Hand an Haltegriff in Straßenbahn.
Kann man sich durch Viren auf Oberflächen anstecken? Bildrechte: Colourbox.de

Sars-CoV-2 Wie lange das Coronavirus auf Oberflächen überlebt

13. März 2020, 17:15 Uhr

Ob Türklinken, Touchscreens oder der Haltgriff im öffentlichen Nahverkehr: Wir fassen ständig Dinge an, an denen vom neuen Coronavirus infizierte Menschen das Virus Sars-CoV-2 hinterlassen haben könnten. Aber wie lange überlebt es auf solchen Oberflächen? Eine Studie aus den USA kommt jetzt zu dem Schluss: bis zu 72 Stunden. Eine deutsche Studie geht allerdings von einer Überlebensdauer von bis zu neun Tagen aus.

Auf Kunststoff und Edelstahl überlebt das Coronavirus Sars-CoV-2 bis zu 72 Stunden - also bis zu drei Tage. In der Luft ist es dagegen bereits nach etwa drei Stunden nicht mehr nachweisbar. Das schreibt ein Forschungsteam des US-Gesundheitsinstituts NIH und der Seuchenschutzbehörde CDC. Die Untersuchung wird erst noch im Fachmagazin New England Journal of Medicine erscheinen. Sie wird derzeit noch von Wissenschaftlern, die nicht an der Studie beteiligt waren, geprüft, ist aber bereits vorab veröffentlicht worden.

Die US-Virologen haben ihre Angaben mithilfe von Experimenten entwickelt. Mit den Tests wollten sie herausfinden, auf welchen Oberflächen das Virus besonders gut überlebt und sich dadurch womöglich auch auf Personen überträgt, die mit der Fläche in Kontakt kommen. Zwar sind laut Robert Koch-Institut bisher keine Fälle bekannt, in denen das Virus durch Gegenstände übertragen wurde, aber trotzdem kann es sein, dass das prinzipiell möglich ist. Außerdem hat das US-Forschungsteam das Virus mit seinem Verwandten Sars-CoV-1 - dem Erreger der SARS-Epidemie 2003 - verglichen.

Coronavirus verhält sich ähnlich wie SARS

Das Ergebnis der Tests: Beide Viren haben eine ähnliche Halbwertszeit - sowohl auf Oberflächen als auch in Aerosolen, die etwa durch Husten in die Umgebungsluft abgegeben werden. Auf Stahl und auf Kunststoff halten sich die Erreger der Studie zufolge bis zu 72 Stunden. Das heißt, dass solange noch lebensfähige Viren nachweisbar waren, ihre Menge sich aber deutlich reduziert hatte. Auf Pappe und Papier dagegen überlebte das Virus nur bis zu 24 Stunden. Im Gegensatz zum verwandten SARS-Virus immerhin acht Stunden länger. Die Versuche haben alle bei Raumtemperatur stattgefunden, schreibt das Forschungsteam. Es könne sein, dass das Virus bei kälteren Temperaturen sogar noch länger aktiv bleiben kann.

Dass das Virus auch auf Oberflächen noch länger aktiv bleibt, ist vor allem ein Problem für die Krankenhäuser, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Denn auch dort bestünden viele Oberflächen aus Edelstahl oder Kunststoffen. Das zeige die "Verwundbarkeit von klinischen Umgebungen" für die Einschleppung und Verbreitung des neuen Coronavirus.

Deutsche Studie spricht von bis zu neun Tagen Aktivität

Stimmen die Ergebnisse der US-Studie, dürften die Viren weniger lange aktiv auf Oberflächen sein als bisher angenommen. Eine Untersuchung der Universitäten Greifswald und der Ruhr-Universität Bochum hatte im Februar ergeben, dass das neuartige Coronavirus auf Oberflächen aus Metall, Glas oder Kunststoff bis zu neun Tage überleben könne. Das hatte das Forschungsteam nach Auswertung der derzeitigen Studienlage ermittelt.

Im Krankenhaus können das zum Beispiel Türklinken sein, aber auch Klingeln, Nachttische, Bettgestelle und andere Gegenstände im direkten Umfeld von Patienten, die oft aus Metall oder Kunststoff sind.

Die Flächen könnten jedoch durch Oberflächendesinfektionsverfahren mit 62-71 % Ethanol, 0,5 % Wasserstoffperoxid oder 0,1 % Natriumhypochlorit innerhalb von nur einer Minute wirksam inaktiviert werden, so die Forschenden in ihrer Veröffentlichung.

Ansteckungsgefahr durch Viren auf Oberflächen?

Die US-Studie konnte noch nicht klären, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit man sich aufgrund aktiver Viren auf Oberflächen infizieren kann - also etwa durch eine Schmierinfektion. Es kommt aber auch darauf an, wie viele Viren an einer Stelle aufgenommen werden, also wie groß die Viren-Konzentration etwa an der Türklinke ist. Wie viele das für eine Ansteckung sein müssten, ist aber noch nicht bekannt.

Auch Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder die Stabilität des Virus spielten eine Rolle für seine Ausbreitung, betonen die Forschenden. An diesen Fragen werde nun mithilfe weiterer Experimente gearbeitet. Die größte Ansteckungsgefahr ist also bisher in Bus und Bahn nicht primär die Haltestange, sondern der hustende Sitznachbar.

kie