Nach Gerichtsentscheidung Sorge um Finanzierung der geplanten Chipfabriken von Intel und TSMC

16. November 2023, 08:30 Uhr

Ist die geplante Intel-Chipfabrik in Magdeburg durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Gefahr? Das Gericht urteilte, dass das Corona-Sondervermögen nicht in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen darf, aus dem aber die Förderung der Fabriken kommen soll. Sachsen-Anhalts Regierung erwartet, dass der Bund seine Zusagen einhält. Auch Sachsen setzt für die TSMC-Chipfabrik in Dresden darauf.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch darf das Corona-Sondervermögen nicht für andere Projekte verwendet werden. Für die Ansiedlung der Intel-Fabrik in Magdeburg und der TSMC-Chipfabrik in Dresden könnte das zum Problem werden. Denn die dafür vorgesehenen Subventionen (zehn Milliarden Euro für Intel und fünf Milliarden Euro für TSMC) sollten aus dem sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) bezahlt werden. 60 Milliarden Euro dieses Fonds stammen aus nicht abgerufenen Corona-Hilfsgeldern. Sie machen den Großteil der verfügbaren Gelder aus.

Microchip der Firma TSCM auf einer Leiterplatte
Der weltgrößte Chipfabrikant TSMC will nach Dresden kommen und in der Elbestadt eine Fabrik bauen. Allerdings müssen dafür Subventionen fließen. Bildrechte: IMAGO/NurPhoto

Demonstrative Gelassenheit in Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalts Regierung reagiert augenscheinlich gelassen auf die Gerichtsentscheidung: Sie setzt auf bereits getätigte Zusagen des Bundes zu den Milliardenhilfen für die Intel-Ansiedlung in Magdeburg. "Die Landesregierung geht davon aus, dass die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und Intel natürlich weiterhin Gültigkeit besitzen", betonte ein Regierungssprecher.

Deutlich pessimistischer reagierte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Silicon Saxony, Frank Bösenberg. Er schrieb als Reaktion auf das Urteil auf der Plattform X, ehemals Twitter: "…Damit sind Intel + TSMC wieder nicht finanziert."

Dulig: Gehen davon aus, dass Fabrik trotzdem kommt

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) teilte auf Anfrage von MDR SACHSEN mit: "Auch wir haben die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis genommen. Die Bewertung der haushalterischen Auswirkungen dieser Entscheidung ist Sache des Bundes. Wir gehen davon aus, dass die geplante Ansiedlung von TSMC in Dresden wie geplant vollzogen wird." Ähnliche Töne kamen auch aus der Staatskanzlei.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sparte nach dem Gerichtsurteil nicht an allgemeiner Kritik: "Es stellt Deutschland vor große Herausforderungen, weil diese Bundesregierung sehr unbedarft an die Arbeit gegangen ist und viele grundlegende ökonomische Gesetzmäßigkeiten, Notwendigkeiten außer Acht gelassen hat". An einer Lösung für die 60 Milliarden Euro hingen wichtige Aufgaben, die die Zukunft der kommenden Generation bestimmen würden.

TSMC will Chips für Autoindustrie in Dresden bauen

Im August hatte der taiwanische Weltmarktführer TSMC angekündigt, ein Halbleiterwerk in Dresden errichten zu wollen. Die Bundesregierung hatte angekündigt, den Bau mit bis zu fünf Milliarden Euro unterstützen zu wollen. Das entspricht etwa der Hälfte der geplanten Investitionssumme. Das Werk soll gemeinsam mit Bosch, Infineon und NXP gebaut werden – der Fokus liegt auf Chips für die Autoindustrie.

Intel will in Magdeburg vom Jahr 2027 an Chips der neuesten Generation produzieren. In einer ersten Ausbaustufe sollen zwei Halbleiterwerke gebaut werden, mehrere tausend Arbeitsplätze könnten entstehen. Außerdem ist ein High-Tech-Park für die Ansiedlung von Zulieferern geplant. Nach eigenen Angaben investiert Intel mehr als 20 Milliarden Euro in das Projekt. Dazu kommen staatliche Subventionen von knapp zehn Milliarden Euro.

Bundesregierung kündigt Tempo an

Die Bundesregierung erklärte, sie lege die Vorhaben vorübergehend auf Eis, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, das gelte für Verpflichtungsermächtigungen für 2024 und die Folgejahre – mit Ausnahme von Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der Erneuerbaren Energien im Gebäudebereich.

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß es im Hinblick auf das gefallene Urteil knapp: "Was die Neuaufstellung des Wirtschaftsplans des KTF anbetrifft, so wird diese jetzt zügig und in aller Gründlichkeit gemeinsam in der Regierung erfolgen."

MDR (sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 15. November 2023 | 15:00 Uhr

47 Kommentare

Denkschnecke vor 23 Wochen

Also, den Unterschied zwischen einem Verstoß gegen einen Paragraphen im Grundgesetz (§109) und systematischen Aktivitäten einer Partei, Teile des Grundgesetzes an sich abzuschaffen (zumal die fundamentalen Grundrechte §1-19) müsste auch Ihnen verständlich sein. Nur letzteres ist verfassungs>feindlich<, und nur für dessen Verfolgung ist der Verfassungsschutz da.
Übrigens ist die aktuelle beileibe nicht die einzige Bundesregierung, der das BVerfG einen Verstoß gegen eine (finanzbezogene) Grundgesetzregelung bescheinigt hat: so die CDU/FDP-Regierung mit der Kernbrennstoffsteuer 2011 oder die CDU/SPD-Regierung mit der Obergrenze der Parteienfinanzierung 2018.

Denkschnecke vor 23 Wochen

Sind Sie sicher, dass " Subventionen IMMER die Belohnung dafür sind, ein Produkt, daß sich sonst NIE am Markt durchsetzen würde, zu etablieren"?
Dann sollte die EU sofort die Agrarsubventionen auf Null setzen. Wenn die Agrarbetriebe dann 40% ihrer Einkünfte verlieren, gibt es zumindest in Sachsen-Anhalt sofort gar keine Landwirtschaft mehr. Und Sie werden sich wundern, was Ihre Kartoffeln dann kosten - ein Produkt, von dem man sagen kann, dass es sich am Markt durchgesetzt hat...

Anita L. vor 23 Wochen

Das könnte unter Umständen daran liegen, dass eine Investitionssumme "im einstelligen Milliardenbereich" eine andere Hausnummer sind als 10 (TSMD) oder 20 (Intel)? Das investieren TSMC und Intel mit Subventionen.
Außerdem würde ich mal auf die offizielle Pressekonferenz des Unternehmens warten.

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