Regionalzug und Auto fahren aneinander vorbei. Arbeitspendler zwischen Ost und West: Es sind in beiden Richtungen mehr geworden.
Arbeitspendler zwischen Ost und West: Es sind in beiden Richtungen mehr geworden. Meist sind sie mit Auto oder Bahn unterwegs. Bildrechte: IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Neuer Rekord Zahl der Ost-West-Pendler ist wieder gestiegen

22. Mai 2024, 13:44 Uhr

Hunderttausende Menschen aus Ostdeutschland pendeln nach wie vor zur Arbeit in den Westen. Und ihre Zahl ist zuletzt wieder gestiegen, auf deutlich mehr als vor zehn Jahren. Der Linke-Abgeordnete Jan Korte kritisiert das. Ein Arbeitsmarktforscher sieht die Sache allerdings ganz anders.

Mehr als drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit wächst die Zahl der Berufspendler von Ost nach West wieder. Fast 447.000 Menschen hatten 2023 ihren ersten Wohnsitz in den östlichen Bundesländern und ihre Arbeit im Westen, rund 50.000 mehr als zehn Jahre zuvor.

Das geht aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor, die der Linke-Bundestagsabgeordnete Jan Korte abgefragt hat. Auch in der umgekehrten Richtung ist die Zahl der Pendler demnach deutlich gestiegen – von knapp 118.000 im Jahr 2013 auf rund 235.000 zehn Jahre später.

"Neuer Rekordstand" seit 2013

Für die Zahl der Ost-West-Pendler sprach Korte, der seinen Wahlkreis in Sachsen-Anhalt hat, von einem "neuen Rekordstand". Tatsächlich belegen Studien, dass insgesamt mehr Berufstätige pendeln.

Jan Korte, DIE LINKE, während der Sitzung des deutschen Bundestags am Rednerpult.
Jan Korte im Bundestag: "Mobilitätsgeld" gefordert Bildrechte: imago images/Christian Spicker

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung gab ihre Zahl zum Stichtag 30. Juni 2022 mit 20,3 Millionen an, 7,1 Millionen fuhren mehr als 30 Kilometer zur Arbeit und etwa 3,9 Millionen mehr als 50 Kilometer – seit der Ausbreitung von Homeoffice allerdings nicht unbedingt jeden Tag. Das Institut erklärte, flexibleres Arbeiten mache kleinere Städte attraktiver.

Linke-Politiker Korte verwies jedoch auf negative Folgen: "Die Zahlen zeigen, dass wir uns eher weiter von einer nötigen Mobilitätswende entfernen, als ihr näher zu kommen." Korte kritisiert hier die steuerliche Pendlerpauschale, die Besserverdiener begünstige. Er fordert ein "Mobilitätsgeld", mit einem festen Betrag pro Kilometer und für alle Pendler gleich hoch.

Zugleich brauche es mehr öffentlichen Nahverkehr in der Fläche und Strukturförderung im Osten, "damit wir den Pendlerverkehr verringern und weg vom Auto hin zu Bussen, Bahn und Fahrrad", sagte Korte.

Dauth: Ost-West-Pendler-Zahl "relativ gering"

Anders als der Linke-Politiker schätzte Wolfgang Dauth vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Gespräch mit MDR AKTUELL die Zahl der Pendler von Ost nach West als "relativ gering" ein. Er erklärt höhere Pendler-Zahlen mit der gestiegenen Zahl der Beschäftigten insgesamt und weniger mit niedrigeren Löhnen im Osten oder fehlenden Arbeitsplätzen.

Nur knapp sieben Prozent aller Pendler wohnen nach seinen Angaben im Osten und arbeiten im Westen, umgekehrt sei es etwa ein Prozent. Und der Anteil sei über die vergangenen zehn Jahre "ziemlich stabil geblieben".

Nach den Worten von Dauth bei MDR AKTUELL, der auch Professor an der Universität in Bamberg ist, sind es "verschwindend wenige Personen", die vom Osten in den Westen pendelten.

Büro von Korte bleibt bei seiner Sicht

Auf eine Nachfrage von MDR AKTUELL bekräftigte allerdings das Bundestagsbüro von Korte seine Einschätzung – mit Verweis auf Daten der Behörde aus Nürnberg. Demnach hatten 2013 nach den Angaben der Bundesarbeitsagentur 397.351 Menschen mit Wohnort im Osten ihren Arbeitsort im Westen – und 2023 seien es 446.640 gewesen.

Natürlich erkläre sich das zum Teil auch mit der gestiegenen Zahl der Beschäftigten insgesamt. Trotzdem, hieß es aus dem Büro von Korte, "sehen wir hier durchaus einen signifikanten Ost-West-Unterschied", der sich eben auch durch bessere Arbeitsbedingungen im Westen erklären lasse.

dpa / MDR AKTUELL (ksc)

Spicale mobil Arbeitssuche 2 min
Bildrechte: Hoferichter&Jacobs GmbH
2 min

Gerhild Spicale erinnert sich

MDR FERNSEHEN Di 22.10.2019 22:05Uhr 02:06 min

https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/arbeit-umzug-westen-generation-wende-100.html

Rechte: Hoferichter & Jacobs GmbH

Video
Ingrid Podliply auf dem MDR-AKTUELL in Zittau 2 min
Ingrid Podliply auf dem MDR-AKTUELL in Zittau Bildrechte: mdr
2 min

Ingrid Podliplys Kinder sind vor 20 Jahren der Arbeit hinterhergezogen. Jetzt gebe es Arbeit in Zittau, aber die Löhne seien zu niedrig.

Do 01.08.2019 09:23Uhr 01:41 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wahlen/menschen-mittendrin/video-323876.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 21. Mai 2024 | 16:48 Uhr

Mehr aus Deutschland

Mehr aus Deutschland