Ein Verletzter wird in einem Krankenhaus behandelt.
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Infektion COVID-19 Corona: es gibt keinen typischen Krankheitsverlauf

17. März 2020, 19:26 Uhr

Die neue Infektionskrankheit COVID-19 ist tückisch, oder mit den Worten des Robert Koch-Instituts: sie verläuft "unspezifisch". Die Symptome können ganz verschieden sein. Sie reichen von Husten über Geschmacksverlust bis Atemnot.

Martin* aus Leipzig war Ski fahren in Österreich, als es passierte. Wo genau, das kann er nicht sagen. In der Gondel vielleicht? Beim Essen nach der Abfahrt? Gelegenheiten gab es einige, auch wenn Österreich damals, vor zwei Wochen, noch nicht als Risikogebiet galt.

Etwa fünf Tage nach seiner Rückkehr begann sich der 36-jährige schlapp zu fühlen. Erst hatte er etwas Schüttelfrost, dann wiederum war ihm warm. Schlimm habe sich beides nicht angefühlt, erzählt er MDR Wissen. Er habe zunächst gedacht, sich einfach erkältet zu haben.

Wie läuft eine Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus ab? In den meisten Fällen harmlos oder mild. Welche Symptome jeweils als erste auftreten, lässt sich nicht allgemeingültig sagen. Die Mediziner sprechen von einem unspezifischen Verlauf. Fieber, Husten, Schnupfen können erste Anzeichen sein, müssen es aber nicht. Allerdings nicht die klassiche Rotznase, so Virologe Alexander Kekule im MDR Podcast, sondern eher als Nebeneffekt eines Hustens, ein sogenannter reflektorischer Schnupfen.

Auch Halsschmerzen sind möglich, Kurzatmigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen, mitunter sogar ein Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns. "In 30 Prozent der Fälle trat bei unseren Infizierten auch Durchfall auf, das ist häufiger, als bisher angenommen wurde", sagt der deutsche Virologe Hendrik Streek in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Man fühlt sich so, als würde man eine Grippe kriegen, die nicht so richtig rauskommt", beschreibt Alexander Kekulé die Symptome.

Sicherheitshalber Abstand halten

"Ich bin dann erstmal zuhause geblieben und wollte meine Erkältung auskurieren, bevor ich sie unter Leute trage", sagt Martin. Nach zwei Tagen mit Symptomen sollte die Arbeit wieder losgehen. Da habe er seinen Hausarzt kontaktiert, sagt der 36-Jährige. Da das österreichische Skigebiet bis dahin nicht als Risikogebiet galt, wurde er in die Praxis gebeten, wo er krank geschrieben wurde. Erst einen Tag später wurde bekannt, dass ein anderer Teilnehmer aus der Skigruppe positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden war.

Nur ein solcher Test kann wirklich zweifelsfrei feststellen, ob ein Mensch mit dem neuen Virus infiziert ist. Auch Martin ließ sich testen und hatte ein Tag später die Bestätigung: Auch er hat COVID-19.

Hausmittel und experimentelle Wirkstoffe

Da es noch keine Impfung und Heilmittel gibt, können COVID-19 Fälle nur mit herkömmlichen Mitteln behandelt werden, die etwa bei einer Erkältung angewendet werden. Für Aufsehen hatte ein Tweet gesorgt, in dem der französosche Gesundheitsminister vor der Einnahme von Ibuprofen gewarnt hatte.

WHO-Sprecher Christian Lindmeier hatte daraufhin geraten, Ibuprofen nur nach Rücksprache mit einem Arzt einzunehmen. Kurz darauf zog die Weltgesundheitsorganisation diese Warnung allerdings zurück.

Jeder fünfte Infizierte ist jedoch von einem gefährlichen Krankheitsverlauf betroffen. Von diesen 20 Prozent verlaufen rund zwei Drittel der Fälle schwer und ein Drittel sehr schwer bis lebensbedrohlich. In einigen deutschen Kliniken wird bei schweren Fällen auch ein experimenteller Wirkstoff eingesetzt, der eigentlich gegen Ebola entwickelt wurde. Die Bundesregierung genehmigte den Einsatz an 400 Patienten im Rahmen einer Studie.

Obere oder untere Atemwege – ein entscheidender Unterschied

Der Unterschied im Verlauf der Erkrankung liegt vor allem in der Ausbreitung des Virus. Befällt es nur die oberen Atemwege, etwa den Rachen, ist er meist mild. Breitet sich die Infektion in die unteren Atemwege, in die Lunge aus, werden die Verläufe meist schwerer. Das Robert Koch-Institut zitiert in seinem Corona-Steckbrief Untersuchungen aus China, für die über 50.000 Fälle ausgewertet wurden. Schwere Fälle verliefen danach mit Atemnot, Sauerstoffunterversorgung – nicht lebensbedrohlich aber intensiv zu behandeln.

Ist der Gasaustausch der Lunge durch die Entzündung jedoch stark eingeschränkt, kann die sogenannte extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) eingesetzt werden. Bei diesem Verfahren werden Patienten an eine Herz-Lungenmaschine angeschlossen. Dem Blut wird außerhalb des Körpers das CO2 entnommen und es stattdessen mit Sauerstoff angereichert.

Neben dem Lungenversagen, können ein septischer Schock oder multiples Organversagen die lebensbedrohlichen Folgen der Erkrankung sein.

Bei einer Sepsis, läuft eine Infektion aus dem Ruder. Dann ist der gesamte Körper betroffen und es kommt zum Organversagen.

Prof. Michael Bauer, Uniklinikum Jena

Kaum jeder zweite Patient überlebt einen derartigen septischen Schock. Deshalb ist es besonders wichtig, ihn frühzeitig zu erkennen. In Zukunft könnte ein Chip aus Jena dabei helfen.

Ab Testergebnis 14 Tage Quarantäne

Nach dem Ergebnis musste Martin alle seine Kontakte angeben. Das Gesundheitsamt stellte ihn und seinen Haushalt für 14 Tage unter Quarantäne. "Als ich wusste, dass mein Mitreisender positiv getestet worden war, hab ich vorsichtshalber bereits allen Bescheid gesagt, die ich seit meiner Rückkehr gesehen hab", sagt er.

Er selbst habe sich streng an die Empfehlungen gehalten, sich regelmäßig die Hände gewaschen und Abstand zu Mitbewohnern und anderen Menschen gehalten. "Mein Vater, der 70 Jahre alt ist, kam vorbei. Ich habe ihn nur in den Hausflur und nicht in die Wohnung gelassen und mich fern von ihm gehalten", sagt Martin.

Das scheine geholfen zu haben, meint er. Bislang sei keiner seiner Kontakte und auch kein Mitbewohner erkrankt. Auch sein Vater habe sich nicht angesteckt, das habe ein Test bestätigt. "Die Maßnahmen – Abstand halten, Hände waschen – haben funktioniert, sogar im gleichen Haushalt. So lassen sich weitere Ansteckungen vermeiden", ist Martins Fazit.

Abstand halten, Kontakte vermeiden funktioniert

Bei ihm sind inzwischen 10 Tage seit Beginn der Symptome vergangen. "Etwa ab dem vierten, fünften Tag hatte ich einen trockenen Hals. Ich war dort auch verspannt. Dann fühlte sich meine Lunge belegt an. Das blieb für ein paar Tage. Inzwischen löst sich das wieder", sagt der 36-Jährige. Seit der Coronabestätigung muss er täglich seine Körpertemperatur messen und die Ergebnisse für das Gesundheitsamt protokollieren. Fieber habe er allerdings keines mehr gehabt. Neun weitere Tage muss er noch in Quarantäne bleiben.

Meine wichtigste Botschaft an alle ist: Geratet nicht in Panik. Wenn man sich umsichtig verhält und die Regeln einhält, dann ist die Krankheit kontrollierbar. Es ist vollkommen okay, dass ich jetzt in Quarantäne bin, denn hier geht es nicht um mich. Es ist wichtig, jeglichen Schaden für andere zu vermeiden. Deswegen habe ich mein Verhalten angepasst. Dass das funktioniert hat und erfolgreich war, bestätigen die negativen Testergebnisse der Kontaktpersonen.

Martin, Coronapatient

*Name von der Redaktion geändert.