Krebsvorsorge Mehr Brustkrebs-Diagnosen: Mediziner fordern bessere Prävention und Aufklärung

26. Juli 2024, 05:00 Uhr

Der gefürchtete Knubbel in der Brust ist für die meisten Frauen eine Horrorvorstellung. Nicht jede Unregelmäßigkeit muss gleich Brustkrebs bedeuten, doch Mediziner schlagen Alarm wegen gestiegener Fallzahlen. Was sind die Gründe dafür und wie kann das eigene Risiko verringert werden?

Das Alter ist ein Risikofaktor für Brustkrebs, über den sich fast jeder Gedanken machen muss. Je älter man wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken. Während 2006 noch 58.000 Neuerkrankungen gezählt wurden, sind es heute, knapp 20 Jahre später, rund 10.000 mehr. Unter den Frauen trifft es eine von acht einmal im Leben.

Ein weiterer Risikofaktor ist Übergewicht. In den letzten Jahren sei die Zahl der übergewichtigen Menschen um 30 Prozent gestiegen, zeigte eine Studie der Krankenkasse KKH. Bei Adipositas steige das Brustkrebserkrankungsrisiko um 150 Prozent gegenüber normalgewichtigen Frauen, erklärt Cornelia Hösemann vom sächsischen Frauenärzteverband.

Alkoholkonsum erhöht das Krebsrisiko, Stillen senkt es

Hösemann zufolge trägt auch Alkoholkonsum zu einem erhöhten Risiko bei. Dabei gehe es nicht nur um Alkoholmissbrauch. Es reiche "einfach, dass man Alkohol konsumiert und da spricht man im Prinzip von einer täglichen Menge von 25 Gramm."

Das sei maximal ein Glas Wein oder ein halbes Glas Bier, das das Krebsrisiko um 30 Prozent erhöht. Das Risiko verringere sich allerdings für Frauen, die Kinder bekommen haben und diese gestillt haben deutlich, erklärt Hösemann. Sogar die gestillten Kinder würden dadurch einen geringen Schutz vor Krebs erhalten.

Erweiterung des Mammografie-Angebots

Erst Anfang Juli wurde die Vorsorge gesetzlich Versicherter erweitert. Jetzt können Frauen zwischen 50 und 75 Jahre – nicht wie bisher bis 70 Jahre – alle zwei Jahre zur Mammografie gehen. Allerdings nutzen 40 Prozent diesen Anspruch nicht. Gerd Nettekoven von der Deutschen Krebshilfe hofft hier auf mehr Aufklärung in den Arztpraxen: "Ich glaube, da brauchen wir auch die entsprechende Aufklärung, dass wirklich Frauen dieses gesetzliche Programm in Anspruch nehmen. Da sind sicher auch die Ärzte gefordert, zum Beispiel auch der ganz normale niedergelassene Hausarzt."

Hier sollten Patientinnen aufgeklärt werden, dass die Mammografie weder schmerzhaft ist noch eine gefährliche Strahlenbelastung stattfindet, noch häufig falsche Befunde festgestellt würden. Genau das seien bei vielen die Ängste. Grundsätzlich solle man schon ab dem Teeniealter, kurz nach der ersten Menstruationsblutung, die eigene Brust nach Auffälligkeiten abtasten. Die verbesserte Früherkennung decke eben mehr Fälle auf, verbessere aber zugleich die Heilungschancen, so Nettekoven.

Gesunde Lebensweise dient der Prävention

Früherkennung sei wichtig, aber besonders in der Prävention sieht Nettekoven große Chancen: "Wir müssen in Zukunft viel mehr darauf hinarbeiten, Krebserkrankungen zu vermeiden und das kann man. Wir wissen heute, dass 40 Prozent aller Krebsneuerkrankungen vermeidbar wären, wenn wir uns alle gesundheitsbewusster verhalten würden. Das ist glaube ich schon ein Potenzial, das wir für die Krebsbekämpfung überhaupt nicht nutzen."

Nettekoven bringt hier noch das Thema Rauchen und ungesunde Ernährung ins Spiel. Beides hemme die natürliche Reparatur der Zellen im Körper und begünstige eine Erkrankung deutlich.

Gesetzliche Nachjustierung gefordert

Gerd Nettekoven wünscht sich mehr politische Einflussnahme zugunsten der Krebsprävention und Aufklärung über Gefahren. Cornelia Hösemann vom Sächsischen Frauenärzteverband, die in Großpösna bei Leipzig eine eigene Praxis hat, fordert neben einer finanziellen Vergütung für ärztliche Beratung rund um Krebsfrüherkennung auch eine weitere Justierung des Brustscreening-Gesetzes. Sie wünscht sich einen Start des Mammografie-Screenings schon ab 45 Jahren: "Wir sind jetzt froh, dass die Mammografie bis 75 aufgenommen wurde, aber da ist noch die Möglichkeit nach unten, denn wir sehen eben auch jüngere Frauen."

Dass eine Altersbeschränkung hier aber nur bedingt sinnvoll ist, zeigt Hösemanns Praxisalltag. Am Tag vor dem Interview musste sie einer 90-jährigen Frau ihre Brustkrebsneuerkrankung mitteilen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | RADIO | 26. Juli 2024 | 06:48 Uhr

11 Kommentare

salzbrot vor 11 Wochen

ich kenne niemanden. Zudem gibt es kein familiäres Risiko. Ich bin über 50, hatte also längst Halbzeit und lebe ziemlich gesund (kein Übergewicht, Sport, gesunde Ernährung usw.). Mir wäre es wichtiger, endlich irgendwo als Augenarztpatientin aufgenommen zu werden. Denn sehen muss ich jeden Tag.

randdresdner vor 11 Wochen

Naja, ich denke eben, dass man immer sehr schnell mit dem Festlegen von Einschränkungen ist, wenn es einen selbst betrifft, dreht sich die Meinung schnell um 180°
Ein gutes Beispiel ist das Auto fahren. Wie oft schimpfen die jüngerer Generation auf die Alten und würden denen am liebsten das Autofahren verbieten. Irgendwann sind die jungen alt und dann ......

Anni22 vor 11 Wochen

@kritisch Wissen Sie an wie vielen Krankheiten Sie sterben können? Ich finde, man soll da drauf achten, was in der Familie (vererbbar) bekannt ist. Der Rest ist einfach Lebensrisiko. Bei Symptomen natürlich zum Arzt. (also wenn man selber was feststellt) Aber jeder wie er mag.

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