Minister für Inneres und Sport Boris Pistorius.
Niedersachsens Innenminister soll neuer Bundesverteidigungsminister werden. Bildrechte: IMAGO / localpic

Lambrecht-Nachfolge Niedersachsens Innenminister Pistorius wird neuer Verteidigungsminister

17. Januar 2023, 20:38 Uhr

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius wird neuer Bundesverteidigungsminister. Bundeskanzler Scholz hob die Qualitäten hervor, die Pistorius für sein neues Amt mitbringe. Die Opposition sprach diesem Fachkompetenz ab und sprach von dritter Wahl. Der designierte Verteidigungsminister soll am Donnerstag von Bundespräsident Steinmeier die Ernennungsurkunde erhalten und im Bundestag den Amtseid leisten.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius wird neuer Bundesverteidigungsminister und damit Nachfolger der zurückgetretenen Amtsinhaberin Christine Lambrecht (SPD). Regierungssprecher Steffen Hebestreit teilte am Dienstagvormittag mit, Bundeskanzler Olaf Scholz werde den 62-jährigen SPD-Politiker ins Bundeskabinett berufen. Pistorius werde am Donnerstag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde erhalten und im Deutschen Bundestag seinen Amtseid leisten.

Pistorius: "Gewaltige Aufgaben – Lob von Scholz

Pistorius versprach eine enge Zusammenarbeit mit den Soldaten bei der Reform der Bundeswehr. Er wolle die Bundeswehr "stark machen für die Zeit, die vor uns liegt", sagte er in Hannover. "Die Aufgaben, die vor der Truppe liegen, sind gewaltig." Die Bundeswehr müsse sich "auf eine neue Situation einstellen, die mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine entstanden ist", sagte Pistorius.

Scholz erklärte, er freue sich, mit Pistorius einen herausragenden Politiker für das Amt des Verteidigungsministers gewonnen zu haben. Zugleich hob er die Qualitäten des Lambrecht-Nachfolgers hervor. "Pistorius ist ein äußerst erfahrener Politiker, der verwaltungserprobt ist, sich seit Jahren mit Sicherheitspolitik beschäftigt und mit seiner Kompetenz, seiner Durchsetzungsfähigkeit und seinem großen Herz genau die richtige Person ist, um die Bundeswehr durch diese Zeitenwende zu führen."

Erfahrener Polit-Manager und Fachpolitiker

Pistorius gilt als erfahrener Polit-Manager und kenntnisreicher Fachpolitiker. Auch wenn er stets in Niedersachsen blieb, war er auch an der innenpolitischen Positionierung der Bundes-SPD in Wahlkämpfen und an Koalitionsverhandlungen beteiligt. Dem 62-Jährigen wurden immer wieder Ambitionen für ein politisches Amt auf Bundesebene nachgesagt.

Pistorius absolvierte eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann, leistete zwischen 1980 und 1981 Wehrdienst und studierte anschließend Rechtswissenschaften. Zwischen 2006 und 2013 war er Oberbürgermeister in Osnabrück, seit 2013 Innenminister in Niedersachsen.

Strack-Zimmermann hält Pistorius für geeignet

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann traut Pistorius das Amt des Verteidigungsministers zu. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses sagte MDR AKTUELL, er habe als Innenminister in Niedersachsen seit 2013 Zugang zum Thema Sicherheit. Zudem sei er ausgebildeter Kaufmann und Volljurist, was beim Umbau der Bundeswehr und des Beschaffungsamtes hilfreich sei.

Sie wies die Kritik der Union zurück, wonach es Pistorius an Sachkompetenz und Erfahrung mangele. Sie sagte, dies sei schon bemerkenswert, da die CDU vor drei Jahren die saarländische Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer in das Amt gebracht habe. Diese habe nur wenig mit Soldatinnen und Soldaten zu tun gehabt. Stattdessen habe sie das Amt nur als Sprungbrett betrachtet, um Kanzlerin zu werden, was dann ziemlich in die Hose gegangen sei.

Strack-Zimmermann betonte, sie wünsche sich von dem neuen Verteidigungsminister, dass er nicht wie Kanzler Scholz erkläre, was nicht gehe, sondern, was gehe. Und dass Pistorius sich auch dafür einsetze. Als Beispiel nannte sie eine Lieferung des Leopard-Panzers an die Ukraine. Er müsse bei aller Loyalität gegenüber dem Kanzler im Kabinett ausschließlich die Interessen der Bundeswehr vertreten.

Opposition kritisiert Personalie Pistorius

Die Union kritisierte die Personalie. Fraktionsvize Johann Wadephul sagte, erneut spielten Sachkompetenz und Erfahrung mit der Bundeswehr keine Rolle. Für den CSU-Verteidigungsexperten Florian Hahn ist Pistorius die "zweite oder dritte Wahl". Beide Unions-Politiker kündigten an, Pistorius nicht die üblichen 100 Tage für die Einarbeitung geben zu wollen.

AfD-Chefin Alice Weidel bezeichnete die Wahl Pistorius' als Akt der Verzweiflung. Ihr Meinung nach hat er ebenso wie seine Vorgänger keine Fachkompetenz.

Kritik an Lambrechts Amtsführung

Lambrechts Rückzug aus dem Verteidigungsministerium waren massive Kritik an ihrer Amtsführung und ein rapider Ansehensverlust in der Öffentlichkeit vorangegangen. Die SPD-Politikerin gab ihre Entscheidung schließlich am Montag in einer kurzen schriftlichen Erklärung bekannt, in der sie das Eingeständnis eigener Fehler vermied. Als Grund für den Rücktritt nannte sie vielmehr die "monatelange mediale Fokussierung" auf ihre Person, die eine sachliche Arbeit kaum mehr zugelassen habe.

AFP(dni(jks)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 17. Januar 2023 | 08:00 Uhr

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