Engpass bei Medikamenten Bundesländer lockern Regelungen nicht zugelassener Antibiotika

04. Mai 2023, 05:00 Uhr

Vergangene Woche hatte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte vor Lieferengpässen bei Medikamenten für Kinder gewarnt. Das Bundesgesundheitsministerium stellte einen Lieferengpass bei Antibiotika fest. Um den Engpass zu beseitigen, wollen nun etliche Bundesländer die Einfuhrbestimmungen lockern.

Seit Monaten gibt es Versorgungsengpässe bei Medikamenten. Jetzt wollen die Bundesländer mit Maßnahmen versuchen, aus der Notlage herauszukommen. Immer mehr Länder lockern inzwischen die Regeln für Kinder-Antibiotika-Säfte, damit die Versorgung nicht gefährdet wird. Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern kündigten am Mittwoch an, die Einfuhr nicht zugelassener Antibiotika-Säfte aus dem Ausland zu erlauben.

Auch Sachsen-Anhalt will die Regeln für Antibiotika-Säfte bei Kindern lockern. Die Gesundheitsministerin von Sachsen-Anhalt, Petra Grimm-Benne, habe am Mittwoch eine entsprechende Allgemeinverfügung auf den Weg gebracht, sagte eine Sprecherin. Zudem hat Sachsen die Einfuhr und Abgabe von eigentlich nicht zugelassenen Arzneimitteln aus dem Ausland am Mittwoch erlaubt. Bremen, Bayern und Nordrhein-Westfalen Länder hatten das bereits angekündigt.

Möglich ist das, weil das Gesundheitsministerium in der vergangenen Woche offiziell einen Versorgungsmangel bei Antibiotika-Säften für Kinder festgestellt hatte. Damit dürfen bestimmte Regeln des strengen Arzneimittelgesetzes befristet umgangen werden. So könnten beispielsweise Medikamente ausgegeben werden, die keine deutschsprachige Verpackung haben oder Arzneimittel mit einer älteren Version der Packungsbeilage, die noch nicht die neuesten Informationen zum Medikament enthält.

Fraglich, ob sich Lage bessert

Ob sich die Lage durch die Notmaßnahmen spürbar entspannt, ist aber fraglich. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann dämpfte die Erwartungen. "Wir haben es bei Antibiotika mit einem weltweiten Mangel zu tun", sagte er. Das betreffe auch die Grundsubstanzen, aus denen Apotheker Säfte herstellen könnten. Im Sozialministerium in Sachsen ging man dagegen davon aus, dass die Medikamente "in wenigen Wochen" verfügbar sein werden.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Sachsen-Anhalt sind jedoch keine antibiotikahaltigen Säfte für Kinder innerhalb oder außerhalb der EU bekannt, die auf den deutschen Markt importiert werden könnten.

Apothekerverbands-Chef: Es braucht eine nationale Reserve

Neben dem Import könnte den Apotheken auch die Herstellung weiterer Arzneimittel erlaubt werden. Auch die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening, kritisierte die Politik, nicht früher gehandelt zu haben.

"Die Apothekenteams müssen für die Politik nun also erneut den Karren aus dem Dreck ziehen und auf Basis der Behördenentscheidungen alternative Arzneimittel aus dem Ausland beschaffen, um die Patientinnen und Patienten schnell versorgen zu können", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, forderte in der "Rheinischen Post" den Aufbau einer "nationalen Antibiotika-Reserve".

Weitgehend Einigkeit besteht darin, die Arzneimittelproduktion wieder verstärkt nach Europa zu holen. "Wir sind abhängig von China", sagte der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Das Thema Medikamente im eigenen Land sei systemrelevant.

Höhere Kassenbeiträge?

Wenn die Produktion aus Ländern wie China und Indien zurück nach Europa geholt werden solle, müsse dafür aber auch mehr Geld in die Hand genommen werden, sagte Laumann. Das werde höhere Krankenkassenbeiträge nach sich ziehen. Auch die Apotheken sind dafür, wieder mehr in Europa zu produzieren, "um allzu komplexe und damit leicht anfällige Lieferketten aus Fernost zumindest bei wichtigen Arzneimitteln zu vermeiden", wie ABDA-Präsidentin Overwiening sagte.

Kurzfristig bräuchten die Apotheken einen größtmöglichen Entscheidungsspielraum, um vorrätige gegen nicht-lieferbare Medikamente auszutauschen, ohne zusätzlichen bürokratischen Dokumentationsaufwand oder nachträgliche Rechnungskürzungen der Krankenkassen. "Im Gegenteil: Für den hohen Arbeits- und Zeitaufwand von mindestens sechs Stunden pro Woche brauchen die Apotheken einen Engpass-Ausgleich von 21 Euro pro nicht-lieferbarem Präparat."

MDR,dpa (kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 03. Mai 2023 | 16:00 Uhr

8 Kommentare

pepe79 am 05.05.2023

Diese Geiz ist Geil Argumentation ist immer nur lahm, kanns nicht mehr hören. Die Produkte sind bei uns gern Hausgemacht zu teuer und zwar zum Teil wegen überzogener Bürokratie aber auch zu hohen Lohnnebenkosten. Letzteres Resiltiert auch aus dem puren Verwalten der Sozialkassen...ich sag nur Steigerung der Pflegeversicherungskosten, anstatt was zu reformieren. Das es anders geht zeigen die BG Kliniken,. Die BGs haben gelernt das eibe oprinale Erstversoegubg die Arbeitskraft besser erhält und weniger Berufsunfähigkeitsrente nötig wird was bei dieser Versorgungsgruppe slles ausceunem Topf kommt (Klinikkosten und BU Rente) bei der Trennung von Krankenversicherung und Rentenkasse ist es getrennt, jeder guckt nur auf seins und eine optimale Patientenversorgung am Anfang geschieht oft nicht.physiotherapie in der Klinik bezieht sich in der Regel z.B.nur spezifisch auf die Einweisungsdiagnose und nicht präventiv auf das Rumliegen während der Krankheitsphase.

pepe79 am 05.05.2023

Lieber MDR,

bei Ihnen wie auch in allen anderen Medien heist es immer die Antibiotikasäfte seien nocht zugelassen. Formal stimmt das, nur fördert diese Formulierung auch wieder die Dummengänger verschiedener Parteien die vorgeben klnnen das fürs eigene Volk wieder nur der "schlechte, billig Mist aus dem Ausland da ist". Die Wirkstoffe sind natürlich zugelassen bei uns, nur die Verpackung und Beipackzettel ist einfach nur auf Französisch, Spanisch, polnisch, Schwedisch usw., ggf die Dosis geringfügig anders. Medizinisch ist das überhaupt kein Problem, die Apotheker und Ärzte müssen halt etwas besser über die Nebenwirkungen aufklären (da man selber halt der Fremssprache nicht mächtig ist) die meist aber auch kein Problem sind.

ElBuffo am 05.05.2023

Das stimmt schon, dass die Warner vor der zu großen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen wahlweise als hilflose oder gefährliche Irre dargestellt wurden. Es konnte sich wohl auch keiner vorstellen, dass die neuen Leitungen so schnell verschleißen und in immer kürzeren Abständen immer länger gewartet werden mussten.
Nun ist es so und wir müssen akzeptieren, dass das vom großen Wladimir genau so geplant war. Es wird sich zeigen, ob sich seine neuen Abbehmer in ähnliche Abhängigkeiten begeben, überhaupt erstmal ohne großzügige Preisabschläge dauerhaft kaufen, oder ob die das verfolgt und ihre Schlüsse draus ziehen. Auch in China oder Indien gibt es immer mehr Tage, wo die Luft zum schneiden ist und die Regierung mit Fahrverboten und Abschaltung von Kraftwerken und Fabriken dagegenhält.

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