Ein schräg mit Unschärfe fotografiertes Browserfenster auf einem Laptop zeigt die Suchmaschine DuckDuckGo, die Suchbegriffe "Waschmaschine Test" und das wenig vertrauenswürde Suchergebnis "kritischer-waschmaschinentest.de" 4 min
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Wer im Netz einfach nicht findet, was er sucht, ist mit dieser Erfahrung nicht allein: Berichte, dass Google und Co. schlechter werden gibt es seit einiger Zeit. In Weimar wurde dazu geforscht – Infos von Florian Zinner.

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Suchmaschinen Google & Co.: Liefern Suchmaschinen nur noch Unsinn?

26. Januar 2024, 16:37 Uhr

Wer im Netz einfach nicht das findet, was er sucht, ist mit dieser Erfahrung nicht allein: Berichte, dass Google und Co. schlechter werden, gibt es seit einiger Zeit in Medien und sozialen Netzwerken. Aber was ist dran? Forschende aus Weimar haben sich mit dem Problem auseinandergesetzt. Fest steht: Es geht um Geld.

Junger Mann mit Bart, runder schwarzer Brille, schwarzem Basecap vor Roll-Up-Plane mit Logo von MDR WISSEN
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Schlechte Qualität – ja, nun gut, das ist freilich Ansichtssache. Aber für Janek Bevendorff ist die Ausgangslage klar: Wenn Nutzende ihr Informationsbedürfnis nicht gestillt bekommen, sind die Suchergebnisse schlichtweg schlecht. "Diese Berichte häufen sich in den letzten Jahren, vor allem in den sozialen Medien, aber sie haben sich auch in journalistischen Medien niedergeschlagen." Dass Nutzende mit dem Dilemma nicht allein sind, mag zwar durchaus tröstlich sein. Aber Bevendorff und das Team an der Bauhaus-Universität in Weimar wollten Beweise und haben über ein Jahr lang gemessen, wie gut die Ergebnisse von drei großen Suchmaschinen wirklich sind.

Da es schlichtweg unmöglich ist, das gesamte Internet unter Beobachtung zu stellen, haben sich die Forschenden auf einen Suchgegenstand konzentriert, zu dem sich wahrscheinlich die meisten Nutzenden früher oder später mal hingerissen fühlen: Produktrezensionen. "Stellen Sie sich vor, Sie suchen beispielsweise nach den besten Kopfhörern und da gibt es dann zehn Webseiten auf der ersten Seite und diese Seiten bestehen dann tatsächlich nur noch aus dem Produktlink, einer kurzen Auflistung der Eigenschaften des Produkts und vielleicht noch einem kurzen Text." Und das war’s dann eben auch schon. Tiefe Inhalte und wirkliche Produktbewertungen suchen Nutzende vergebens, meistens auch eine vertrauenswürdige Aufmachung der Website mit einer annehmbaren Gestaltung.

Produktrezensionen: Minderwertige Suchergebnisse sind in der Überzahl

Jannek Bevendorff nennt das "minderwertige Inhalte" – oder auch mal Spam, dann eben gänzlich ohne Inhalt. "Wir haben herausgefunden, dass nur sehr, sehr wenige dieser Suchergebnisse tatsächlich wirklich qualitativ hochwertige Rezensionswebseiten sind."

Ein Diagram zeigt, wie Websites in verschiedene Kategorien unterteilt wurden, wie zum Beispiel Webshops, authentische Seiten, eher minderwertige Inhalte und Spam. Außerdem, wie oft diese Seiten in verschiedenen Untersuchungszeiträumen in den Suchergebnissen auftaucht sind.
Die Grafik ist so zu verstehen: Sie zeigt die Unterteilung von Websites aus den Suchergebnissen in verschiedene Kategorien. Auf der Zeitachse ist zudem anhand der Farben zu sehen, wie oft die Angebote im Untersuchungszeitraum in den vorderen Suchergebnissen auftaucht sind. Bildrechte: Bevendorff, Wiegemann, et al./MDR WISSEN

7400 Suchanfragen hat die Forschungsgruppe aus Weimar verschickt und die ersten zwanzig Suchergebnisse automatisch analysiert, zum Beispiel, wie die Seiten aufgebaut sind: Wie lang sind die Textabschnitte oder sind viele Überschriften und viele Listen enthalten? Außerdem: Wie komplex ist das verwendete Vokabular und damit die Textqualität?

Was ist Suchmaschinenoptimierung (SEO)? Unter SEO (Search Engine Optimization) versteht man ein Verfahren, bei dem ein Webinhalt so optimiert wird, dass er von Suchmaschinen als besonders relevant eingestuft und damit als eines der vorderen Ergebnisse bei einer Suchanfrage gelistet wird. Dahinter steht immer der Versuch, die Bewertungsalgorithmen der Suchmaschinen zu durchschauen. Die Optimierung zielt auf die Art und Weise ab, wie Texte verfasst sind, aber auch, wie Inhaltselemente eingebunden werden. Hinter SEO steht eine ganze Branche, der Einsatz ist facettenreich und weitverbreitet, auch in Medienhäusern wie dem MDR.

Hinter den minderwertigen Websites stehen sogenannte Affiliate-Partner, die an einem Empfehlungsprogramm großer Onlinehändler teilnehmen, allen voran Amazon. Wenn Nutzende auf Empfehlungslinks klicken, landet ein Teil des Verkaufspreises im Geldsackel der Partner. Diese Einnahmequelle nutzen insgesamt nur wenige Websites, aber der Großteil der vorderen Suchergebnisse. Das Geschäft lohne sich vor allem mit einer minutiösen Suchmaschinenoptimierung (SEO), "wo Webseitenbetreiber versuchen, ihre Webseiten gut an den Algorithmus der Suchmaschine anzupassen, um diese Affiliate-Links möglichst weit nach oben zu bringen", erklärt Janek Bevendorff.

Ein Screenshot eines Browserfensters zeigt einen Ausschnitt der Website Amazon Partner-Net, auf der Website-Betreibende aufgefordert werden, am Programm zur Platzierung von Provisions-Links teilzunehmen.
Teil der Vertriebsstrategie des Onlinehandelsriesen Amazon: Website-Betreibende dazu bewegen, Empfehlungslinks auf ihren Seiten oder in YouTube-Inhalten einzubauen. Bildrechte: Screenshot/MDR WISSEN

Schlechte Suchergebnisse: Nicht nur ein Google-Problem, auch Bing, DuckDuckGo und YouTube betroffen

Stellt sich die gute Frage: Was tun? Neben Google-Ergebnissen hat das Team auch die der Microsoft-Suchmaschine Bing und des auf Datenschutz spezialisierten Angebots DuckDuckGo getestet – die Misere für Nutzende ist überall die gleiche. Da alternative Suchmaschinen häufig auf den Ergebnissen von Google oder Bing basieren, hilft zumindest in diesem Fall auch ein Umstieg nicht weiter. Und daran werde sich in Zukunft kaum etwas ändern: "Wir haben das Katz-und-Maus-Spiel genannt. Die Suchmaschinenoptimierer, die werden ihre Webseiten gegen die Suchmaschinen optimieren. Die Suchmaschinen werden versuchen, den besseren Content herauszufiltern", so Bevendorff.

Marktführer Google Obwohl nicht die erste umfassende Suchmaschine, ist Google seit Herbst 2002 Branchenführer. Das Geschäftsmodell basiert nach wie vor auf dem Platzieren von Werbeanzeigen. Zur Spitzenposition beigetragen hat auch die Taktik, sich die Position als Standard-Suchmaschine in Webbrowsern und auf Smartphones zu erkaufen. So zahlt Google etwa jährlich zweistellige Milliardenbeträge an den Konkurrenten Apple für die Voreinstellung als Standard in dessen Browser Safari. Alternativen sind neben Microsoft Bing die Datenschutz-sensible Suchmaschine DuckDuckGo oder das umweltfreundliche Angebot Ecosia. Allerdings liefern vor allem Google und Bing die Suchergebnisse für viele Alternativanbieter.

Durch KI-generierte Texte und Websites werde sich das Problem noch verschärfen. Ein Phänomen, das die Forschenden aus Weimar auch beim Videoportal YouTube festgestellt haben, wo ebenfalls viele minderwertige Produktvideos zu finden seien, hinter deren Produktion kein Mensch mehr stehe.

Minderwertige Inhalte nicht nur bei der Suche nach Produkttests

"Wir sehen Evidenz dafür, dass das teilweise auch in anderen Such-Genres ein Problem ist. Also zu nennen wären beispielsweise Kochrezepte", oder auch ganz generell Weblogs. Allerdings können die Forschenden angesichts des wenig greifbaren Umfangs an Informationen im Netz nicht für alle Suchinhalte sprechen.

Janek Bevendorff zufolge seien Nutzende den schlechten Ergebnissen schlichtweg ausgeliefert. Sie sollten sich genau überlegen, wonach sie suchen und die Ergebnisse danach streng beurteilen, um den Affiliate-Spammern kein leichtes Geld in die Kassen zu spülen. Ansonsten bleibt eben nur zu hoffen, dass Google und Co. das Katz-und-Maus-Spiel der Suchmaschinenoptimierung irgendwann doch noch gewinnen. 

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. Januar 2024 | 16:17 Uhr

8 Kommentare

Il Sassone vor 13 Wochen

Natürlich gibt es da Grenzen. Die Suchergebnisse werden natürlich nie so ultra-schlecht sein, so dass die User in Scharen abwandern. Aber durch die Marktmacht können die Schrauben immer so eingestellt werden, dass der maximale Profit über die Ads eingespielt wird ohne die User zu verprellen.

Es wäre für Google ein leichtes die Ergebnis-Qualität zu erhöhen, aber dann würden die Ads-Einnahmen sinken. Und das ist nicht gewollt, da hier 90% der Gesamt-Einnahmen generiert werden. Nach dem Erfolg von ChatGPT wurde nicht ohne Grund "Code Red" ausgerufen.

Il Sassone vor 13 Wochen

Aus Sicht der User schon. Es wird aber ein idealistischer Lösungsweg in den Raum gestellt, der mit der Realität wenig zu tun hat. Die Gestaltung und Auswahl der Suchergebnisse wird immer unter Berücksichtigung der Ads CTR stattfinden.

MDR-Team vor 13 Wochen

2) Zudem geht es Google natürlich um den Verkauf von Werbeplätzen. Dazu benötigt das Unternehmen aber eine möglichst hohe Zahl an Nutzenden. Es ist also davon auszugehen, dass Google bestrebt ist, die Nutzungserfahrung zu optimieren, damit Nutzende den Dienst weiter nutzen (und die ausgespielten Werbeanzeige zu Gesicht bekommen).