Hochspannungsleitung vor dunklen Gewitterwolken.
Ab Januar dürfen Stromnetzbetreiber die Leistung von Wärmepumpen und privaten E-Auto-Ladestationen kurzfristig drosseln, wenn eine Netzüberlastung droht. Bildrechte: IMAGO/Panama Pictures

Notfallregelung Anbieter begrüßen Möglichkeit, Strom für Wärmepumpen und Wallboxen zu drosseln

29. November 2023, 07:06 Uhr

Nach Angaben der Bundesnetzagentur sind zahlreiche Stromnetze vor Ort noch nicht ausreichend für kurzfristige Belastungsspitzen durch viele Wärmepumpen und Ladestationen für E-Autos ausgelegt. Droht eine Überlastung, dürfen Stromnetzbetreiber deshalb ab Januar die Leistung von Wärmepumpen und privaten Ladeboxen kurzfristig drosseln. Die Betreiber begrüßen das, Verbraucher haben keine Nachteile zu befürchten.

Raja Kraus, Autorin, Reporterin
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

  • Trotz der Notfallregelung ist es unwahrscheinlich, dass es ab 2024 oft und flächendeckend zu Leistungsdrosselungen kommen wird.
  • Besitzerinnen und Besitzer von Wärmepumpen und E-Autos werden die Drosselungen kaum bemerken.
  • Kundinnen und Kunden erhalten im Gegenzug eine Ermäßigung.

Die Wärmepumpe sorgt dafür, dass es zu Hause schön warm ist, und in der Garage lädt das E-Auto. So sieht das Zukunftsszenario der Energie- und der Verkehrswende aus. Aber verkraften das auch die Stromnetze, die die Haushalte versorgen?

Im Moment noch nicht, sagt der Pressesprecher der Bundesnetzagentur Fiete Wulff. "Wärmepumpen oder private Ladeeinrichtungen für Elektroautos haben höhere Leistungen als die meisten Haushaltsgeräte und sie beziehen auch häufig gleichzeitig Strom. Zum Beispiel, wenn die Menschen abends alle nach Hause kommen und ihr Auto laden."

Die örtlichen Netze sind zwar laut Wulff schon in der Lage, einzelne neue Anlagen aufzunehmen und zu versorgen. "Aber auf einen schnellen Hochlauf sind viele Niederspannungsnetze aktuell nicht ausreichend ausgelegt."

Häufige und flächendeckende Drosselungen unwahrscheinlich

Da die Energie- und Verkehrswende aber vorangehen soll, hat die Bundesnetzagentur eine Neuregelung getroffen. Die besagt im Kern, dass Netzbetreiber die Leistung von neu installierten Wärmepumpen und E-Ladesäulen in Privathaushalten ab Januar bei drohender Netzüberlastung kurzfristig drosseln dürfen.

Das sei ein "wichtiges Notfallinstrument", findet Marvin Macke, Sprecher beim Energieversorger E.ON. "Kein Kunde und keine Kundin soll mit einem Umstieg auf E-Mobilität oder umweltfreundliche Wärmeerzeugung in irgendeiner Form warten müssen, bis das Netz vollständig aufgebaut ist. Nichtsdestotrotz müssen wir natürlich auch die lokale Netzstabilität im Blick behalten." Die habe höchste Priorität.

Sowohl Marvin Macke als auch Fiete Wulff von der Bundesnetzagentur betonen aber: Dass es ab 2024 oft und flächendeckend zu Drosselungen kommt, ist unwahrscheinlich. Die Netze verkraften Ladesäulen und Wärmepumpen bisher gut.

Drosselungen kaum spürbar und unschädlich für Anlagen

Eine solche Drosselung würde von Besitzerinnen und Besitzern von Wärmepumpen oder Ladesäulen aber kaum bemerkt, erklärt Peter Schegner. Er ist Direktor des Instituts für Elektrische Energieversorgung und Hochspannungstechnik an der TU Dresden. Den Anlagen schade eine Leistungsreduzierung auch nicht.

Schegner schränkt aber grundsätzlich ein: "Die technischen Voraussetzungen, dass man jetzt E-Ladestationen abriegeln könnte, sind bei sehr, sehr wenigen Haushalten gegeben." Es gebe nur sehr wenige, die diese Möglichkeit bisher überhaupt umgesetzt hätten. Idealerweise würde eine Leistungsdrosselung aufgrund von Echtzeitdaten erfolgen.

Dazu braucht es sogenannte Smart Meter, intelligente Stromzähler, bei deren Ausbau Deutschland aber noch weit hinterherhängt, wie auch E.ON-Sprecher Marvin Macke einräumt. Eine Alternative wäre, Kundinnen und Kunden bei der Anmeldung einer neuen Wärmepumpe oder Wallbox, eine Schaltanlage einzubauen.

Auch Netzbetreiber in der Pflicht

Beim größten ostdeutschen Verteilnetzbetreiber MITNETZ STROM heißt es auf Anfrage von MDR AKTUELL schriftlich: "Aktuell haben wir rund 30.000 Smart Meter in unserem Netzgebiet verbaut. Dies wird in den kommenden Jahren weiter ausgebaut."

Im Gegenzug für die Eingriffsmöglichkeit gibt es für Kundinnen und Kunden reduzierte Netzentgelte. Eine Übergangslösung – bis die Netze in Deutschland so weit sind, dass sie noch einmal deutlich mehr Wärmepumpen und E-Autos verkraften. Die Neuregelung nimmt so auch die Netzbetreiber in die Pflicht. Die müssen ihre Netze weiter ausbauen und dürfen die Installation neuer Anlagen nicht mehr verzögern.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. November 2023 | 06:09 Uhr

98 Kommentare

nilux am 30.11.2023

Du verwechselst hier wahrscheinlich was. Es geht hier ja nicht um Nachtspeicheröfen.
Solche Wärmepumpentarife sind mir jedenfalls unbekannt bzw. ich würde sie nicht buchen, das wäre ja idiotisch. Schließlich hätte man dann ja trotz Speicher tagsüber kaum warmes Wasser zum Duschen etc.

Im Übrigen macht (zumindest bei mir) die Warmwasseraufbereitung den Großteil der Kosten aus, da man dieses ja auch im Sommer braucht. Clever ist hierbei übrigens die Kombination mit Solarthermie oder einem Kaminofen. Die meisten Systeme mit Wärmepumpe sind für "Zweitheizer" bereits vorbereitet.

nilux am 30.11.2023

Deutschland ist keine Insel und ist lediglich auf Erzeugerseite aus dem Atomstrom ausgestiegen. Auf der Verbrauchseite setzen wir ja weiter darauf indem wir ihn importieren. Deshalb gebe ich dir in diesem Punkt recht, das ist in der Tat heuchlerisch.

nilux am 30.11.2023

Die heimische Gasförderung hat sich bisher nicht gelohnt, deshalb hat man die Idee aufgegeben.
Ich hätte übrigens nichts dagegen wenn du für die teure Förderung viel Geld bezahlst. Aber da hört deine "Freiheit" wahrscheinlich ganz schnell auf 😉

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