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Gericht: AfD-Jugend gesichert extremistische Bestrebung. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Urteil Verfassungsschutz darf Junge Alternative als extremistisch einstufen

06. Februar 2024, 14:47 Uhr

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als gesichert extremistische Bestrebung einstufen und behandeln. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und damit eine Klage der AfD gegen ein vorheriges Urteil abgelehnt. Zur Begründung führte das Gericht aus, die "Junge Alternative" halte an einem "völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff" fest.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die Junge Alternative, die Jugendorganisation der AfD, als gesichert extremistische Bestrebung einstufen. Einen entsprechenden Beschluss vom 5. Februar hat das Verwaltungsgericht Köln am Dienstag veröffentlicht. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die AfD und ihre Jugendorganisation können Beschwerde am nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht einlegen (Az:  13 L 1124/23).

Bestrebungen gegen die freiheitliche Grundordnung

Der Verfassungsschutz hatte die Junge Alternative (JA) 2019 zunächst als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft, im Jahr 2023 erfolgte dann die Einstufung als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung". Dagegen hatten die AfD und die Nachwuchsorganisation im Juni 2023 Klage eingelegt und sich per Eilantrag gegen die Einstufung gewährt. Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Köln abgelehnt. Während des Verfahrens hatte der Verfassungsschutz die Einstufung vorläufig ausgesetzt.

Demonstranten mit Fahne der AfD auf einer Kundgebung und Demonstration der Jungen Alternative JA, die Jugendorganisation‹ der rechtsextremen Parte
Demonstranten mit Fahne der AfD auf einer Kundgebung und Demonstration der Jungen Alternative JA. Bildrechte: IMAGO / IPON

In der Begründung der Ablehnung des Eilantrags schreibt das Verwaltungsgericht, dass die Beobachtung durch das BfV keine Maßnahme darstelle, "die gegen den Bestand der AfD gerichtet ist". Sie diene "der Aufklärung, ob eine Partei – bzw. im vorliegenden Fall deren Jugendorganisation – verfassungsfeindliche Ziele verfolgt". Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung werde von der Verfassung vorausgesetzt. In der Sache handle es sich bei der JA um eine gesichert extremistische Bestrebung. Die tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen hätten sich seit dem Urteil des Gerichts, in dem es um die Einstufung der JA als Verdachtsfall ging, zur Gewissheit verdichtet.

Die JA vertrete weiterhin "einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff", erläuterten die Richter. Eine zentrale politische Vorstellung der JA sei der "Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand". Dies stelle einen Verstoß gegen die Menschenwürde dar, befand das Kölner Gericht. Hinzu komme bei der JA eine massive ausländer- und insbesondere islam- und muslimfeindliche Agitation. So würden Asylbewerber sowie Migranten pauschal verdächtigt und herabgewürdigt.

Nach Ansicht der Kölner Richter agitiert die JA außerdem auf Bundes-, Landes- und Kreisebene gegen das Demokratieprinzip. Dies komme vornehmlich in der Gleichsetzung der Bundesrepublik mit diktatorischen Regimen, insbesondere mit dem NS-Regime und der DDR, zum Ausdruck. Überdies unterhalte die JA Verbindungen zu als verfassungsfeindlich eingestuften Verbindungen, etwa zur "Identitären Bewegung".

Vereinsverbote in Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums

Anders als bei der AfD handelt es sich bei der Jungen Alternative lediglich um einen Verein. Während über Parteiverbote das Bundesverfassungsgericht entscheiden kann, liegen Vereinsverbote in der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums.

Möglich sind Verbote, wenn die Vereine den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte im vergangenen September die beiden rechtsextremen Vereinigungen Artgemeinschaft und Hammerskins verboten.

Faeser begrüßt Kölner Urteil zu AfD-Nachwuchsorganisation

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht den Rechtsstaat durch das Kölner Gerichtsurteil zur Nachwuchsorganisation der AfD gestärkt. Sie erklärte, die Einstufung bestätige, dass die Instrumente des Rechtsstaats zum Schutz der Demokratie funktionierten. Die Entscheidung benenne deutlich, dass man es mit einer massiven Menschenverachtung, mit Rassismus, mit Hass gegen Muslime und mit Angriffen auf unsere Demokratie zu tun habe, erklärte Faeser in Berlin. Dagegen werde man auch weiter mit den Mitteln des Rechtsstaats vorgehen. Deutschland sei ein Land, das für Demokratie, Vielfalt und Menschenwürde stehe.

Weitere Entscheidungen erwartet

Am 12. und 13. März verhandelt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Münster in Sachen AfD. Gegenstand ist die Einstufung des in der Zwischenzeit aufgelösten sogenannten AfD-Flügels als Verdachtsfall und als gesichert extremistische Bestrebung sowie die Einstufung der Jungen Alternative als Verdachtsfall und die Einstufung der AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Die aktuelle Entscheidung aus Köln zur Jungen Alternative steht dann noch nicht auf der Tagesordnung der Verwaltungsrichter. Nordrhein-Westfalen ist zuständig, weil das Bundesamt seinen Dienstsitz in Köln hat.

epd, dpa (nvm,das)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. Februar 2024 | 12:06 Uhr

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