Zwei Männer in einem Cabrio
Ein Fahranfänger bei einer praktischen Fahrstunde. Für Menschen auf dem Land ist der Führerschein daher für die Mobilität wichtig, sagt Götz Ulrich, Landrat im Burgenlandkreis. Bildrechte: IMAGO/Funke Foto Services

Mobilität Führerschein-Zuschuss statt Deutschlandticket? Verhaltene Reaktionen auf Idee für Azubis

02. Dezember 2024, 15:46 Uhr

Handwerkspräsident Jörg Dittrich forderte vor kurzem einen Zuschuss zum Führerschein für Azubis auf dem Land – anstelle des Deutschlandtickets. Ein Verkehrsforscher lehnt die Idee ab und auch in der Politik fallen die Reaktionen verhalten aus.

Britta Veltzke
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Handwerker brauchen ein Auto. Da sind sich Patrick Puhlmann, Landrat des Landkreises Stendal und Handwerkspräsident Jörg Dittrich einig. Einen Zuschuss für den Führerschein zu fordern, hält Puhlmann daher für "nachvollziehbar".

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Landrat Stendal: Azubis nutzen das Deutschlandticket

Was der Landrat hingegen gar nicht versteht, ist der Zusammenhang mit dem Deutschlandticket. "Das Deutschlandticket ist auch im ländlichen Raum eine wichtige Stütze und wird sehr gut angenommen", sagt Puhlmann. Das habe er gemerkt, als der Landkreis Stendal im vergangenen Jahr kurzzeitig aus dem Deutschlandticket ausgestiegen war.

Damals habe es einen sehr großen Aufschrei gegeben, mit dem keiner gerechnet habe, erinnert sich Puhlmann. "Und eine Gruppe – und da widerspreche ich dem Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks ganz ausdrücklich – die das Deutschlandticket nutzt, sind die Auszubildenden." Je nach Berufsgruppe müssten diese auch weite Strecken zurücklegen, wofür sie Züge, Busse, Bahnen nutzten. Außerdem sei der öffentliche Personennahverkehr auf dem Land besser als sein Ruf.

Landrat des Burgenlandkreises befürwortet Führerschein-Zuschuss

Götz Ulrich, Landrat im Burgenlandkreis, schränkt ein: "Je weiter Sie in den ländlichen Raum kommen, desto ausgedünnter wird der Verkehr und desto geringer wird die Chance, den nächsten Bahnhof zu erreichen." Und weil das so ist, gebe es die oft beschworene "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" in Stadt und Land eben nicht. Gerade für junge Menschen. "Die Grundidee, für diejenigen im ländlichen Raum was zu tun, damit sie mobil sind und einen Führerschein überhaupt machen können, ist richtig", sagt Ulrich daher.

Doch wer soll das bezahlen? Mittel, die ins Deutschlandticket fließen abzuknapsen, funktioniere jedenfalls nicht. Das sei eh schon unterfinanziert. "Wenn wir da noch Geld wegnehmen, wird die Lücke noch größer. Nein, diese Mittel müssten dann anderweitig aufgebracht werden", sagt Ulrich. Grundsätzlich hält der Landrat es aber für eine staatliche Aufgabe, gleiche Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe in Stadt und Land herzustellen.

Autoverkehr stärker subventioniert als Personenverkehr

Aus Sicht von Andreas Knie, Verkehrsforscher vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin, sind und bleiben die Lebensverhältnisse immer ein Stückweit anders. Er findet, die Handwerksbetriebe selbst sollten für den Führerschein zahlen. Viele Handwerksbetriebe würden diesen richtigen Weg schon gehen. So könne man Arbeitskräfte an sich binden, argumentiert Knie.

In solchen Diskussionen werde oft vergessen, dass das Auto viel stärker subventioniert werde als der öffentliche Personennahverkehr, ergänzt Knie. Gerade das Handwerk profitiere davon, dass jedes Jahr sieben Milliarden Euro in die Dieselsubventionierung gesteckt würden. "Und noch erhebliche Mengen natürlich in die Entfernungspauschale und auch in das Thema geringere Dienstwagen-Besteuerung, von der auch die Handwerksbetriebe sehr stark profitieren", erinnert Knie.

Worüber man zurecht nachdenken könne, sei, steuerliche Gleichheit herzustellen und einen Zuschuss zum Führerschein – wie das Deutschlandticket auch – nicht als geldwerten Vorteil zu betrachten, der versteuert werden muss.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 02. Dezember 2024 | 06:08 Uhr

43 Kommentare

MDR-Team vor 5 Wochen

Hallo NochJemand,
eine genaue Abgrenzung des Begriffs Subvention fällt schwer. Im Allgemeinen versteht man darunter finanzielle staatliche Zuschüsse, die nicht an eine direkte Gegenleistung gebunden sind und wirtschaftspolitische Eingriffe in das Marktgeschehen darstellen, mit denen ein bestimmtes Verhalten der Marktteilnehmer gefördert werden soll. Eine geringere Besteuerung des Diesels im Vergleich zum Normalbenzin stellt eine derartige Subvention dar.
Mehr dazu: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/klimaschaedliche-subventionen-100.html

NochJemand vor 5 Wochen

Ein ideologisch vorbelasteter Verkehrsforscher sieht natürlich das Auto als Teufelswerk und will die jungen Leute lieber in den ÖPNV treiben. Der natürlich nicht immer so toll funktioniert, dass das praktikabel oder gar attraktiv wäre.
Entlarvend ist der falsche Ausdruck "Dieselsubvention": Diesel wird NICHT subventioniert, sondern lediglich etwas niedriger besteuert als Benzin. Subvention würde bedeuten, dass der Staat den Treibstoff teilweise bezahlt.

steka vor 5 Wochen

Man sollte das Thema nicht auf den ÖPNV und deutschlandticket reduzieren. Junge Leute sind eh mehr mit dem Fahrrad unterwegs.
Azubis werden aber auch mal fertig und suchen dann eine Arbeit als Facharbeter oder Gesellen. Und da kommt beim Einstellungsgespräch die erste Frage "haste auch nen Führerschein ? ".

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