle - und ihre Gruppengröße, wie Konstanzer Wissenschaftlerinnen nun zeigen. Im Bild: Bienen auf dem Dach der Universität Konstanz. Bildrechte: E. Böker, CASCB

Biologie Wann stechen Bienen zu?

19. September 2022, 20:00 Uhr

Der Sommer ist gerade vorüber, aber auch im nächsten Jahr wird es wieder Stiche durch Honigbienen geben. Konstanzer Forschende haben untersucht, wovon ihre Bereitschaft zu stechen abhängt – mit interessantem Ergebnis: Neben einem Alarmpheromon spielt auch die Gruppengröße eine entscheidende Rolle.

Bereits bekannt sei die Bedeutung des Pheromons, mit dem sogenannte Wächterbienen, die den Stock bewachen, andere Bienen zu Hilfe holen, wenn ein Eindringling wahrgenommen wird. Dabei handele es sich um eine komplexe Geruchsmischung, die direkt am Stachel sitze, erklärt die an der Untersuchung beteiligte Biologin Morgane Nouvian. Die Forschenden der Uni Konstanz gingen nun der Frage nach, ob auch die Größe der Bienengruppen einen Einfluss auf ihr Stechverhalten hat. Denn frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass dieser Faktor aggressive Reaktionen bei sozialen Insekten beeinflussen kann.

Methodik auch für weitergehende Forschung nutzbar

Dafür wurden die Bereiche Biologie und Informatik miteinander verknüpft. Zunächst beobachteten Biologinnen das Verhalten von Bienengruppen, die in einer Vorrichtung mit einer rotierenden Attrappe konfrontiert wurden. Am Ende jedes Versuchs wurde die Anzahl der Stacheln in der Attrappe gezählt. In einem nächsten Schritt wurde ein mathematisches Modell genutzt, um die Wahrscheinlichkeit der Stiche bei einer bestimmten Pheromon-Konzentration zu errechnen. Für die komplexe Auswertung der Datensätze wurde eigens ein neues Softwaretool entwickelt, das alle Analyseschritte modular integriert.

"Auf der biologischen Seite haben wir den Beweis erbracht, dass Bienen bei der Entscheidung zu stechen ihren sozialen Kontext berücksichtigen", resümiert Morgane Nouvian. Dabei konnten die Forschenden zeigen, dass mit zunehmender Gruppengröße weniger weitere Bienen zu Hilfe fliegen. Die Größe wirkt offenbar als sozialer Bremsmechanismus zusätzlich zur Kommunikation per Pheromon.

Die neuartige Methodik der Konstanzer Wissenschaftlerinnen könnte dabei über die Forschung zu den Honigbienen hinaus bei der Beobachtung kollektiven Verhaltens verwendet werden, so die Informatikerin Tatjana Petrov: "Im Hinblick auf eine breitere Anwendung unseres Ansatzes stehen wir aber vor neuen rechnerischen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Skalierbarkeit und die Quantifizierung von Unsicherheiten, z. B. bei großen Populationen, ungenauen Messungen und einer größeren kognitiven Kapazität von Individuen."

Weniger Pflanzenvielfalt durch Kärntner Biene?

Zum Thema "Bienen" erreichte uns vor Kurzem auch die Email eines Lesers mit mehreren Fragen. Sie lauten: "Warum hinterfragt niemand, welchen Einfluss die Imker hatten, als sie die in Deutschland einst heimische Dunkle Biene (apis mellifera mellifera) verdrängt, um die Bienenrasse "apis carnica" (Kärntner Biene) statt dessen einzusetzen? Die Carnica bringt mehr Honig, ist nicht so schwarmfreudig. Aber kann es sein, dass bestimmte Wildpflanzen auf die Bestäubung durch die Dunkle Biene angewiesen sind? Geht die Pflanzenvielfalt auch deswegen zurück, weil die einst heimische Dunkle Biene fehlt? Warum beschränkt man sich darauf, zu sagen, dass die chemischen Mittel schuld sind. Kann es sein das auch 'die Imker' eine Teilschuld tragen?"

Die Fragen leiteten wir an Prof. Robert Paxton weiter, der an der Uni Halle die AG Zoologie leitet und als ausgewiesener Experte im Bereich "Bienen" gilt. Prof. Paxton antwortete daraufhin, dass sich viele die Frage nach dem Einfluss der Imker auf die Dunkle Biene stellten. "Natürlich denkt man, dass die Dunkle Honigbiene besser angepasst an unserem Umweltbedingungen sei. Ob eine solche Vermutung wahr ist, ist noch nicht richtig erforscht. Einige Ergebnisse sprechen für diese Idee, andere sprechen dagegen." Zur Frage nach der Bedeutung der Bestäubung von Wildpflanzen durch die Dunkle Biene schreibt der Forscher, dass Honigbienen Generalisten seien und Nektar und Pollen von verschiedenen (oft sehr vielen) Pflanzenarten aufnähmen. "Ich denke nicht, dass Apis mellifera mellifera (Dunkle Biene) ein besserer Bestäuber von Blüten ist als Apis mellifera carnica (Kärntner Biene)."

pm/cdi

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Bildrechte: imago/CHROMORANGE

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