"Entschlossener Kampf" Faeser legt Strategie gegen organisierte Kriminalität vor

16. November 2022, 20:38 Uhr

Bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamts sagte Bundesinnenministerin Faeser organisierter Kriminalität den Kampf an. Ein großer Punkt im strategischen Papier: Clankriminalität.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat zu einem entschlossenen Kampf gegen die organisierte Kriminalität in Deutschland aufgerufen. Diesen habe man viel zu lange "nicht ernst genug genommen", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden. Organisierte Kriminalität (OK) sei eine Bedrohung für Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und für die Demokratie.

Der Blick auf die OK sei hierzulande eher von Film und Fernsehen oder Klischees geprägt. Dies werde aber der Wirklichkeit nicht gerecht, verharmlose die Verbrechen und verhöhne die Opfer, sagte Faeser, die eine neue Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vorstellte.

Milliardenschaden durch organisierte Kriminalität

Der finanzielle Schaden durch OK in Deutschland werde für 2021 mit 2,2 Milliarden Euro beziffert, der erwirtschaftete Ertrag mit 1,4 Milliarden Euro. Eine Bedrohung für das Gemeinwesen sei organisierte Kriminalität auch wegen ihrer hohen Gewaltbereitschaft, betonte Faeser.

Zum Thema Clankriminalität erklärte Faeser: "Es ist absolut inakzeptabel, dass kriminelle Angehörige von Clans in ihren Familienstrukturen abgeschottet und nach ihrem eigenen Wertesystem außerhalb unseres Rechtsstaates leben."

Man dürfe nicht zulassen, dass sie den Rechtsstaat und die Gesetze verachteten, Unmengen an Straftaten begingen, Gewalt anwendeten und Menschen in Angst und Schrecken versetzten. Dagegen sei mit allen Mitteln des Rechtsstaates vorzugehen. "Denn in einem Rechtsstaat steht niemand über dem Gesetz. Und das müssen diese Mitglieder der Clans lernen – wenn es sein muss auf die harte Tour", wurde Faeser deutlich.

"Allianz gegen Clankriminalität" und Ausbau des BKA

Wie diese "harte Tour" aussehen soll, blieb allerdings vage. Faeser will das BKA ein bundesweites Lagebild Clankriminalität erheben lassen, die Kräfte von Bund und Ländern bündeln sowie eine "Allianz gegen Clankriminalität" schmieden. Mit einer Bargeld-Obergrenze von 10.000 Euro sollen Großkriminelle Luxusautos, Immobilien und anderes nicht mehr mit Einnahmen aus illegalen Geschäften in bar bezahlen dürfen und Geldwäsche verhindert werden.

Zu Faesers Konzept gehört auch, die Auswerte-, Analyse- und Ermittlungskapazitäten des Bundeskriminalamts auszubauen sowie eine gemeinsame Bund-Länder-Plattform zur OK-Bekämpfung zu schaffen. Die Transport- und Vertriebswege von OK-Gruppierungen müssten identifiziert und zerschlagen werden. Spezialisierte Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften müssten ausgebaut werden. Die Sicherheitsbehörden seien personell und finanziell deutlich zu verstärken, der Strafrahmen für Geldwäsche sei zu erhöhen.

Da organisierte Kriminalität über Staatsgrenzen hinweg operiere, sei die internationale Zusammenarbeit zu stärken. Es müssten zielgerichtet Allianzen gebildet und den kriminellen Strukturen entgegengestellt werden, heißt es in dem Strategiepapier.

Kritik von CDU und Grüne

Von der CDU kam umgehend Kritik. Es stehe zu befürchten, dass die Maßnahmen "nicht über das Stadium der bloßen Ankündigung hinauskommen", sagte Hessens Innenminister Peter Beuth. Auch ihren grünen Koalitionspartner konnte Faeser nicht überzeugen. "Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen bleiben zu sehr im Ungefähren oder sind fehlplatziert", erklärte der Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestags, Marcel Emmerich.

Sowohl Faeser als auch der BKA-Präsident Holger Münch wiesen darauf hin, dass die Zahl der Ermittlungen zu organisierter Kriminalität in Deutschland im vergangenen Jahr mit rund 700 einen neuen Höchststand erreicht hat. Neben Rauschgift-und Waffengeschäften zeugten Menschenhandel, Geldwäsche, Wirtschafts-, Schleusungs- und Clankriminalität von skrupellosem Streben der Täter nach Gewinn und Macht.

dpa,epd(amu)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. November 2022 | 16:30 Uhr

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