Das Altpapier am 13. Februar 2019 Ästhetik als Folklore

Das ZDF hat ein neues Kulturangebot (mit altem Namen). Außerdem: Ist der ARD-Film "Lotte im Bauhaus" zu brav? Wie war der Spiegel 1968 drauf? Und wie ist jemand drauf, der im Zusammenhang mit Menschen das Wort "Frühwarnsystem" hinschreibt? Ein Altpapier von René Martens.

Dinge, die in Werkstätten produziert werden, sind für die Öffentlichkeit normalerweise ja erst von Belang, wenn sie fertig sind - und nicht schon dann, wenn noch über das herzustellende Produkt diskutiert wird. Weil sich der Politikjournalismus seine Agenda aber von den Parteien vorgeben lässt, anstatt eigene Schwerpunkte zu setzen, war’s beim "Werkstattgespräch" der CDU zur Flüchtlingspolitik natürlich anders.

Udo Stiehl kritisiert in seinem Blog nicht die Berichterstattung an sich, sondern eine darin zum Ausdruck kommende sprachliche Verrohung:

"Natürlich war in diesem Zusammenhang auch wieder von der "Flüchtlings-Krise" zu hören. Wessen Krise das tatsächlich ist, bleibt weiterhin Spekulation und Parteibuch überlassen. Und wäre es nur um diese Formulierungen gegangen: Die sind nicht neu. Interessant ist es, die Wortwahl insgesamt zu betrachten, nachdem das "Werkstattgespräch" beendet war. Die Parteivorsitzende gibt eine wortgewaltige Forderung bekannt."

In diesem Zusammenhang kritisiert Stiehl konkret tagesschau.de:

"Ein 'Frühwarnsystem' soll es sein. So etwas wurde bisher für Raketenabwehr und Tsunamis gefordert. Nun auch für Migranten. Und dieser Begriff gelangt problemlos in die Berichterstattung. Ohne Anführungszeichen, um es als Zitat von Kramp-Karrenbauer zu kennzeichnen, die ebendiesen Begriff einsetzt."

Ohne Anführungszeichen berichtete nicht nur tagesschau.de, sondern auch der MDR, der das Altpapier finanziert, und das ZDF. Der Deutschlandfunk und der Tagesspiegel hielten es für angebracht, welche zu setzen.

Das wirft natürlich Fragen auf: Ist die unkommentierte bzw. gar distanzlose Verwendung eines Begriffs, der Flüchtende wahlweise als militärische Bedrohung oder Naturkatastrophe darstellt, ein Ausdruck von Nachlässigkeit? Oder ist die hier zum Ausdruck kommende Enthumanisierung der journalistischen Sprache ideologisch intendiert?

Deutsch-türkische Gemeinsamkeiten

Bereits am Montag ging es hier um den von hiesigen Medien bisher wenig beachteten Fall des freien Kölner Journalisten Adil Demirci, der seit April 2018 in einem türkischen Gefängnis sitzt. Volkan Agar hat für taz.gazete nun Freundinnen und Freunde aus Deutschland gesprochen. Agar schreibt:

"Eigentlich arbeitet Demirci seit 2016 hauptberuflich beim Jugendmigra­tions­dienst in Remscheid. Dort berät er junge Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren oder aus Syrien oder Afghanistan geflüchtet sind. Er vermittelt Praktika, organisiert Sprachkurse, hilft bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen. Als freier Journalist schreibt und übersetzt er seit etwas mehr als fünf Jahren für die türkische sozialistische Nachrichtenagentur ETHA – dieselbe Agentur, für die auch Meşale Tolu gearbeitet hat. Demirci schrieb etwa über 'Black Lives Matter', die Nachwirkungen des Arabischen Frühlings oder Proteste gegen die französische Arbeitsmarktreformen."

Inwiefern es zwischen dem Vorgehen deutscher und türkischer Behörden gegen Gegner der türkischen Regierung Parallelen gibt - das ist eine Frage, die aktuell aufpoppt, weil das Bundesinnenministerium wegen angeblicher PKK-Nähe den Buchverlag Mezopotamien und den MIR-Multimedia-Musikvertrieb verboten hat. Kein medienkolumnistisches Thema? Zumindest die im Neuen Deutschland zitierte Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke macht es zu einem:

"Das Verbot gleicht dem Vorgehen türkischer Behörden, die mit ähnlichen Begründungen kurdische Zeitungen, Verlage und Schulen zum Schweigen bringen."

In einem ND-Kommentar kritisiert Sebastian Bähr die "schwammige, bisher kaum belegte Begründung" - und warnt angesichts der Razzia bei den beiden Unternehmen in Neuss:

"Wenn Polizisten in Deutschland lastwagenweise linke und humanistische Bücher abtransportieren, müssen in Anbetracht der Geschichte die Alarmglocken läuten."

Ein Film für eure Eltern

Der MDR, also unser MDR, findet in der Medienkritik aktuell reichlich Resonanz, weil er senderseitig federführend  verantwortlich ist für den von Nico Hofmann produzierten und daher viel besprochenen Fernsehfilm "Lotte am Bauhaus", der die Geschichte einer fiktiven Bauhaus-Schülerin erzählt. Nikolaus von Festenberg (Tagesspiegel) hat "einen mitreißenden Film" gesehen:

"Wir sind dabei, wenn die TV-Fiktion einen wichtigen Moment der Frauenbefreiung in Deutschland zurückholt: Die Frauen ergreifen das Recht, sich zu Künstlerinnen ausbilden zu lassen."

Andrea Kaiser, epd medien, ist ebenfalls positiv gestimmt:

"Die Ufa-Produzenten Benjamin Benedict und Nico Hofmann wollen mit diesem Film einmal mehr in bewährter Machart 'Zeitgeschichte emotional transportieren', wie Programmdirektor Volker Herres es beschreibt (…) Diesmal ging das emotionale Konzept besser auf als sonst. Denn der Ansatz, Zeitgeschichte als Liebes- und Privatgeschichte zu erzählen, hatte hier eine inhaltliche Berechtigung, nicht nur eine Funktion, die meist darin besteht, komplexe Inhalte so weit runterzubrechen, dass noch das schlichteste Zuschauergemüt mitkommt. Das Private ist hier wirklich das Politische, denn das Private ist es, das die hochbegabte Lotte am beruflichen Durchmarsch hindert."

Kritik formuliert Kaiser aber auch:

"Die Rechts-Links-Auseinandersetzung der Weimarer Republik, die Repressalien gegen das 'linke' Bauhaus, der zunehmend offene Antisemitismus werden in diesem Film zwar laufend zitiert, bilden aber nur die Kulisse, vor der Lottes Geschichte spielt."

Brigitte Knott-Wolf (Medienkorrespondenz) meint:

"Dadurch, dass der Film einerseits das aggressive politische Zeitklima hervorhebt, bei dem sich politische Extreme aller Art unversöhnlich gegenüberstehen, lässt er die Bauhaus-Bewegung vor allem als Befreiungsgeschichte von gesellschaftlichen Zwängen aller Art erscheinen, sozusagen als Vorgeschichte der 68er-Studentenrevolution. Dabei zeigt er andererseits aber ebenso eindrücklich, an welchen Zwängen die Protagonistin, eben weil sie eine Frau war, selbst im Umfeld des Bauhauses zu leiden hatte."

Ich habe den Film auch gesehen und bin da eher bei der SZ, jedenfalls, was folgenden Kritikpunkt angeht:

"Das Bauhaus gerät zum ästhetischen Rahmen, zum Beistück, zur Historie. Und leider auch zur Folklore. Das Bauhausdenken zwischen politischer Aufbruchstimmung, sozialer Utopie und ästhetischer Revolte, ja eigenwilliger Kunsttheorie bleibt dem Betrachter eher fremd. Das wäre aber eine Chance gewesen: Das Feuilleton-Bauhaus mit den Mitteln des Fernsehens populär aufzubereiten. Mit anderen Worten: Weniger Liebe zu Mann oder Frau und mehr Hingabe an das Ding an sich, an Möbel, Haus, Stadt und Welt - das wäre auch eine denkbare Variante für einen Film über das Bauhaus gewesen."

Dass man nicht willens ist, ein optisch derart "dankbares" Thema wie das Bauhaus in eine zumindest halbwegs angemessene Film-Ästhetik umzusetzen - das ist ein maßgeblicher Makel. Einen anderen benennt FAZ-Rezensentin Ursula Scheer. Sie ärgert sich darüber, dass Hofmann und Co. sich hier für "eine Geschichte aus der Retorte" entschieden haben:

"Warum wurde hier keine echte Biographie verfilmt und stattdessen die Verdrängung der vielen aus dem Gedächtnis verschwundenen Bauhauskünstlerinnen wiederholt – zugunsten einer Figur, die es nie gab, aber nach den Vorstellungen unserer Zeit hätte geben können? Warum wurde nicht der Lebensweg Friedl Dickers, der 1944 in Auschwitz endete, ins Zentrum gerückt? Entstanden wäre wohl weniger leicht konsumierbare Abendunterhaltung. Aber (…) ein Film, der sich gelohnt hätte."

Anders gesagt: Ihr könnt euren Eltern diesen, um es mit Scheer zu sagen, "sehr artigen" Film sehr guten Gewissens als Abendunterhaltung empfehlen, ihr selbst müsst ihn nicht gucken. Wobei Hannah Pilarczyk (Spiegel Online) sich nicht einmal zu dieser Einschätzung durchringen würde. Ihre Urteile: "pseudofeministisch", "unsäglich".

In einer Gesamtbetrachtung der Öffentlich-Rechtlichen könnte man den mutlosen Umgang mit der historischen Wirklichkeit in der Fiktion vielleicht in einem Zusammenhang sehen mit der Art, wie in den dokumentarischen Formaten die gegenwärtige Wirklichkeit zurecht gestutzt wird.

Die systemischen Schwächen in letzterem Bereich waren in der jüngeren Vergangenheit sehr oft Thema im Altpapier - vor allem anhand der Unsauberkeiten bei "Menschen hautnah" (zuletzt am Dienstag, aber n.v.a. auch hier), aber auch anhand der Ergebnisse von Fritz Wolfs neuer Studie "Deutschland – Doku-Land" (zuletzt am Montag), in der der Autor feststellt, dass die "Formatierung den Blick auf die Wirklichkeit verengt, weil es oft nicht um Beobachtung der Realität geht, sondern um Umsetzung von Konzepten".

Zwecks Ergänzung der Diskussion habe ich eine gekürzte Fassung eines 2013 fürs "Jahrbuch Fernsehen" veröffentlichten Essays zu den "Produktionsbedingungen von dokumentarischem Fernsehen" getumblrt. Wer es gern ganz kurz hat: bitte hier klicken. Der Text scheint mir im Kern nicht veraltet zu sein - sage ich mal so, obwohl mir bewusst ist, dass es manchmal etwas peinlich ist zu behaupten, relativ früh dran gewesen zu sein mit einem Thema, einer These o.ä.

Eine innovative Nicht-Plattform

Dass den Öffentlich-Rechtlichen gar nichts Neues einfalle, wollen wir nun aber auch nicht behaupten. Schließlich startet heute um 17 Uhr unter dem Namen "ZDF Kultur" eine Rubrik, die "virtuelle Rundgänge durch Museen und andere innovative Zugänge zu Kultur- und Wissensinstitutionen" (Horizont) bietet, und zwar in Zusammenarbeit mit "35 regional verankerte(n) Kulturinstitutionen von nationaler Bedeutung" (ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler im FAZ-Interview). Außerdem soll es unter dem Label "ZDF Kultur" im Netz bald auch "15 neue, junge Webvideoformate" (Süddeutsche) geben.

Das Projekt wird zwar erst "an diesem Mittwoch beim traditionellen ZDF-Empfang während der Berlinale" (Horizont) vorgestellt, die pfiffigen Öffentlichkeitsarbeiter vom Lerchenberg haben die Medien aber vorab schon mal recht gut munitioniert. Nicht nur der erwähnte Norbert Himmler hat der FAZ Auskunft gegeben, sondern auch Intendant Thomas Bellut Ulrike Simon von Horizont und Anne Reidt, die Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Kultur, der SZ.

Moment mal, ZDF Kultur, war da nicht mal was? Ein Spartenkanal dieses Namens existierte bekanntlich zwischen 2011 und 2016. Die Einstellung wurde bereits 2013 zu Gunsten der Schaffung jenes Angebots, das wir heute als funk kennen, beschlossen. Danach existierte ZDF Kultur aber noch lange als eine Art lebende Leiche, weil die Medienpolitik in Sachen funk nicht zu Potte kam. Ist die neue Digital-Rubrik namens ZDF Kultur nun der alte Sender in anderen Schläuchen?

Ulrike Simon bemerkt bei Horizont,

"dass die Mainzer tunlichst meiden, ZDF Kultur eine 'Plattform' zu nennen. Der Grund dürfte sein, dass es für eine Rubrik in der Mediathek, anders als für eine eigene Kulturplattform, keine Beauftragung durch die Ministerpräsidenten der Länder braucht".

Merke: "ZDF Kultur" ist übrigens nicht nur keine "Plattform", sondern auch kein "Kanal": Anne Reidt betont jedenfalls gegenüber SZ-Autor Benedikt Frank, dass man das neue Dingsbums auf gar keinen Fall als "Kanal" bezeichnen dürfe. Klar, denn das könnte ja so wirken, als hätte man die Medienpolitik überlistet. Dass das ZDF bzw. Intendant Bellut die Medienpolitik sehr wohl "überlistet" habe, meint im Übrigen Simon.

Zur allgemeinen Einordnung noch ein staatstragendes Zitat aus Michael Hanfelds FAZ-Interview mit Norbert Himmler:

"Kulturvermittlung folgt heute anderen Gesetzen als in der analogen Zeit. Dem stellen wir uns."

Und wie (das will Hanfeld natürlich wissen) wird das Ganze finanziert? Himmler:

"Bei gleichbleibenden Einnahmen muss man für etwas Neues wie ZDFkultur etwas anderes weglassen. Für das neue Angebot werden die Mittel und das notwendige Personal aus anderen Bereichen erwirtschaftet."

Da fällt einem natürlich ein, dass im Dezember die vom ZDF für 3sat produzierte Sendung "Kulturpalast" eingestellt wurde (Altpapier), und zwar unter eher geringer Anteilnahme der Medienpublizistik (siehe ebenfalls Altpapier). Die dadurch eingesparte Kohle ist möglicherweise in die neue Nicht-Plattform geflossen.

1968 im Spiegel

Anfang Januar haben wir an dieser Stelle auf Band 10 der "Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968" hingewiesen - weil dort unter anderem auf erhellende Weise die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Spiegel und der nationalsozialistisch geprägten BND-Vorläuferinstitution Organisation Gehlen, genannt Org, in den frühen 1950er Jahren beschrieben wird. Ein Propagandaobjekt der Org - darum geht es in einem anderen Kapitel des kürzlich von der FAZ besprochenen Buchs - war die NS-Widerstandsgruppe Rote Kapelle, die von der Org mit allen Mitteln der Erfindungskunst als sowjetischer Spionagering denunziert wurde.

Warum die lange Vorrede? Als Ergänzung zu dieser Geheimdienst-Geschichtsaufarbeitung lassen sich wiederum Teile des Buchs "Das braune Netz. Wie die Bundesrepublik von früheren Nazis zum Erfolg geführt wurde" lesen, das der SZ-Journalist Willi Winkler geschrieben hat. Winkler beschreibt hier, wie die Legende von der "Roten Kapelle" als sowjetischem Spionagering Bestand hatte in deutschen Medien, unter anderem beim Spiegel. Michael Angele stellt diesen Abschnitt in einer Rezension für den Freitag heraus. Winkler, so Angele, rufe

"in Erinnerung, wie unfassbar lange der Spiegel von alten Männern des NS-Regimes mitgestaltet wurde".

Der Autor einer Spiegel-Serie über die "Rote Kapelle", "die eindringlich das alte Bild vom kommunistischen Agentenring beschwor" (Focus Online!) war nämlich Georg Wolff, ein alter SS- und SD-Mann (Altpapier). Angele betont:

"Wir schreiben nicht etwa die 1950er Jahre. Die erste Folge der Serie erschien am 20. Mai 1968."

[Nachtrag, 20.2.: Der besagte Ex-SS-Mann Georg Wolff war zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser antikommunistischen Serie zwar Ressortleiter beim Spiegel, er hat sie, obwohl der Freitag es so darstellt, aber nicht geschrieben. - RM]

"Die mediale Differenz zwischen Text und Buch"

Influencer auf Instagram waren zuletzt ausführlich Thema in einem unserer Jahresrückblicke sowie in diesem Altpapier. In der Social-Media-Kolumne von pop-zeitschrift.de beschäftigt sich Marlen Hobrack nun mit einer besonderen Gruppe von Influencern, den Bookstagrammern:

"Ausgerechnet auf Instagram, das als Medium oberflächlicher Selbstdarstellung gilt, werden Bücher mit besonders viel Sorgfalt und Einfallsreichtum inszeniert. Bei sogenannten Bookstagrammern übernimmt das Buchcover die Rolle des Gesichts im Selfie."

Was zu folgenden Fragen führt:

"Gelingt im Medium Instagram auch ernstzunehmende Buchkritik? Welchen Mehrwert bietet der Produser dem Follower, wenn er Bücher zeigt?"

Erst einmal einen relativ herkömmlichen Mehrwert:

"Im Grunde passiert auf Instagram das, was wir auch in einer Buchhandlung erleben: Jemand, den wir für kompetent erachten, setzt ein Buch in Szene, gerne auch in Stapelform."

Hobracks Fazit:

"Was für alle Formen des Bookstagrams gilt, und das ist die eigentliche Pointe der Präsenz des Mediums Buch in den Sozialen Medien, ist die Bedeutung des analogen, gedruckten Buches im digitalen Medium. Nur das analoge Buch mit spürbaren, visuell wahrnehmbaren, physikalischen Eigenschaften, mit ansprechend gestaltetem Cover und sichtbaren Lesespuren lässt sich im Bild festhalten. Zwar kann uns das E-Book den Text, also den Inhalt des Buches präsentieren; es scheitert aber an der Repräsentation der Leseerfahrung. Weder evoziert es Gefühle und Erinnerungen, noch erzeugt sein Abbild das Gefühl von Behaglichkeit oder Kontemplation. Ins Bild gesetzt wird also die mediale Differenz zwischen Text und Buch. Dass das digitale Soziale Medium Abermillionen von Bücherbildern speichert, selektiert und distribuiert, ist wiederum der Triumph der vernetzten digitalen Welt über die Gutenberg-Galaxis."


Altpapierkorb ("Ligue du LOL", Queer Media Society, schwaches Kinderfernsehen, falsche Presseausweise)

+++ Der Spiegel gibt sich nicht zufrieden mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden. Das hatte dem Verlag nur ein eingeschränktes Auskunftsrecht zugestanden hinsichtlich des genauen Ausgangs eines Disziplinarverfahrens gegen einen Polizisten, der wegen Volksverhetzung einen Strafbefehl in Höhe von 4.000 Euro erhalten hatte. Andreas Szabo berichtet in seinem Blog.

+++ Wie aus dem Weißen Haus berichtende Korrespondenten sowie die BBC auf einen Angriff auf einen Kameramann des Senders bei einer Rede Donald Trumps reagierten - das berichten die NZZ und Spiegel Online (mit Agenturen).

+++ Wie eine sich unter anderem aus Journalisten zusammensetzende Facebook-Gruppe Ligue du LOL Jahre lang die Verbreitung von misogyner und rassistischer Hetze orchestriert hatte, und was das nun für Folgen hat für die, ähem, Kollegen - das ist vielerorts Thema. "Insgesamt wurden am Montag sechs Mitglieder der Ligue du LOL von ihren Posten suspendiert. Darunter der Chefredakteur des Popkulturmagazins Les Inrockuptibles, David Doucet, der sagt, die Gruppe vor sechs Jahren verlassen zu haben", schreibt Nadia Pantel in der SZ. Und Sonja Peterandl greift bei Spiegel Online auf, wie sich Opfer zu der Sache äußern: "Feministische Autorinnen, Journalistinnen und YouTuberinnen berichten davon, wie sie sexistische Beleidigungen erhielten, aber auch Fotomontagen oder pornografische GIFs, auf die Bilder ihrer Köpfe montiert worden seien. Die Journalistin Lucile Bellan beschreibt (…) wie sie und ihr Partner aufgrund ihrer feministischen Positionen immer wieder angegriffen wurden und welche Folgen die Onlineattacken für die Betroffenen haben. 'Diese Menschen sind misstrauisch, sie haben soziale Netzwerke verlassen, haben sich entschieden, nie für bestimmte Medien zu arbeiten', so Bellan."

+++ Über die Gründung der Queer Media Society, die "queere Journalist*innen, Filmemacher*innen und Schauspieler*innen verbinden und Forderungen an die eigene Branche stellen" soll, berichtet Markus Kowalski für die taz.

+++ Ein weiteres taz-Thema: Warum es im hiesigen Kinderfernsehen an Qualität mangelt. Zuletzt war das vor rund einem Monat bei der Bekanntgabe der diesjährigen Grimme-Preis-Nominierungen deutlich geworden. Die zuständige Kommission schöpfte nämlich "die Höchstzahl an möglichen Nominierungen nicht aus" und forderte von den Verantwortlichen unter anderem "eine bessere 'Zielgruppenansprache'" (epd/HAZ).

+++ Welche dubiosen Anbieter hinter den dubiosen Presseausweisen bzw. "Fantasieausweisen" stecken, die gern von Rechtsextremisten genutzt werden - das hat Henrik Merker für Zeit Online recherchiert. Warum sind die Fake-Ausweise, wie Merker sagt, ein "Problem"? Die Nutzer "geben sich als Journalistinnen aus, fotografieren und provozieren politische Gegner und werden von überforderten Polizisten an Absperrungen vorbeigelassen".

Neues Altpapier gibt es wieder am Donnerstag.