Frauen in der CDU Merz will Frauenquote einführen – Parteimitglieder sind skeptisch

16. Juni 2022, 05:00 Uhr

Nicht mal ein Viertel der CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten sind Frauen – das kann nur noch von der AfD unterboten werden. In der letzten Legislatur waren es noch weniger: Nicht mal 20 Prozent Frauen gab es bei den Konservativen. Nun möchte Parteichef Friedrich Merz eine Frauenquote einführen, seine Partei reagiert darauf vor allem skeptisch.

Die Porträtfotos auf der Webseite der CDU-Fraktion Sachsen sprechen für sich:  In der Abgeordnetenliste lächeln einem 36 Männer entgegen: Mal betont lässig mit dem Jackett über der Schulter, oft mit Brille und der ein oder anderen grauen Strähne im Haar. Frauen gibt es dagegen neun. In der CDU kommt deshalb immer wieder die Frauenquote auf den Tisch.

CDU-Abgeordneter: Frauenquote "letztes Mittel"

Christiane Schenderlein ist Kreisvorsitzende der CDU Nordsachsen und Bundestagsabgeordnete und meint: "Die Frauenquote kann ein letztes Mittel sein, aber bis dahin gibt es ganz viele andere Aspekte, die wir diskutieren müssen. Das Hauptproblem liegt darin, dass wir zu wenig weibliche Mitglieder haben. Und die Frage ist eben: Wie gewinnen wir diese für unsere Partei, damit wir auch die Möglichkeit haben, Frauen überhaupt in Positionen zu bringen? Dass wir also gezielt auf Frauen zugehen, ich bin immer sehr interessiert auch an jungen Frauen, die sich im ländlichen Raum engagieren."

Lilli Fischer gehört zu diesen jungen Frauen in der CDU und sitzt mit Anfang 20 für die Partei im Erfurter Stadtrat. Sie ist strikt gegen eine Quote. Stattdessen müssten sich die Arbeitsbedingungen in der Partei ändern. "Kinderbetreuung liegt nun mal immer noch in den größten Fällen bei Frauen. Und unsere Sitzungen finden immer noch 17 oder 18 Uhr in Präsenz statt. Das ist meistens die Zeit, wo es ans Abendessen geht, nochmal Hausaufgaben kontrollieren, dann die Kinder ins Bett bringen. Das ist halt für Mütter nicht so möglich."

Wirtschaftsforscherin befürwortet Frauenquote

Der Frauenanteil in der CDU liegt derzeit bei etwa 26 Prozent – weniger gibt es nur in der AfD. Kann das eine Frauenquote ändern? Katharina Wrohlich leitet die Forschungsgruppe Gender Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und nennt die Quote eine "Krücke" – also ein Instrument, das zwar nicht sehr elegant sei, aber helfe, bestimmte Stereotype zu überwinden. "In der Privatwirtschaft ist ja das Phänomen unter dem Stichwort "Thomas-Kreislauf" bekannt geworden, weil es eben mehr Thomasse in den Vorständen der Dax-Konzerne gibt als Frauen. Das liegt eben daran, dass bestimmte Gruppen dazu neigen, immer neue Leute auszuwählen, die denen, die da sind, schon besonders ähnlich sind. Das ist eben auch so ein gewisses stereotypes Denken, dass man denkt: Naja, wenn der genauso ist wie wir, nur halt jünger, dann wird das super klappen."

CDU bleibt skeptisch gegenüber Frauenquote

In der CDU in Mitteldeutschland löst die Quote trotzdem eher Skepsis aus – wie auch bei Elke Simon-Kuch, der frauenpolitischen Sprecherin der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt. "Einfach deshalb, weil es ein Zwang ist und ein Zwang ist nicht das Mittel, um jemanden zu begeistern, mitzumachen. Ich glaube, das müssen wir immer vor Augen haben. Wir müssen eine Sogwirkung erzeugen, dass die Leute auf uns aufmerksam werden. Dass die Frauen auf uns aufmerksam werden und sagen: Mensch, da kann man sich einbringen, da wird meine Kompetenz eingebunden und dann läuft das auch."

In Berlin hat sich CDU-Chef Merz mittlerweile auf einen Kompromiss geeinigt. Er will auf dem Bundesparteitag im September für eine schrittweise Frauenquote bis 2025 werben. Sie soll aber auf fünf Jahre befristet sein.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Juni 2022 | 06:14 Uhr

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