Bundestagsfraktion AfD scheitert mit Eilantrag zu Ausschussvorsitzenden

23. Juni 2022, 11:10 Uhr

Theoretisch stehen der AfD im Bundestag drei Ausschussvorsitze zu – doch bisher ist allen Kandidaten der Partei für den Vorsitz die Wahl verweigert worden. Dagegen geht die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht vor. Dort ist ein Eilantrag zunächst gescheitert, doch die Richterinnen und Richter schließen nicht aus, dass die Partei ungerecht behandelt wird.

Die AfD ist vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Antrag gescheitert, dass ihre Kandidaten zumindest vorläufig den Vorsitz in mehreren Bundestagsausschüssen übernehmen. Der Zweite Senat wies in einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung den Eilantrag der Partei ab.

Die Frage müsse erst im Hauptverfahren geklärt werden, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Es sei "nicht von vornherein völlig ausgeschlossen", dass hier Rechte der AfD-Fraktion verletzt seien, teilten die Karlsruher Richterinnen und Richter am Donnerstag mit. (Az. 2 BvE 10/21)

Die AfD-Fraktion hatte nach der Bundestagswahl in drei Ausschüssen Kandidaten für den Vorsitz vorgeschlagen, aber alle drei wurden nicht gewählt. Die Partei hält das für verfassungswidrig, da nach den früheren Gepflogenheiten jede Fraktion gemäß ihrer Stärke den Vorsitz in einem Bundestagsausschuss erhielt. Ihre Kandidaten scheiterten im Innenausschuss, im Gesundheitsausschuss und im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit.

Ausschussvorsitze werden eigentlich nach Fraktionsgröße verteilt

Die Ausschüsse werden in jeder Wahlperiode neu benannt und besetzt. "Die Ausschussvorsitzenden haben eine bedeutende Position", heißt es auf der Homepage des Bundestags. Sie bereiten die Sitzungen vor, berufen sie ein und leiten sie. Welche Fraktion welchem Ausschuss vorsitzt, wird im Ältestenrat ausgehandelt. Kommt es – wie nach der Wahl im September – zu keiner Einigung, wird aus der Stärke der Fraktionen eine Zugriffsreihenfolge berechnet. Nach dieser Rangfolge dürfen sich die Fraktionen im Wechsel ihre Ausschüsse aussuchen.

An die AfD waren so der Innen- und der Gesundheitsausschuss sowie der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gefallen. Üblicherweise benennen die Fraktionen für ihre jeweiligen Ausschüsse dann auch einfach den oder die Vorsitzende – nur bei Widerspruch wird gewählt. Das war der Fall bei den Ausschüssen, in denen die AfD den Vorsitz übernehmen sollte. Bei den Wahlen hatten die Abgeordneten der anderen Parteien am 15. Dezember jedoch in allen drei Ausschüssen die AfD-Kandidaten durchfallen lassen. Ein zweiter Anlauf am 12. Januar endete mit demselben Ergebnis. Die AfD spricht von einem Bruch jahrzehntelanger Gepflogenheiten.

Brandner wurde wegen seiner Äußerungen abgewählt

Schon in der vorangegangen Wahlperiode hatte es Streit gegeben. Damals hatte der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner zwar zunächst in geheimer Wahl die notwendige Mehrheit erhalten, um den Vorsitz im Rechtsausschuss zu übernehmen.

Im November 2019 wurde er aber wieder abberufen - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestags. Grund dafür waren mehrere Eklats, die Brandner ausgelöst hatte.

Auch hierzu läuft noch ein Verfahren in Karlsruhe. Einen Eilantrag der Fraktion auf Wiedereinsetzung Brandners hatten die Richter im Mai 2020 abgelehnt - unter anderem mit der Begründung, dass die AfD ihre Beeinträchtigung durch die Benennung eines anderen Kandidaten selbst verringern könne. Sie hatten damals aber auch auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen verwiesen. Eine effektive Opposition dürfe nicht auf das Wohlwollen der Mehrheit angewiesen sein.

Quelle: dpa, Reuters (asü)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. Juni 2022 | 10:00 Uhr

8 Kommentare

Eulenspiegel am 23.06.2022

Hallo hansfriederleistner
Wieso verhalten sich die anderen Parteien nicht Demokratisch?
Jeder Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verantwortlich.
Und das gilt bei den anderen Parteien.
Schauen sie nur mal auf dem letzten Parteitag der AfD. Undemokratisches Verhalten ohne Ende.

hansfriederleistner am 23.06.2022

Ein Ausschuß besteht ja nicht nur aus dem Vorsitzenden. Warum haben da die anderen Parteien Angst sich demokratisch zu verhalten? Nach ihrem letzten Parteitag zersetzt sich die AfD doch selbst. Sie ist bald Vergangenheit.

Agnostiker am 23.06.2022

Eigentlich ist es doch egal, was das Gericht sagt. Die Gerichte sind doch in den Augen der Blau-braunen eh nicht unabhängig. Ach ne, dass trifft ja nur zu, wenn gegen die AfD entschieden wird. Diesmal könnte ja zugunsten der AfD entschieden werden. Da sieht die Sache natürlich anders aus.

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