Kirchentag-Predigt "Gott ist queer": Mitteldeutsche Kirchen diskutieren über Kirchentag-Predigt
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14. Juni 2023, 13:28 Uhr
Die Schlusspredigt des Evangelischen Kirchentags vergangene Woche in Nürnberg hat für einige Diskussionen gesorgt. Der gebürtige Südafrikaner Quinton Ceasar aus dem ostfriesischen Wiesmoor forderte darin Veränderungen in der Kirche und nannte Gott "queer". Gott soll queer sein? Daran reiben sich viele Kirchenvertreter. Doch aus Mitteldeutschland gibt es nicht nur Kritik an der Aussage.
- Der Kirchenpräsident Anhalts kritisiert die Predigt des niedersächsischen Pastors scharf.
- In Thüringen erinnert man daran, dass sich das evangelische Gottesbild weder auf ein männliches noch weibliches Geschlecht festlegt.
- Für die Sächsische Landeskirche ist klar: Die Abschlusspredigt des Kirchentags sollte nicht bewertet werden.
Die Rede des gebürtigen Südafrikaners Quinton Ceasar hatte es in sich. Der Pastor aus Wiesmoor in Niedersachsen forderte Veränderungen in der Evangelischen Kirche. Veränderungen im Umgang mit denen, die Diskriminierung erfahren. Immer wieder werde das aufgeschoben, sagte der dunkelhäutige Ceasar. "Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Wir sind alle die Letzte Generation. Jetzt ist die Zeit zu sagen: Black lives always matter. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Gott ist queer."
Der Applaus der Menschen auf dem Nürnberger Hauptmarkt kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es durchaus Kritik an den Äußerungen gibt – insbesondere über den, wie Caesar es sagt, queeren Gott.
Queer ist zu verstehen als Sammelbegriff für Personen, deren geschlechtliche Identität oder sexuelle Orientierung nicht der heterosexuellen Norm entsprechen, die also etwa schwul, lesbisch, bi-, trans-, oder intersexuell sind.
Anhalts Kirchenpräsident: "Einschränkung" wird Gott nicht gerecht
In der Landeskirche Anhalt ist man alles andere als glücklich über diese Auslegung. Kirchenpräsident Joachim Liebig: "Gott ist natürlich nicht 'queer', das ist eine Einschränkung, die Gott in keiner Weise gerecht wird." Er nehme die Wut Ceasars und auch seine Forderungen hin. "Aber er unterstellt mir ja als altem weißen Mann, dass ich schon das eigentlich gar nicht sein dürfte, das ärgert mich dann tatsächlich persönlich, als theologische Ungenauigkeit und auch letztlich aus Ausgrenzung, die uns als Kirche nicht guttut."
Liebig ärgert sich auch darüber, wie Ceasar das Motto des Kirchentages ausgelegt hat, nämlich "Jetzt ist die Zeit", ein Satz, den die Bibel Jesus zuschreibt. "Die Zeit ist dann da, wenn Gott das für richtig hält. Und wenn jetzt ein Prediger meint, festlegen zu können, wann jetzt was genau Thema sein soll, dann ist das eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und ein theologischer Grundsatzfehler."
Gottesbild übersteigt heteronormativen Rahmen
In der evangelischen Kirche Mitteldeutschland geht man mit dem Pastor nicht so hart ins Gericht. Seine Herangehensweise sei, für sich genommen, legitim, sagt die Thüringer Regionalbischöfin Friederike Spengler. Die Predigt enthalte aber einige Reizwörter, für die eine Predigt der falsche Ort sei – einige Gläubige hätten eben durchaus Probleme damit, dass Gott als queer bezeichnet werde.
Den Ansatz findet Spengler aber durchaus interessant. "Ein Gottesbild, was sich festlegt auf einen Sexus, den wir Mann oder Frau nennen, ist jedenfalls nicht das Gottesbild, das ich aus der evangelischen Theologie kenne, sondern es ist ein Gottesbild, was genau diesen Rahmen übersteigt und sprengt und sagt: ich bin nicht festgelegt darauf. Wenn das damit gemeint ist, dann ist es erstmal eine Aussage, die ich theologisch durchaus ernst nehmen und diskutieren kann."
Sächsische Landeskirche: Predigt nicht bewerten
Gar nicht diskutieren will die sächsische Landeskirche. Der Kirchentag sei eine evangelische Laienbewegung und als solche bewusst unabhängig, heißt es in einem schriftlichen Statement. Die Gremien entschieden in dieser Tradition eigenständig über Themen, Redner oder Prediger. "Die sächsische Landeskirche hält es aus diesem Grund nicht für angemessen, die Predigt eines Pfarrers auf dem Abschlussgottesdienst des Kirchentages zu bewerten. Ganz grundsätzlich kann und darf über Predigten diskutiert werden, dies entspricht dem evangelischen Gedanken der Mündigkeit aller Gläubigen."
Das solle aber immer respektvoll geschehen mit Achtung vor verschiedenen Glaubenseinsichten, Frömmigkeitsformen und biografischen Erfahrungen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. Juni 2023 | 06:00 Uhr
Maria A. am 15.06.2023
Jeder, der ins Büchlein schaut, wird bestätigen, dass mittlerweile leider sehr viel mehr stimmt, was dieser Mann an Zukunftsvisionen niederschrieb, als die zitierten Äußerungen zum Niedergang der Religion.
astrodon am 15.06.2023
@Eddi58: " Die Notwendigkeit wurde erkannt, aber die Mehrheit der Abgeordneten sah das anders" - wie ich schon schrieb: Keine DRINGENDE Notwendigkeit.
Maria A. am 15.06.2023
Das sagt einiges aus zu dem, was ich hinsichtlich der Weissagung von Irlmaier erwähnte. Die Interpretationen der Frau Haseleu sind aber fast Verächtlichmachung und kein Spott mehr. Zum Glück gibt's ja den Ausschaltknopf. Mich würde interessieren, ob diese Frau in Gottesdiensten predigt. Und falls, ob die noch "gut besucht sind".