Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz beten bei einem Gottesdiens
Die Deutsche Bischofskonferenz hat am Donnerstag erklärt, die AfD vertrete mehrheitlich eine völkisch-nationalistische Gesinnung und sei deshalb für Christinnen und Christen nicht wählbar. Bildrechte: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Deutsche Bischofskonferenz Katholische Kirche und AfD streiten über "Wählbarkeit" der rechten Partei

25. Februar 2024, 11:36 Uhr

Die Deutsche Bischofskonferenz hat ein Machtwort gesprochen: Die AfD vertrete mehrheitlich eine völkisch-nationalistische Gesinnung und sei deshalb für Christinnen und Christen nicht wählbar. Während Kirchenwissenschaftler Holger Zaborowski es für möglich hält, dass die Erklärung manche tatsächlich davon abhalten könnte, die AfD zu wählen, geht Kirchenrechtler Thomas Schüller eher vom Gegenteil aus. Vertreter der AfD reagieren mit Kritik und Enttäuschung.

Raja Kraus, Autorin, Reporterin
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

  • Vertreter der AfD zeigen sich enttäuscht und üben Kritik an der Erklärung der Bischöfe.
  • Magdeburgs Bischof Feige empfiehlt der AfD, sich intensiver mit christlichen Werten zu befassen.
  • Kirchenwissenschaftler Holger Zaborowski begrüßt die Erklärung und hält es für möglich, dass manche Menschen deshalb tatsächlich nicht die AfD wählen werden.
  • Kirchenrechtler Thomas Schüller hätte es besser gefunden, in der Erklärung alle Gruppierungen zu benennen, die völkisches Gedankengut vertreten.

"Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" – so lautet die Überschrift der Erklärung, die die deutschen Bischöfe einstimmig verabschiedet haben. Darin legen sie dar, dass die AfD für Christinnen und Christen nicht wählbar sei.

Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, sagt: "Das ist ein sehr mutiger Beschluss, weil es ja innerhalb der deutschen Bischöfe durchaus verschiedene Stimmlagen zu diesem Thema gab. […] Nun macht die Bischofskonferenz […] einen klaren Cut und distanziert sich, weil sie sagt: Der Punkt ist überschritten, weil diese Partei eine Gefahr für Deutschland darstellt, weil sie ein völkisches Gedankengut hat."

AfD-Politikerin kritisiert Erklärung der Bischöfe als "übergriffig"

In der AfD stößt der Beschluss naturgemäß auf Kritik. Der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag, Jörg Kühne, ist als evangelischer Christ regelrecht traurig und betroffen darüber, "dass eine Kirche, dass ein Würdenträger – aus meiner Sicht nur, um von aktuellen Problemen abzulenken – sich dem bedient und anderen Menschen mit einer anderen Meinung, Antisemitismus und Rassismus unterstellt."

Corinna Herold, Sprecherin für Religion in der thüringischen AfD-Fraktion, findet, dass sich die Bischöfe mit der Erklärung zu weit aus dem Fenster lehnen: "Ich finde das in Hinblick auf die ursprüngliche Aufgabe der Kirchen und Religionsgemeinschaften ein wenig überdehnt in der Zuständigkeit. Um nicht zu sagen, etwas übergriffig in die weltlichen Angelegenheiten der Gläubigen. Das sollten die Kirchenführer bitte trennen. Zwischen Politik bzw. dem politischen Leben auf der einen und dem geistigen Leben auf der anderen Seite."

Bischof Feige: AfD sollte sich intensiver mit christlichen Werten befassen

Gerhard Feige, katholischer Bischof, nimmt an der Kundgebung gegen rechts auf dem Domplatz teil und spricht zu den Menschen.
Gerhard Feige, katholischer Bischof in Magdeburg Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Peter Gercke

Der katholische Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige, wies den Vorwurf anderer AfD-Vertreter, "Polit-Hetze" zu betreiben, zurück. Feige sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Samstag: "Uns von Menschen, die schon seit Jahren gegen andere hetzen, 'Polit-Hetze' vorhalten zu lassen, finde ich einfach kurios. Wenn die AfD meint, uns belehren zu müssen, was 'wahrhaft christlich' ist, sollte sie sich vorher etwas intensiver mit dem Christentum und seinen Werten befassen."

Es gehe den katholischen Bischöfen zwar auch um die kommenden Wahlen. Wichtig sei dabei aber nicht die Entscheidung für oder gegen eine Partei, "sondern die grundsätzliche Entscheidung, ob wir weiterhin in einer freiheitlichen Demokratie leben wollen oder tatenlos zusehen, wie diese immer mehr demontiert und untergraben wird."

Kirchenwissenschaftler: Keine Politisierung des Glaubens

Holger Zaborowski ist Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Erfurt und begrüßt die Erklärung der Bischöfe: "Die Bischöfe politisieren nicht den Glauben. Sondern aus dem Glauben heraus sagen sie, dass es eine Grenze gibt, die man als gläubiger Mensch nicht überschreiten darf."

Mit Getreidebündeln und vielen andere Sachen zum Dekorieren hat die rührige Kirchgemeinde die Dorfkirche (1690) hübsch für den Erntedank-Gottesdienst am Sonntag geschmückt. Highlight beim Gottedienst war der Auftritt des Männergesangsvereins Schauen, die das „Schauen-Lied“ zum Besten gaben. 4 min
Mit Getreidebündeln und vielen andere Sachen zum Dekorieren hat die rührige Kirchgemeinde die Dorfkirche (1690) hübsch für den Erntedank-Gottesdienst am Sonntag geschmückt. Highlight beim Gottesdienst war der Auftritt des Männergesangsvereins Schauen, die das „Schauen-Lied“ zum Besten gaben. Bildrechte: Bildrechte: MD /Tino Wiemeier

Außerdem weise die Deutsche Bischofskonferenz auch darauf hin, dass das nicht nur für gläubige Menschen gelte, sondern eigentlich für alle Menschen, die die Grundlagen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ernst nähmen. Zaborowski hält es für möglich, dass der Beschluss manche Menschen vom AfD-Wählen abhalten könnte.

Kirchenrechtler: Wahlempfehlungen haben Kirche nie gut getan

Kirchenrechtler Thomas Schüller fürchtet das Gegenteil. Der katholischen Kirche habe es in der Vergangenheit eigentlich nie gut getan, wenn sie Wahlempfehlungen gegeben hat: "Allerdings war die Situation nie so dramatisch wie im Moment, dass wir so eine Partei haben, die ja auch laut Verfassungsschutz immer mehr verfassungsfeindlich agiert."

Es sei deshalb immer eine Gratwanderung: "Wen verprellt man mehr und wie viel gibt man wieder an Rückenwind an eine Partei, die sich dadurch noch mehr in die Opferrolle begeben kann?" Schüller hätte es besser gefunden, wenn man in der Erklärung nicht nur die AfD explizit benannt hätte, sondern alle Parteien und Gruppierungen, die völkisches Gedankengut vertreten.

In Sachsen und Thüringen, wo in diesem Jahr die Landtage neu gewählt werden, glauben die kirchenpolitischen Sprecher der AfD nicht, dass sie nun potenzielle Wählerinnen und Wähler verlieren. Eher würde die Kirche Mitglieder einbüßen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Radio | 25. Februar 2024 | 07:08 Uhr

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