Maskierte Polizisten bei Razzia gegen rechtsextreme Gruppe "Artgemeinschaft"
Am Mittwoch fand eine Razzia in mehreren Orten gegen die rechtsextreme Gruppe "Artgemeinschaft" statt. Bildrechte: mdr

Nach Razzia bei Artgemeinschaft Mehrere rechtsextreme Gruppen verkünden Auflösung

29. September 2023, 15:10 Uhr

Nach dem Verbot der rechtsextreme "Artgemeinschaft" haben mehrere rechtsextreme Gruppen ihre Selbstauflösung bekanntgegeben – eine aus Thüringen und eine aus Sachsen. Dahinter steckt ein altbekanntes Muster.

Kurz nach dem Verbot und der Razzia bei der "Artgemeinschaft" verkündeten mehrere rechtsextreme Gruppierungen ihre Selbstauflösung. Darunter befindet sich auch die neonazistische "Arische Bruderschaft" aus dem Umfeld von Thorsten Heise, dem thüringischen Vize-Landesvorsitzenden der Partei "Die Heimat" (ehemals NPD). Mit der eigenständigen Auflösung sind in der Vergangenheit immer wieder rechtsextreme Gruppierungen einem Verbot und den damit verbundenen Konsequenzen zuvorgekommen.

Am Donnerstag kündigte auch die völkische Initiative "Zusammenrücken in Mitteldeutschland" ihre Selbstauflösung an. Für die vor allem rund um die Kleinstadt Leisnig aktive Initiative warben seit 2020 zum Teil einschlägig bekannte Neonazis für einen Umzug nach Mitteldeutschland, einige der im Umfeld des völkischen Projektes aktiven Neonazis waren zuvor selbst von Westdeutschland nach Mittelsachsen gezogen.

Ein Großteil von ihnen war zuvor auch in anderen rechtsextremen Parteien und Gruppierungen aktiv – unter anderem in der seit 2009 verbotenen, ebenfalls völkischen "Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ). Einer Nachfolgerorganisation der Hitlerjugend. Das Motiv hinter dem Umzug nach Mitteldeutschland beschrieb Christian Fischer, einer der Männer hinter "Zusammenrücken", in einem Podcast so: "(..) hier ist die Volkssubstanz halt noch vernünftig und kann bewahrt werden." Gemeint ist: die weiße, vermeintlich arische "Volkssubstanz".

Durchsuchung bei Neonazi in Sachsen

Razzia im Zuge des Verbots der „Artgemeinschaft“ im sächsischen Leisnig, Ortsteil Naunhof.
Razzia in Leipzig im Zuge des Verbots der "Artgemeinschaft". Bildrechte: Thomas Datt/MDR

Deren "Erhalt" wollten auch die Mitglieder der "Artgemeinschaft". Der Verein, der sich Anfang der 1950er Jahre gründete, wurde am Mittwoch durch das Bundesinnenministerium verboten. Bei führenden Mitgliedern fanden Durchsuchungen statt. So auch bei Lutz G., ein mehrfach vorbestrafter Neonazi mit mannigfaltigen Verbindungen in die rechtsextreme Szene. Auch er war für die Initiative "Zusammenrücken" aktiv. Auf dem Hof von G. im sächsischen Leisnig fanden die Ermittler bei der Razzia neben Erkennungszeichen der "Artgemeinschaft" auch eine vergoldete Hitlerbüste.

Mit Hofbesitzer G., seinen Kameraden und der nun selbstaufgelösten Initiative "Zusammenrücken" habt sich MDR exakt schon vor zwei Jahren beschäftigt. Deren völkische "Blut-und-Boden"-Ideologie rief auch den Verfassungsschutz auf den Plan. Dieser bestätigte im Sommer dieses Jahres, "Zusammenrücken in Mitteldeutschland" unter Beobachtung gestellt zu haben.

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Ein seltenes Bild: Hammerskins marschieren mit ihren Symbolen – zwei gekreuzte Zimmermannshämmer auf einem Zahnrad – auf. In der Regel scheuen sie die Öffentlichkeit. Bildrechte: MDR/WDR, honorarfrei

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. September 2023 | 07:30 Uhr

27 Kommentare

Goldloeckchen vor 31 Wochen

„als bei Menschen die seit 1949 wirtschaftliche und politische Stabilität und persönlichen Wohlstand erlebt haben.“

Weil die keine Erfahrung mit einer Diktatur hatten, ist das kein Vorteil wenn diese an die Tür klopft 🇩🇪😉

🫣☝️😉😂

Thommi Tulpe vor 31 Wochen

Ich habe nicht bewertet, ob dieser Kampf ultralinks kontra ultrarechts notwendig ist. Dieser ist allerdings nicht erst in unserer jüngeren Geschichte existent. Radikales ist keine "Erfindung" der Neuzeit, auch keine "typisch deutsche Erscheinung".
Sicher bräuchten wir von allem sehr viel mehr, was Sie ansprechen. Aber wie soll man z. B. zu mehr Respekt in für "in Regierungsverantwortung gewählte Politiker" gewinnen, wenn es selbst in der Regierung an Respekt unter den Koalitionspartnern fehlt, erschwerend hinzu Politiker aller Couleur sich gegenseitig "beschießen" - FDP gegen Grüne, CDU gegen die "Ampel", alle gegen Nazis, Blaubraun gegen alles ...?
Und Sie sehen selber die aktuelle Entwicklung: Für Nächstenliebe, Mitmenschlichkeit und Humanismus sind offensichtlich in Deutschland zu wenig Unterbringungsmöglichkeiten, zu wenige Kindergärten, zu wenige Schulen vorhanden.

Thommi Tulpe vor 31 Wochen

Nach der Wende waren im Osten Deutschlands Porno-Zeitschriften genau so leicht zu verkaufen wie Rechtsradikales. Beides war in der DDR verboten, obwohl es sicher in Bezug auf die "Schmuddel-Heftchen" sowie Braunes Leute gab, welche selbst im "real existierenden Sozialismus" sowas gern gehabt hätten.

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